Mit einem Kulturprogramm wurde am Mittwoch abend die Eröffnung des
»No NATO-Camps« gefeiert. Tod eines Demonstranten in London löst
Betroffenheit aus.
Es ist Mittwoch abend im Anti-NATO-Camp
in Strasbourg: Mit Hunderten anderer Menschen taste ich mich durch
stockfinstere Waldwege. Taschenlampe? Leider vergessen. Den meisten
hier scheint es ähnlich zu gehen. Irgendwie gelangen doch alle heil ans
Ziel, das »Kulturfeld« des Camps.
Bei den Anti-G8-Protestcamps
vor zwei Jahren kam es immer wieder zu Konflikten zwischen denen, die
ihre Ruhe wollten und den Freunden lauter Musik. Deshalb haben die
Organisatoren des Zeltlagers in Strasbourg nach einer Lösung für alle
gesucht. Wer sich am Lagerfeuer wärmen möchte, bleibt im Camp; wer sich
lieber warm tanzen möchte, muß zunächst etwa zehn Minuten durch die
Natur tappern. Das »Kulturfeld« liegt inmitten ländlicher Idylle,
umgeben von hohen Bäumen steht eine Bühne. Daneben sind ein paar
Verkaufsstände aufgebaut. Das »Sink NATO 2009«-Shirt gibt’s für zwölf;
einen dreiviertel Liter Bier für zwei Euro fünfzig. Und natürlich –
immerhin sind wir in Frankreich – wird auch Wein ausgeschenkt.
So
bunt und international wie das Publikum ist auch das Programm auf der
Bühne. Paul der Geigerzähler ruft zum Straßenkampf auf; die Gruppe Hip
Hop from Paris gleich zur Revolution. Die Stimmung ist ausgelassen. Auf
Deutsch, Französisch und Englisch werden Slogans gegen Krieg und
Kapitalismus gerufen. Wer nicht mehr tanzen kann, lümmelt auf einem der
Strohballen oder sucht sich durch die Dunkelheit den Weg zurück zum
Camp. Das junge Welt-Team hält bis kurz nach Mitternacht durch, dann
müssen wir zurück ins Quartier. Nachdem unser Fahrzeug sämtliche
Polizeiposten unbelästigt passieren konnte, sinken wir erschöpft, aber
zufrieden in die Betten.
Im Camp ist die Nacht noch kürzer.
Gegen drei Uhr morgens trifft die Nachricht vom Tod eines Demonstranten
aus London ein. Dort hatten am Tag Tausende während des G-20-Gipfels im Bankenviertel protestiert.
Die Campbewohner werden mit Megaphonen geweckt, ein Plenum wird
einberufen. Doch die genauen Hintergründe dieses tragischen Ereignisses
sind zu diesem Zeitpunkt unklar. Gegen vier Uhr gehen dann auch im Camp
die Lichter aus.