AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel lebt in Biel

Erstveröffentlicht: 
27.04.2017

Nicht mal die Nachbarn wussten, dass die «nette Dame» aus der Wohnung nebenan den Bundestagswahlkampf der rechtsnationalen Alternative für Deutschland (AfD) anführt.

 

Sie soll ihrer Partei Alternative für Deutschland (AfD) im kommenden Herbst den Weg in den Bundestag weisen: die Ökonomin Alice Weidel. Am letzten Wochenende wurde die 38-Jährige am Parteitag in Köln zur Spitzenkandidatin gekürt. In den bisher erschienenen Medienberichten über Weidel wird jeweils Überlingen am deutschen Bodenseeufer als ihr Wohnort genannt.

 

Doch wie «Bund»-Recherchen zeigen, steht Weidel der Schweiz noch näher. Die deutsche Spitzenpolitikerin ist nämlich offiziell auch in Biel angemeldet. In einem Mehrfamilienhaus in der Innenstadt zeugt ein entsprechend angeschriebener Briefkasten von ihrer Anwesenheit. Auch ihre Schweizer Lebenspartnerin ist auf dem Türschild vermerkt. Bei einer Nachbarin ist zudem zu erfahren, dass einer ihrer zwei Buben die nahe staatliche Kindertagesstätte besucht – und dort manchmal von Weidel selber abgeholt wird. Sie habe im Übrigen bisher gar nicht gewusst, dass «die nette Dame» eine in Deutschland bekannte Politikerin sei.

 

Steuerfrage ist ungeklärt

 

Wie oft Weidel in Biel ist, wo sie Steuern bezahlt und wo sie letztlich ihren Lebensmittelpunkt sieht, ist nicht bekannt. Die AfD-Politikerin wollte sich auf Anfrage des «Bunds» nicht zu ihrer Bieler Wohnung äussern.

 

Politiker, die zeitweise nicht dort wohnen, wo sie gewählt werden wollen, sorgten zumindest in der Schweiz in der Vergangenheit immer wieder für Kontroversen. So etwa bei den Zürcher Kantonswahlen 2015, als ein CVP-Kandidat aus diesem Grund seinen Wahlkampf abbrach. Oder der Bolliger Ex-Gemeindepräsident Rudolf Burger, der 2013 in seine Gemeinde zurückziehen musste, nachdem sein Wohnortswechsel publik geworden war.

 

Auch Auslanddeutsche dürfen in den Bundestag

 

Im Fall von Weidel ist der Wohnort zumindest nach deutschem Recht kein Problem. Wählbar für den Bundestag sind alle volljährigen Deutschen, unabhängig von ihrem Wohnort. Aufwendiger wird es, wenn Weidel wählen will und eventuell sogar keinen Wohnsitz in Deutschland haben sollte. Dann müsste sie wie andere Auslanddeutsche einen Antrag auf Eintragung ins Wählerverzeichnis stellen.

 

Wie Weidel, die in Deutschland als national argumentierende Politikerin wahrgenommen wird, das Leben in der Schweiz gefällt, ist mangels Auskunftsbereitschaft nicht bekannt. Doch zumindest das politische System passt ihr sehr. Sehr beeindruckt sei sie von den Abstimmungsbüchlein mit allen Informationen sowie Pro- und Kontra-Argumenten, die ihre Partnerin vor den Urnengängen zugesandt bekomme, wie sie einst der «Weltwoche» sagte. In der Wahl des Wohnsitzes von Alice Weidel liegt eine gewisse Ironie. Denn obwohl sie zuletzt ihre öffentliche Islamkritik mehr und mehr verschärfte, wohnt sie – zumindest zeitweise – ausgerechnet in der Schweizer Stadt mit dem höchsten Anteil an Muslimen.