Der Historiker Markus Wolter beleuchtet die Frage, warum das Denkmal immer wieder als Provokation wirkt.
Wieder Ärger um das Kriegerdenkmal am Luisenplatz: Am Wochenende haben Unbekannte die Skulptur der zwei Soldaten mit Farbbeuteln beworfen. Am Sockel des Denkmals haben sie eine eindeutig politische Botschaft hinterlassen: "lieber bunt als Nazi-Schund". Auch auf der Gedenktafel, auf der die im Zweiten Weltkrieg gefallenen Radolfzeller gelistet sind, hinterließen sie eine gelbe Markierung beim Namen Heinrich Köppens. Wohl nicht ohne Grund: Köppen war Kommandeur des dritten Bataillons der SS-Standarte Germania in Radolfzell. Er fiel im Krieg bereits 1939.
Wer für den Farbbeutelangriff verantwortlich ist, ist unklar, die Polizei ermittelt noch. Die Aktion spricht eine deutliche Sprache, die auf das politisch linke Spektrum schließen lässt. Markus Wolter, Freiburger Historiker mit Radolfzeller Wurzeln, tippt auf Verursacher aus den Reihen der Antifa. "Hier an diesem Platz kollidieren offenbar zwei Gruppen." In den vergangenen Jahren ist der Luisenplatz immer wieder zum Kultort für rechtsradikale Aktionen geworden, zum Beispiel steht die Partei "Der dritte Weg" im Verdacht, Friedensfahnen von dort entwendet zu haben.
Wolter wundert das nicht. Der Fehler gehe ins Jahr 1958 zurück. Damals habe ein Stadtrat vorgeschlagen, beim Gedenken an die Gefallenen der Kriege auch an die SS-Angehörigen zu erinnern, der Vorschlag wurde angenommen. Seither gedenkt man am Volkstrauertag der Gefallenen der Weltkriege und der Opfer des Nationalsozialismus – beides am Luisenplatz. Für Wolter ein Unding: Alleine durch die Inschrift seien rechte Gruppierungen eingeladen, den Platz als Kultort zu missbrauchen. "So lange man hier offiziell gedenkt, hat man das Problem." Sein Vorschlag: Volkstrauertage dürften nicht mehr am Luisenplatz abgehalten werden, das Gedenkbanner mit der Listung der Namen auch der SS-Angehörigen müsse enfernt werden. "Man kann dem Platz nicht durch ein paar Friedensfahnen eine scheinbare Leichtigkeit verleihen."