„Das Einstiegsalter in die rechtsradikale Szene ist auf zwölf bis 13 Jahre gesunken“, sagt Dr. Sabine Fandrych, Stuttgarter Büroleiterin der Friedrich-Ebert-Stiftung. Umso wichtiger sei es, auch die Wölfe im Schafspelz zu enttarnen. Wie mit der Ausstellung, die jetzt Station in der Realschule Glemsaue macht.
„Hier in Ditzingen haben wir keine Probleme mit organisiertem Rechtsextremismus“, sagt Lehrer Jörg Becker. Im Gegenteil, eine kürzlich durchgeführte Umfrage habe ergeben, dass sich die Schüler mit Migrationshintergrund in der Glemsaue weitgehend wohlfühlen. Becker betreut die Arbeitsgruppe „Schüler gegen Rechts“, die sich im vergangenen Schuljahr gebildet hat. Dennoch sei die Ausstellung wichtig. Sie zeige drastisch, wo die alltägliche und wachsende Intoleranz schließlich enden kann: in einem menschenverachtenden, mörderischen System.
Der 17-jährige Tim Schlatterer ist einer von zehn Realschülern, die sich zum Ausstellungsbegleiter haben ausbilden lassen. Informationen vom Schüler für den Schüler auf Augenhöhe. Er findet es „voll krass“, was in den letzten Jahren von dieser Szene alleine in Baden-Württemberg alles ausgegangen ist. „Da hat es sogar Tote gegeben, an die sich kaum noch einer erinnert.“
Das belegen auch Zahlen aus dem Netzwerk Demokratie und Courage. 1139 Straftaten mit rechtsextremem Hintergrund seien 2009 im Ländle registriert worden, darunter 47 Gewalthandlungen. Erst im Mai hätten 50 Neonazis einen Dönerladen in Pforzheim mit Knüppeln überfallen.
Vor ein paar Jahren sei ein Asylbewerber in Ditzingen vor die S-Bahn gestoßen worden. Er überlebte im Gegensatz zu den acht Menschen, die seit 1991 in brauner Gesinnung getötet wurden.
Neonazis seien kein rein ostdeutsches Problem. 17,8 Prozent der Badener und Schwaben seien ausländerfeindlich oder rassistisch eingestellt. 13,2 Prozent hätten eine antisemitische, also judenfeindliche Haltung, und 7,2 Prozent würden den Nationalsozialismus samt seiner Verbrechen verharmlosen.
In 16 Schautafeln werden unter anderen zentrale Begriffe erläutert wie Rassismus, Antisemitismus, Nationalismus, Sozialdarwinismus, völkisches Denken und die Rolle der Frau unter dem Hakenkreuz. Dazu werden „Gegenmittel“ vorgestellt, wie man solchem Gedankengut entgegentreten kann.
Info: Die Ausstellung ist noch bis zum 25. Juni an der Realschule in der Ditzinger Glemsaue zu sehen. Anmeldung unter (0 71 56) 96 86 66.
Thomas Faulhaber
Bildunterschrift: Auf Schautafeln wird über die Rechten informiert und was man dagegen tun kann.