Zehn Stellen mehr bei der Polizei müsse noch nicht das Ende der Fahnenstange sein, meint Freiburgs OB Dieter Salomon. In der linksliberalen Stadt gebe es einen neuen Blick auf die Polizei und auf das Thema Sicherheit.
Das Land bewegt sich und stockt das Personal bei der Polizei auf. Die Stadt erweitert im Gegenzug ihren Gemeindevollzugsdienst um zehn Mitarbeiter für eine Stadtpolizei, die sich um das Einhalten der Polizeiverordnung kümmern sollen. Über die Sicherheitspartnerschaft und das Sicherheitsgefühl in Freiburg hat sich Joachim Röderer mit OB Dieter Salomon unterhalten.
																	
								BZ: Herr Salomon, wie zufrieden sind Sie mit dem Ergebnis, das auf dem Tisch liegt?
 
Salomon: Man kann jetzt sicher darüber 
philosophieren, ob diese zehn Stellen, die ab Sommer zur Verfügung 
stehen, viel oder wenig sind. Es gibt aber noch die 25 weiteren Stellen 
bei der Bereitschaftspolizei und das Gesamtpaket. Der entscheidende 
Punkt für mich ist, dass das Land sieht, dass Freiburg tatsächlich in 
einer besonderen Situation ist. Und dass die besondere Situation 
besondere Mittel erfordert. Und wir gehen davon aus, dass dies je 
nachdem, wie sich die Sicherheitslage in Freiburg entwickelt, auch noch 
nicht das Ende der Fahnenstange sein muss.
BZ: Ein Problem ist das lädierte subjektive 
Sicherheitsgefühl in der Stadt. Wie haben Sie die Situation in den 
vergangenen Monaten wahrgenommen?
Salomon: Freiburg führt seit gut 15 Jahren die Kriminalitätsstatistik im Land an. Das hat die ersten zehn oder zwölf Jahre die Menschen in Freiburg nicht sonderlich beunruhigt, weil das Sicherheitsgefühl nicht gelitten hatte. Das änderte sich mit den UMAs, den unbegleiteten minderjährigen Ausländern. Für die Polizei war völlig neu, dass einige von diesen Jugendlichen tatsächlich kriminell waren. Sowohl die Stadt als auch die Polizei mussten sich auf diese Situation neu einstellen. Das hat damals schon zu einer ersten deutlichen Verunsicherung geführt, weil die Zustände auf dem Stühlinger Kirchplatz in der Art und der Intensität auch neu waren und sie haben sich dann auch auf die Innenstadt erstreckt. Dann kamen zwei Dinge hinzu: Das waren die islamistischen Terroranschläge und schlichtweg auch die Zuwanderung, die viele Menschen diffus verunsichert hat und zusammen mit dem Mord an der Dreisam im Oktober leider zu einer weiteren Verunsicherung in großen Teilen der Bevölkerung geführt haben, vor allem bei Frauen.
BZ: Als die 25 Bereitschaftspolizisten im Dezember nach Freiburg kamen, ist dies sehr positiv aufgenommen worden, oder?
Salomon: Etwas flapsig formuliert: Vor zehn 
Jahren hätte es in unserer linksliberalen Stadt noch geheißen: "Was 
wollen denn die Scheißbullen hier?" Heute werden die Beamten geherzt, 
beinahe umarmt und erfahren viel Zuwendung. Man freut sich, dass jemand 
da ist, der auf einen aufpasst. Das ist eine völlige Trendwende in 
Freiburg, die man einfach nur mit dem verlorenen Sicherheitsgefühl 
erklären kann.
BZ: Die Stadt will den Gemeindevollzugsdienst erweitern. Rechnen Sie mit der Zustimmung des Gemeinderates?
Salomon: Sicherheitspartnerschaft kann ja 
nicht nur einseitig heißen: Land, liefere du! Wir müssen uns auch die 
Frage gefallen lassen, was wir eigentlich selbst machen. Wir sind die 
einzige Großstadt, die einen Gemeindevollzugsdienst hat, der sich nur um
 den ruhenden Verkehr kümmert. Lange Jahre gab es eine 
Grundsatzdiskussion mit der Polizei über die Frage, wer was zu machen 
hat. Die Landespolizei hat argumentiert, sie sei personell unterbesetzt 
und müsse sich im Konflikt zwischen der Verfolgung von 
Ordnungswidrigkeiten und der Verfolgung von Straftaten für die 
Straftaten entscheiden, was man nachvollziehen kann. Wir als 
Stadtverwaltung haben uns jahrelang auf die Position zurückgezogen: Wenn
 wir diese Aufgaben selber machen, die wir für Aufgaben der 
Landespolizei halten, gibt es für das Innenministerium noch mehr Gründe 
zu sagen, dann kann man die Landespolizei noch mehr dezimieren.
BZ: Sie sind nun umgeschwenkt?
Salomon: Die Zeiten haben sich geändert, die
 Situation ist ernst. Das Bemühen des Landes zu helfen, ist ein 
ernsthaftes. Wir müssen unseren eigenen Beitrag liefern – beginnend erst
 einmal mit zehn neuen Stellen, auch das muss noch nicht das Ende der 
Fahnenstange sein.
BZ: Sie fürchten nicht, dass die alte Debatte um den Kommunalen Ordnungsdienst (KOD) wieder aufbricht?
Salomon: Beim KOD ginge es damals um das 
Thema Lärm und Ruhestörungen bei Nacht. Jetzt geht es um 
Ordnungsstörungen mit einem Schwerpunkt tagsüber, vielleicht bis in den 
Abend hinein, aber nicht nachts. Das heißt: Das Aufgabenfeld ist 
definitiv ein anderes, als es beim KOD geplant war.
BZ: Ihr Fazit: Ein guter Tag für Freiburg?
Salomon: Ja, ein guter Tag für Freiburg. Ich
 freue mich auch über die Aufbruchstimmung bei der Freiburger Polizei. 
Die Polizeioberen sind fest überzeugt davon, dass wir mit dem Bündel an 
Maßnahmen die Gewaltkriminalität noch in diesem Jahr um zehn Prozent 
reduzieren können.
