Fetzt überhaupt nicht

Erstveröffentlicht: 
19.08.2017

Der Verfassungsschutz ist sich sicher: Linksextremisten haben das Faetzig Camp bei Görlitz für Attacken in der Stadt genutzt. Die Camper schweigen.

Von Daniela Pfeiffer

 

Lustige Spiele, locker-leichte Musik, bunt gekleidete Menschen, ausgelassene Stimmung. Das mag derjenige mit dem Begriff Faetzig Camp verbinden, der ihn zum ersten Mal hört.

 

So scheint das Treffen, das jedes Jahr im Sommer in Neißeaue stattfindet, im Wesentlichen auch zu sein. Und auch wieder nicht, wie sich diesmal deutlich zeigte. Gab es in den vergangenen Jahren schon Gerede, dass sich bei dem Camp extreme linke Gruppierungen mit klaren politischen Zielen unters Volk mischen, ist das spätestens seit dem 28. Juli klar. Da störten mehrere Gruppen die öffentliche Ruhe und Ordnung in Görlitz – wie die Polizei später bestätigte, waren es Teilnehmer des Camps.

 

Konsequenz der Störungen in Landratsamt, Ausländerbehörde, Jobcenter, Gericht und AfD-Bürgerbüro: mindestens zwei Anzeigen und ein Leichtverletzter – möglicherweise auch zwei. Denn wie Augenzeugen berichten, sei durch eine der Gruppen auch eine ältere Frau umgerempelt worden, die stürzte. Durch Bisswunden leicht verletzt wurde zudem Kreisrat Detlef Lothar Renner vom AfD-Bürgerbüro auf der Berliner Straße, der ebenfalls Besuch von den Faetzig-Leuten hatte. Er berichtet von fünf Leuten, die ins Büro stürmten und zwei, die draußen aufpassten. „Die kamen reingestürmt und nahmen sich Material“, berichtet Renner. Zusammen mit einem AfD-Fördermitglied, das gerade da war, versuchte Renner die Leute herauszudrängen. Draußen kam es zur Rangelei, bei der er eine junge Frau habe festhalten wollen, bis die Polizei kommt. Doch sie biss ihm in den Arm, zudem kamen ihr die anderen zu Hilfe – schließlich flohen alle.

 

Auf ihrer Website bezogen die Faetzig Camp-Organisatoren schnell Stellung – allerdings kaum zu den Vorfällen selbst. Zunächst gab es ein ausführliches positives Fazit zum Camp mit „Raum für politische Inhalte, kulturelle Beiträge und Partys“, „gut besuchten Infoveranstaltungen und Workshops“, „Konzerten an den Abenden“ bis hin zur gelungenen Kinderbespaßung.

 

Zu den Vorfällen am 28. Juli wird nur indirekt Bezug genommen. Man bestätigt den SZ-Bericht zu „verschiedenen Protestaktionen in der Görlitzer Innenstadt“, bewertet diese aber in keinster Weise. Stattdessen folgt ein politisches Statement gegen die AfD und dessen Landtagsabgeordnten Sebastian Wippel, und Bedauern darüber, dass „in allen erschienenen Artikeln auf Wippels Äußerungen vertraut und somit dem rechtspopulistischen Wahlkampf der AfD eine weitere Plattform geschaffen wurde“. Allerdings ließ das Faetzig-Team sämtliche Gelegenheiten ungenutzt, die eigene Seite darzustellen. Trotz mehrfacher SZ-Anfragen beim Pressesprecher gab es keine Stellungnahme zu den Ereignissen selbst. So wurde lediglich auf das im Internet veröffentlichte Fazit verwiesen.

 

Dass die Aktionen nicht spontan, sondern von langer Hand geplant und extremistischer Art sein könnten, gilt als höchstwahrscheinlich. Dem Landesamt für Verfassungsschutz Sachsen ist das Faetzig Camp nicht unbekannt. Pressesprecher Martin Döring bezeichnet die Vorfälle als „mehrere koordinierte Aktionen von Linksextremisten gegen staatliche Einrichtungen, die im Zusammenhang mit dem Faetzig Camp standen“. Die Durchführung des Camps sei auf einer von Linksextremisten genutzten Internetseite angekündigt worden, zudem habe die linksextremistische „Undogmatische Radikale Antifa Dresden“ (URA Dresden) für das Camp geworben. Döring: „Da das Motto ’Campen gegen Knast und Strafe‘ lautete, kann das Camp dem Themenfeld ‚Kampf gegen Repression‘ zugeordnet werden. Das deutet darauf hin, dass Linksextremisten das Camp für ihre politischen Bestrebungen und Aktionen nutzen wollten. Die im Aufruf angekündigten Aktivitäten wurden umgesetzt.“

 

Der Faetzig e. V. ist übrigens ein eingetragener Verein mit Adresse auf der Görlitzer Hospitalstraße. Auch auf der Homepage der Stadt wird er mit aufgeführt. Zu seinen Partnern gehört der Zittauer Emil-Verein. Dessen Vorsitzender – und Pressesprecher der Stadt Zittau – Kai Grebasch sagt: „Wir sind von Anfang an Unterstützer. Die Idee, dass Menschen zusammenkommen, Musik hören, feiern und sich mit politischen Themen auseinandersetzen, fanden und finden wir gut und unterstützenswert.“ Was genau in diesem Jahr passiert ist, habe er nur am Rande mitbekommen, Gespräche mit Vereinsmitgliedern, die dabei waren, stünden noch aus.

 

Von der Kulturinsel Einsiedel, vor deren Haustür das Camp quasi stattfindet, sind gemischte Töne zu hören: „In der Vergangenheit waren die Veranstalter uns gegenüber stets um Rücksichtnahme bemüht, was die Lautstärke der Musik und andere etwaige Belästigungen durch Teilnehmer angeht“, erklärt Elke Williger von der Kulturinsel. Man habe die Veranstaltung auf den Neißewiesen bisher immer als friedliches Fest wahrgenommen. Und das treffe auch auf dieses Jahr zu. „Von den Vorfällen in Görlitz haben wir im Nachhinein aus der Presse erfahren und waren darüber schockiert.“ Von der Agrargenossenschaft Zodel, auf deren Grundstück das Camp stattfindet, gab es bisher keine Stellungnahme.