Im landesweiten Vergleich wenige Neonazis
Von Adrian Hoffmann
Region Heilbronn - Gibt es eine Neonaziszene in der Region oder gibt es sie nicht? Was Antifaschisten eigenen Angaben zufolge bei einer Aktion in Obersulm-Willsbach vor zwei Wochen deutlich machen wollten − indem sie sich vor dem Haus eines stellvertretenden NPD-Kreisvorsitzenden versammelten −, sieht das Landesamt für Verfassungsschutz etwas nüchterner.
Keine Gruppierung
Auf Anfrage der Heilbronner Stimme stellte das Amt eine Einschätzung der rechtsextremistischen Szene im Raum Heilbronn zusammen. Darin heißt es: "Während die Neonaziszene in den letzten Jahren personelle Zuwächse zu verzeichnen hat und es in mehreren Landkreisen zu Neugründungen von Kameradschaften kam, gibt es im Kreis Heilbronn keine Gruppierung, die ihr zugerechnet wird." Dies schließe aber nicht aus, dass einzelne Neonazis ihren Wohnsitz im Landkreis hätten. Auch innerhalb der rechtsextremistischen Skinheadszene sei der Stadt- und Landkreis Heilbronn kein Schwerpunkt, so die Angaben des Verfassungsschutzes. "Die Zahl der hier ansässigen Skinheads liegt im unteren zweistelligen Bereich." Allerdings habe erst am 22. Mai auf einem Wiesengrundstück in Ilsfeld-Schozach ein rechtsextremistisches Skinheadkonzert mit circa 100 bis 150 Teilnehmern stattgefunden.
Der Kreisverband Heilbronn der NPD gehört nach Einschätzung des Verfassungsschutzes zu den aktiven Kreisverbänden des NPD-Landesverbandes. Die Jugendorganisation, die JN, ist in der Region mit einem JN-Stützpunkt präsent. "Beide Untergliederungen entwickeln Aktivitäten, die vornehmlich parteiinternen Charakter haben, aber auch Außenwirkung entfalten können." Der Umstand, dass es sich bei der JN um eine Jugendorganisation handele, lege nahe, dass die "Veranstaltungsangebote" auch auf diese Zielgruppe ausgerichtet seien. So fanden in den letzten Jahren viele Partys und Ausflüge statt.
Autonome Gruppen
Linksextremistische Parteien und Organisationen entwickelten laut Verfassungsschutz in der Region kaum herausragende Aktivitäten. "Der Großraum Heilbronn bildet keinen regionalen Schwerpunkt autonomer Antifa-Aktivitäten", heißt es. "Auseinandersetzungen zwischen Personen der links- und rechtsextremistischen Szene sowie Outing-Aktionen von linksextremistischen Antifaschisten gegen tatsächliche oder vermeintliche Rechtsextremisten sind aus den zurückliegenden Monaten nicht bekannt."
Eine autonome Gruppierung "Antifa Heilbronn" gab im Mai auf ihrer Homepage ihre Auflösung "nach mehr als zehn Jahren" bekannt. Eine andere linksextremistische Gruppe hat sich allerdings im Oktober 2009 gegründet: Die "Revolutionäre Linke Heilbronn", die ihr Ziel in der Schaffung einer "Perspektive für die Befreiung von Staat und Kapital, für eine solidarische klassenlose Gesellschaft" sieht.
2009 wurden im Rahmen der "Antimilitarismus-Kampagne" bundesweit zwölf Brandanschläge auf Bundeswehrfahrzeuge verübt, unter anderem am 9. Mai in Heilbronn. Im Juni bekannte sich eine Gruppe namens "Autonome Antimilitaristen" zu dem Anschlag in Heilbronn.