Der Revolutionäre 1. Mai – Für die Umwälzung der Verhältnisse!

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700 – 900 Menschen nahmen trotz schlechten Wetters an der Revolutionären 1. Mai Demonstration teil. Wie in jedem Jahr gab es zu Beginn kleinere Auseinandersetzungen mit der Polizei auf Grund der Länge von Seitentransparenten. Nach einer kurzen Unterbrechung und einer Rangelei, bei der einige AktivistInnen durch Pfefferspray verletzt wurden, konnte die Demonstration aber weiterlaufen – mit langen Transparenten. Auf der Route wurden Bengalos gezündet und eine Commerzbank wurde symbolisch mit Pyrotechnik, Kreppbändern und Farbbeuteln angegriffen.

 

In den Redebeiträgen wurde ein breites Themenspektrum angesprochen: Die FAU thematisierte die Spaltung der Klasse in den Betrieben, die Plattform der demokratischen Einheit ging auf die Situation in der Türkei ein, der Arbeitskreis Internationalismus mobilisierte gegen den G20 in Hamburg, das Libertäre Bündnis Ludwigsburg sprach solidarische Perspektiven jenseits von Wahlkampf und Populismus an, die Antifaschistische Aktion Aufbau ging auf die Notwendigkeit von Antifaschismus ein, die Initiative Klassenkampf thematisierte die Gentrifizierung am Beispiel des Hallschlags, die Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend ging auf das Thema der Arbeitszeitverkürzung ein und die Revolutionäre Aktion Stuttgart thematisierte die aktuelle Situation und die Perspektiven. Dazu wurde in der Moderation auf das Thema Frauenkampf, Rojava und auf Ivana Hoffmann eingegangen, sowie ein Grußwort der MLKP Rojava verlesen.

 

Unsere Rede thematisierte im Schnelldurchlauf die Industrie 4.0 und die damit verbundene Veränderung der Produktionsverhältnisse und -prozesse, die für den Großteil der Bevölkerung vor allem Unsicherheit bringt und die Lebensumstände nachhaltig verändern wird. Die Maxime hierbei ist die Profitsicherung und -maximierung und nicht die Befriedigung der Bedürfnisse der Menschen. (Die komplette Rede könnt ihr hier nachlesen).

 

Weitere Aktivitäten am 1. Mai

Nach der Demo ging es weiter zu den Festen: Einerseits in Stuttgart-Heslach, wo im Linken Zentrum Lilo Herrmann ein Straßenfest stattfand und andererseits in Stuttgart-Ost im Stadtteilzentrum Gasparitsch.

Im Gasparitsch gab es ein buntes Programm: Kinderschminken und Bastelangebote, ein vielfältiges Fingerfoodbuffet, Kaffee & Kuchen, ein Quiz, leckeres warmes Essen und am Abend noch Live-Musik mit Felix Schurr.

 

Politprogramm am 1. Mai

Während des Nachmittags fand dann passend zum 1. Mai ein Politprogramm statt: Zunächst stellte sich das Gasparitsch vor und ging nochmal auf die Hintergründe und die Intension des Stadtteilzentrums ein. Danach stellte sich die Initiative Rechtspopulismus stoppen und ihre Kampagne „Kein Ort für Rassismus“ vor, die mit Aufklebern an zahlreichen Geschäften in Stuttgart Ost (und darüber hinaus), ein Zeichen gegen Rassismus und Rechtspopulisten setzt.
Im nächsten Programmpunkt stellte der Arbeitskreis Solidarität die Kampagne „Revolutionäre Solidarität mit Rojava“ mit Hilfe eines Kurzfilms vor. Dabei wurde die Bedeutung eines Projektes wie Rojava und die Notwendigkeit der internationalen Solidarität betont. Im Anschluss stellte die Basisgewerkschaft Freie ArbeiterInnen Union sich vor und informierte über ihre Aktivitäten und Hintergründe. Danach informierte Zusammen Kämpfen über die Mobilisierung zu den G20 Protesten Anfang Juli in Hamburg.

 

1. Mai – Straße frei

Als letzten Programmpunkt gab es dann den beinahe schon traditionellen Stadtteilspaziergang in Stuttgart Ost, der in diesem Jahr unter dem Motto „Für die Befreiung der Frau“ durch Stuttgart Ost lief. Wir knüpften damit unmittelbar an die Aktivitäten zum 8. März (Bericht) an. Es beteiligten sich trotz noch mieseren Wetters als davor knapp 40 Menschen an dem Stadtteilspaziergang.

 

Da Frauen in den herrschenden Verhältnissen oft im Schlagschatten von Männern stehen, haben wir den 1. Mai zum Anlass genommen bedeutende revolutionäre Frauen vorzustellen und ihnen einen Platz mitten in unserem Stadtviertel zu geben, in dem wir symbolisch einige Straßennamen umbenannt und Erklärungen zu den Personen hinterlassen haben. Dabei haben wir stellvertretend 5 Frauen ausgewählt, die nun in Form von Straßen und Platznamen (zumindest vorübergehend) einen Platz in Stuttgart Ost gefunden haben: Lilo Herrmann, Olga Benario, Alexandra Kollontai, Clara Zetkin und Sakine Cansiz.
Die einzelnen Texte und Erklärungen könnt ihr unten nachlesen.

 

Im Anschluss an den Stadtteilspaziergang haben wir eine kurze unangemeldete Demonstration durchgeführt und uns damit symbolisch am 1. Mai das genommen, was uns sowieso gehört: die Straße!

 

Zusammen Kämpfen [Stuttgart]
www.zk-stuttgart.tk

 


Weiterer Bericht zum Revolutionären 1. Mai in Stuttgart
www.erstermai-stuttgart.tk

 

Aufruf zum 1. Mai von Zusammen Kämpfen
Transparentaktionen im Vorfeld

 

Links zu den Gruppen: Arbeitskreis Solidarität | Frauenkollektiv Stuttgart | Initiative Rechtspopulismus stoppen (Facebook)


Rede von Zusammen Kämpfen


Liebe Freundinnen und Freunde,
liebe Genossinnen und Genossen,

 

wir sind heute hier, um am ersten Mai, dem internationalen Kampftag der ArbeiterInnenklasse, gemeinsam mit Hunderttausenden Menschen auf der ganzen Welt, unseren Protest gegen das kapitalistische System und unsere Perspektive einer klassenlosen Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung auf die Straße zu tragen!

 

Dieser Widerstand und die Perspektive einer anderen Gesellschaft ist dringlicher denn je. Denn die kapitalistischen Verhältnisse produzieren Armut, Krieg, Ausbeutung, Unterdrückung und Entfremdung – und das wortwörtlich am laufenden Band.

Durch den kapitalistischen Zwang Profit zu erwirtschaften und zu maximieren finden dauerhaft Veränderungen der Produktionsverhältnisse und -prozesse statt. Der neueste Clou soll die sogenannte Industrie 4.0 sein, die mit Schlagwörtern wie Digitalisierung und Automatisierung durch die Presse geistert. Sie wird als bahnbrechende neue gesellschaftliche Errungenschaft verkauft, ist aber letztlich nur neuer Wein in alten Schläuchen.

 

Denn die kommende Veränderung der Produktionsprozesse wird nichts Grundlegendes an den herrschenden Verhältnissen ändern. Im Gegenteil: Sie dient einzig und allein der Sicherstellung der Profite und damit der Festigung der Verhältnisse wie sie sind. Während Unternehmen wie Bosch, Daimler, Porsche, SAP und andere durch die Industrie 4.0 neue Geschäftsmodelle aufbauen, weiter rationalisieren und von dieser Entwicklung profitieren, bedeutet sie für ArbeiterInnen vor allem eines: Unsicherheit!

 

Mit dem kommenden sogenannten „digitalen Wandel“ geht eine gesellschaftliche Umstrukturierung einher, weg von der Produktions- hin zu einer verstärkten Dienstleistungsgesellschaft, was tiefgreifende Auswirkungen auf den Alltag der Menschen haben wird. Angefangen bei der Arbeitssuche, der Strukturierung der Arbeitsplätze, über das Stadtbild, das durch die Verkleinerung der Fabrikanlagen verändert werden wird, bis hin zur Umstrukturierung der Stadtviertel.

Im Fokus steht dabei für die Herrschenden natürlich nicht das bestehende Verhältnis zwischen Kapital und Arbeit zu verändern oder die Bedürfnisse der Menschen zu befriedigen. Im Fokus steht dieses Verhältnis an die Zeit und an die aktuellen Begebenheiten anzupassen, um nicht den Anschluss zu verlieren oder gar noch auf Profite verzichten zu müssen. Es geht also – kurz gesagt – um eine Restauration des Bestehenden oder besser um eine Restauration des Kapitalismus. Und dies geschieht auch mit der Unterstützung der hiesigen Politik, die im grünen Antlitz in Form von Kretschmann, Kuhn und Konsorten die tiefschwarze neoliberale Politik weiterführt und ausbaut.

 

Dabei ist es nicht die vermeintliche Gier der Herrschenden oder der oft beschworene „Egoismus des Menschen“ der Ursache dieser allgemeinen Politik ist, sondern es ist die kapitalistische Logik, Profit zu maximieren bzw. Kapital zu verwerten. Es ist die immanente Logik dieses Systems, der unsere ganze Gesellschaft unterworfen ist und die das bestimmende Element sein wird, solange diese Verhältnisse existieren.

 

Das heißt für uns, dass es uns nicht alleine darum gehen kann am Bestehenden rumzufeilen und das schlimmst mögliche zu verhindern. Für uns muss es ums Ganze gehen - für die Umwälzung der Verhältnisse. Damit wollen wir nicht die Kämpfe derjenigen schmälern, die für eine akute Verbesserung der Verhältnisse kämpfen, die für mehr Lohn, bessere Arbeitsbedingungen, gegen Entlassungen und für viele weitere Forderungen einstehen.

 

Der Kampf für eine Verbesserung der Lebensumstände für einen Großteil der Bevölkerung, der Kampf für eine Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung ist das vereinende Ziel.

 

Für uns muss es daher heißen,

  • die Ursachen zu erkennen,
  • Verantwortliche zu benennen,
  • uns den Verhältnissen auf allen Ebenen in den Weg zu stellen
  • und uns dort zu organisieren, wo wir leben und arbeiten.

Ob im gemeinsamen Kampf gegen prekäre Beschäftigung, Arbeitsplatzabbau oder im Kampf für höhere Löhne, bezahlbaren Wohnraum und kostenlose öffentliche Mobilität oder auch im Kampf gegen rechte Hetze und die herrschenden patriarchalen Verhältnisse – in all diesen Kämpfen muss sich die Perspektive jenseits des Kapitalismus, jenseits von Ausbeutung und Unterdrückung und die Perspektive einer klassenlosen Gesellschaft widerspiegeln und eine Alternative sichtbar machen.

  • Eine Alternative, die der omnipräsenten Konkurrenz unsere Solidarität entgegenstellt.
  • Eine Alternative, die statt Ausbeutung und Unterdrückung für eine klassenlose Gesellschaft steht.
  • Eine Alternative, die statt rechter Hetze und Rassismus ein solidarisches Miteinander erkämpft.
  • Kurz: Eine Alternative, die für eine befreite Gesellschaft anstatt der unterdrückerischen Verhältnisse steht.

Es liegt an uns allen diese Alternative sichtbar und praktisch werden zu lassen.

 

Kämpfen wir zusammen gegen die Restauration des Kapitalismus und für die Umwälzung der Verhältnisse!

Hoch die internationale Solidarität!


Stadtteilspaziergang - Lilo Herrmann Straße

 

Lilo Herrmann (1909-1938)

„Wenn ich über das mir bekannte Ziel des Kommunismus befragt werde, dann kann ich dies in einem Satz ausdrücken, und der heißt: das größte Glück der größten Menge ... “

Lilo Herrmann war eine kommunistische Widerstandskämpferin während der Zeit des deutschen Faschismus. Sie starb als erste Widerstandskämpferin und Mutter im Gefängnis in Berlin-Plötzensee am 20. Juni 1938.

Liselotte „Lilo“ Herrmann wird am 23. Juni 1909 in Berlin geboren. Ab Ende der 1920er Jahre ist sie politisch aktiv, zunächst im Sozialistischen Schülerbund. 1929 beginnt sie an der Technischen Hochschule in Stuttgart ein Chemie-Studium. Sie arbeitet zu dieser Zeit in der Roten Schülergruppe und im Kommunistischen Jugendverband (KJVD).


1931 zieht sie zurück nach Berlin, tritt in die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) ein und beteiligt sich dort insbesondere an der Bildungsarbeit. Da sie 1933 in Berlin einen Aufruf zur Verteidigung demokratischer Rechte und Freiheiten an der Universität unterschreibt, wird sie mit 110 weiteren StudentInnen von der Universität ausgeschlossen. Sie arbeitet fortan als Kinderpflegerin und ist im illegalen antifaschistischen Widerstand aktiv.

Am 15. Mai 1934 wird ihr Sohn Walter geboren. Der Vater, der Stuttgarter Kommunist Fritz Rau bekommt ihn nie zu sehen, da er am 20. Dezember 1933 bei einem Gestapo-Verhör erschlagen wird.


1934 zieht Lilo Herrmann wieder nach Stuttgart und arbeitet dort im Ingenieursbüro ihres Vaters als Sekretärin. Sie ist auch hier im Widerstand aktiv und überbringt u.a. Nachrichten über Rüstungsprojekte der Nazis an KPD-Strukturen in der Schweiz. Am 7. Dezember 1935 wird sie in Stuttgart von der Gestapo verhaftet und bei ihr der Lageplan einer Munitionsfabrik gefunden. Sie wird bis zu ihrem Prozess inhaftiert. Trotz zahlreicher Verhöre und erschwerten Haftbedingungen verrät sie ihre GenossInnen nicht. Vom 8. bis zum 12. Juni 1937 wird ihr vor dem Volksgerichtshof in Stuttgart der Prozess gemacht. Sie wird wegen „Landesverrat und Vorbereitung zum Hochverrat“ zum Tode verurteilt, anschließend nach Berlin verlegt und dort am 20. Juni 1938 hingerichtet.


Im Stuttgarter Süden hat sich das Linke Zentrum nach Lilo Herrmann benannt.


Stadtteilspaziergang - Olga Benario-Platz

 

Olga Benario (1908-1944)

„Ich habe für das Gerechte und Gute gekämpft, für die Verbesserung der Welt. Ich verspreche Dir, wenn ich jetzt Abschied nehmen muß, daß ich Dir bis zum letzten Moment keinen Grund geben werde, Dich meiner zu schämen. Ich werde stark bleiben und bin entschlossen, bis zum letzten Moment zu leben.“
schrieb Olga Benario in ihrem letzten Brief an ihre Tochter.

Olga Benario-Prestes war ab 1925 in Berlin aktiv für die KPD und den Kommunistischen Jugendverband Deutschlands. Schnell wurde sie wegen Hochverrat verhaftet und musste zusammen mit ihrem Lebensgefährten ins Exil in die Sowjetunion. Von der Sowjetunion aus wurde sie zur Leibwächterin des bekannten brasilianischen Arbeiter-Anführers Preste mit dem sie bald ein Verhältnis anfing. Die beiden zettelten in Brasilien im November 1935 einen Aufstand an, der aber fehlschlug. In der kommenden Verfolgungswelle wurden zahlreiche Linke und AktivistInnen verhaftet. Im Jahr 1936 wurden auch Benario und Prestes verhaftet und schließlich wurden Prestes und die schwangere Olga Benario von Brasilien per Schiff nach Deutschland ausgeliefert. Benario brachte im Frauengefängnis ihre Tochter zur Welt.


Sie wurde 1938 in ein KZ gebracht und wurde schließlich 1942 in der Tötungsanstalt Bernburg vergast.

Olga Benario-Prestes hat ein Leben für die Revolution geführt. Sie war siebzehn Jahre alt, als die Polizei der Weimarer Republik sie als „kommunistische Agitatorin“ in ihren Listen führte, und bis zuletzt führte sie ihren konsequenten antifaschistischen Kampf unter den schlimmsten Bedingungen in einem faschistischen KZ, wo sie z.B. Diskussionen über die Geschichte der Arbeiterbewegung und über das Wesen des Faschismus organisierte. Zusammen mit Hilde Coppi und Liselotte Hermann war sie Symbol für von den Nazis ermordete Mütter, die ihre Kinder im Frauengefängnis zur Welt gebracht hatten.

 

Bis heute ist Olga Benario in Brasilien eine der bekanntesten Deutsche. Nach ihr wurden in der DDR über 100 Straßen, Schulen, Kindergärten, Seniorenheime und Kollektive benannt, von denen einige heute noch ihren Namen tragen. Bis heute nicht hier in Stuttgart.


Stadtteilspaziergang - Alexandra Kollontai-Straße

 

Alexandra Kollontai (1872-1952)

“Ich hatte immer ein Talent zu ‚leben‘, und ich habe es heute noch. Ich habe viel erreicht, viel gekämpft, viel gearbeitet, aber ich konnte mich auch freuen am Leben, wie immer es aussah”
Alexandra Kollontai, 1950 im Rückblick auf ihr Leben

Alexandra Kollontai war eine russische Revolutionärin, Diplomatin, Schriftstellerin und zeitlebens überzeugte Feministin und Sozialistin. Sie war die erste Diplomatin der Welt und eine der wenigen weiblichen Mitglieder im Führungskreis der Sowjetunion.

Bereits als Gymnasiastin hatte sie sich der sozialistischen Bewegung angeschlossen, für die sie auch in Zürich arbeitete. Sie thematisierte in ihren Schriften vor allem die Situation der Frau und forderte von Anfang an die Gleichberechtigung der Geschlechter.

 

Da sie in ihren Schriften vehement gegen die Regierung agitierte, drohte ihr die Verhaftung und Verurteilung. Kollontai ging 1908 ins Exil zunächst nach Deutschland, dann Frankreich, später wieder nach Deutschland und danach nach Skandinavien.

Den Beginn des Ersten Weltkrieges erlebte Kollontai in Deutschland. Sie wurde bei Kriegsbeginn als feindliche Ausländerin interniert und musste Deutschland in Richtung Skandinavien verlassen. Kurze Zeit später ging sie nach Russland und schloss sich den Bolschewiki an. Kollontai wurde 1917 von Lenin mit der Leitung des Ministeriums für Soziale Fürsorge beauftragt. Somit war sie die erste Ministerin der Welt.

 

Kollontai, alleinerziehende Mutter und Volkskommissarin für soziale Fürsorge, setzte in der jungen Sowjetunion durch, dass das Eherecht gelockert und der Mutterschutz verbessert wurde. Sie erkämpfte das Recht auf Schwangerschaftsabbruch und schlug Volksküchen und kollektive Kindererziehung vor.

Bereits 1905 hatte sie sich für autonome Frauenabteilungen innerhalb der Kommunistischen Partei eingesetzt. Sie grenzte sich scharf von der bürgerlichen feministischen Bewegung ab, da sie die These vertrat, alleine im Sozialismus könne eine Gleichberechtigung von Frau und Mann verwirklicht werden.


Stadtteilspaziergang - Clara Zetkin-Platz

 

Clara Zetkin (1857 – 1933)

„Ich will dort kämpfen, wo das Leben ist“

Clara Zetkin war Frauenrechtlerin, Initiatorin des Internationalen Frauenkampftags, Kriegsgegnerin und Kommunistin. Sie gilt als Mitbegründerin der proletarischen Frauenbewegung und forderte die vollständige berufliche und gesellschaftliche Gleichberechtigung der Frau.

Clara Zetkin trat 1878 der Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands bei und musste bereits 1882 von Leipzig aus ins politische Exil nach Zürich und Paris.
Auch dort war sie weiterhin politisch aktiv und hatte 1889 einen bedeutenden Anteil an der Gründung der Sozialistischen Internationalen. 1890 kam sie nach Deutschland zurück und ließ sich in Stuttgart-Sillenbuch nieder. In der Zeit arbeitete sie als Übersetzerin beim sozialdemokratischen Verlag Dietz und war ab 1892 die Herausgeberin der Frauenzeitschrift „Die Gleichheit“.

Schnell wird sie zu einer einflussreichen Person in der Frauen- und Arbeiterbewegung.


1907 nahm sie am Internationalen Sozialistenkongress in Stuttgart teil und brachte zusammen mit anderen die Gründung einer Sozialistischen Fraueninternationalen auf den Weg. Sie wurde zur internationalen Sekretärin gewählt.

1919 gründet sie u.a. zusammen mit Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht die Kommunistische Partei Deutschland (KPD). Im gleichen Jahr beginnt sie mit dem Aufbau einer kommunistischen Frauenbewegung. Von 1920 bis 1933 war sie Reichstagsabgeordnete der KPD und wurde 1932 zur Alterspräsidentin des Parlaments. In ihrer letzten großen Rede warnte sie vor den Gefahren des Faschismus, klagte diesen aufs Äußerste an und rief zur Einheitsfront auf.

1933 muss Clara Zetkin mit der Machtübernahme des Faschismus nochmal das Land verlassen. Diesmal geht sie in die Sowjetunion. Sie stirbt am 20. Juni 1933, am Trauerzug nahmen 400.000 Menschen teil.

 

In Stuttgart-Sillenbuch lebt ihr Name mit dem Waldheim Sillenbuch - dem Clara Zetkin Haus - nach wie vor weiter.


Stadtteilspaziergang - Sakine Cansiz-Straße

 

Sakine Cansiz (1958-2013)

 

Sakine Cansiz war eine der beiden Frauen, die 1978 am Gründungskongress der PKK (Arbeiterpartei Kurdistans) teilnahmen. Dass der Kampf für die Befreiung Kurdistans nicht ohne die Befreiung der besonders unterdrückten Frauen geführt werden kann war ihr von Anfang an klar. Zwischen 1977 und 1979 organisierte sie daher in verschiedenen Städten Frauen für den kurdischen Befreiungskampf. Damit setzte sie den Grundstein für die Entstehung einer kurdischen Frauenbewegung.

Durch ihre Kindheit und Jugend in den kurdischen Gebieten spürte sie schnell die Unterdrückung des türkischen Staates und so strebte sie bereits früh nach der Freiheit der kurdischen Bevölkerung. Insbesondere haben sie nach eigener Aussage die politischen Auseinandersetzungen der 1970er Jahre, das Schicksal von Deniz Gezmiş und dessen gescheiterte Befreiungsversuch beeinflusst.

 

1979 wurde sie verhaftet. Bis 1990 war sie in verschiedenen türkischen Kerkern unter Folter, physischer und psychischer Barbarei eingesperrt. Sie blieb trotz der Folter und trotz aller Demütigungen standhaft. Durch ihren mutigen ungebrochenen Widerstand wurde sie nicht nur für ihre Mitgefangenen, sondern für die kurdische Freiheitsbewegung zum Symbol des Widerstands. Mehrfach trat sie in den Hungerstreik, zweimal begann sie das Todesfasten. X-mal versuchte sie auszubrechen.

Nach ihrer Entlassung setzte sie den Kampf unter den PKK-Guerilla in den Bergen unter ihrem Kampfnamen „Sara“ fort und beteiligte sich am bewaffneten Befreiungskampf der kurdischen Bevölkerung.


Später ging sie ins Exil nach Deutschland und organisierte dort Teile des Kampfes der hier illegalen PKK.
Sie wurde aufgrund eines internationalen Haftbefehls auf Betreiben der Türkei 2007 in Hamburg kurzzeitig verhaftet - aber wieder freigelassen.

1998 bekam sie politisches Asyl in Frankreich. Dort lebte und arbeitete sie bis zu ihrer Ermordung 2013 durch den türkischen Geheimdienst.

Nach ihrer Ermordung gingen hunderttausende Menschen in Europa auf die Straße und tausende kamen zu ihrer Beerdigung nach Dersim.