Innere Sicherheit wird zum Zankapfel

Erstveröffentlicht: 
11.04.2017

Die Polizei in Sachsen braucht eine neue Struktur, muss sich den neuen Aufgaben anpassen, fordert die CDU-Fraktion in einem Strategie-Papier. Neue technische Möglichkeiten darf die Polizei zum Teil nicht anwenden, weil die Gesetze das nicht zulassen. Die CDU fordert deshalb endlich tätig zu werden. Die SPD setzt mehr auf Abwarten. Doch der sozialdemokratische Koalitionspartner in Sachsen will auch etwas durchsetzen. Das eint beide.

von Arnd Groß

 

Als die CDU-Fraktion Ende März ein Papier zur inneren Sicherheit in Sachsen verabschiedet hatte, verordnete man sich hinterher eine Schweigepflicht. Man wollte die Gespräche mit dem Koalitionspartner SPD nicht gefährden. Doch was die Christdemokraten aufgeschrieben haben, hat es in sich.

 

Die Polizei soll gerade im Bereich der Telefon und Internet-Überwachung stärker "präventiv" tätig werden. Sei es bei der klassischen Überwachung von Telefongesprächen oder beim Einsatz von Spionage-Software auf Handys, die verschlüsselte Chats auskundschaften kann. Präventiv heißt, nicht im Rahmen von Ermittlungen nach der Strafprozessordnung, sondern zur Gefahrenabwehr im Rahmen eines Polizeigesetzes. Eine Straftat muss möglicherweise noch gar nicht passiert sein. Diese Art vor Handyüberwachung nennt sich Quellen-TKÜ.

 

Außerdem will die CDU-Fraktion auf allen Straßen im Grenzbereich eine Video-Überwachung für die KFZ-Kennzeichenerfassung mit Gesichtserkennung einführen. Bisher ist das (mit Einschränkungen) nur an bestimmten Kriminalitätsschwerpunkten möglich. Ein Pilotprojekt dazu läuft gerade in Görlitz an. Der sächsische Datenschutzbeauftragte hatte das Projekt allerdings deutlich gestutzt. Um Autobahnen in einem 30 Kilometer tiefen "Schleier" zu überwachen, müsste ebenfalls das sächsische Polizeigesetz geändert werden. Das sind nur einige Veränderungen, die die CDU-Fraktion für sich definiert hat.

 

Die SPD hält sich bedeckt. Der Eindruck nach außen: Sie steht auf der Bremse. SPD-Fraktionschef Dirk Panter sagte MDR SACHSEN: "Wir wollen so viel Sicherheit wie nötig, aber auch so viel Freiheit wie möglich, damit wir die Menschen hier nicht zu sehr einschränken." Was das zum Beispiel für die Gesichts-Erkennung heißt, die die CDU will, ist nicht ausgemacht.

 

Doch Sachsen ist in Deutschland nicht allein. Bestimmte Gesetze werden auch vom Bund vorgegeben. Und dort regieren auch Unionsparteien zusammen mit der SPD. Und hier sind längst Verabredungen getroffen worden, was neue Sicherheitsgesetze angeht. Als die CDU in Sachsen zusammen mit ihren Bundespolitikern am Montag der Karwoche ihre Vorstellungen für ein Bundeswahl-Programm präsentierte, war da auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière zugegen. De Maizière zeigte sich zuversichtlich im Bund würden noch in dieser Legislaturperiode ähnliche Sicherheitsgesetze mit der SPD umgesetzt. "Dann braucht die sächsische SPD schon gute Argumente, warum das im sächsischen Polizei- und Ordnungsgesetz nicht auch gehen soll", sagte der Bundesinnenminister auf der Pressekonferenz in Dresden.

 

Allerdings gibt es im Bund auch ein Informationsfreiheitsgesetz, mit dessen Hilfe Bürger Einsicht nehmen können in staatliche Unterlagen und ein Integrationsgesetz. Solche Gesetze wollen die sächsischen Sozialdemokraten auch auf Landesebene unbedingt noch bis 2019 einbringen. Die SPD lockt im Gegenzug sogar mit einem Burka-Verbot.

 

In der Woche nach Ostern will sich die Koalition wieder treffen. Anfang Mai soll eine Art Halbzeitbilanz der Regierung präsentiert werden. Doch Eckpunkte für ein neues Polizeigesetz für Sachsen dürften dann wohl noch nicht feststehen. In der sächsischen CDU will man zwar bis Anfang Sommer Ergebnisse vorweisen, fürchtet aber, dass die SPD sich lieber Zeit lässt bis zur Bundestagswahl.