Der Europäische Gerichtshof hat die anlasslose Vorratsdatenspeicherung in der EU gekippt – am Beispiel Schwedens und Großbritanniens. Doch das Urteil hat auch erhebliche Auswirkungen auf Deutschland.
Von Gigi Deppe, ARD-Rechtsredaktion
Es ist eine kleine Sensation, was da aus Luxemburg kommt. Jahrelang streitet die Politik in Deutschland über die Vorratsdatenspeicherung, die Sache geht zum Verfassungsgericht und auf dessen Entscheidung wird ein Gesetz minutiös abgestimmt. Und jetzt teilen die Richter vom obersten EU-Gericht mit: So kann es nicht laufen.
Gefühlte Überwachung des Privatlebens
Scheinbar hat die Sache mit Deutschland nichts zu tun. Die EuGH-Richter überprüften nur die schwedischen und britischen Regeln zur Vorratsdatenspeicherung. Aber was sie ganz allgemein zum europäischen Recht sagen, hat auch erhebliche Auswirkungen auf Deutschland. Denn was das Gericht ganz grundsätzlich aus einer europäischen Richtlinie herausliest, gilt natürlich auch bei uns.
Die Richter stört schon die allgemeine Speicherung von Daten. Auch wenn die sicherlich sehr bei der Bekämpfung schwerer Kriminalität helfen würde – es sei nicht in Ordnung, allgemein und ohne Unterschied jegliche Kommunikationsdaten zu speichern. Selbst wenn nicht mitgeschnitten wird, was im Einzelnen gesagt wurde – bei den Bürgern könne leicht das Gefühl erzeugt werden, dass ihr Privatleben ständig überwacht wird.
Die Vorratsdatenspeicherung dürfe nicht die Regel sein. Sie müsse die Ausnahme bleiben, so das Urteil. Und das bedeutet ganz eindeutig für den deutschen Gesetzgeber: nacharbeiten! Mit der allgemeinen Vorratsdatenspeicherung, so wie sie bei uns im Gesetz steht, ist es vorbei. Nur gezielte Speicherung ist erlaubt.
Demzufolge dürfen die Daten nur für eine bestimmte Zeit oder Region gespeichert werden. Oder von einem bestimmten Personenkreis – etwa die von möglichen Tätern oder von anderen, sofern deren Daten bei der Bekämpfung schwerer Straftaten helfen könnten. Dass nicht mehr ganz allgemein und flächendeckend gespeichert werden darf, bedeutet für die Behörden eine gewaltige Umstellung. Das Prozedere wird komplizierter. Bestimmt werden die Behörden daher in den kommenden Wochen über den EuGH laut und deutlich murren.
Aktenzeichen: C-203/15 und C-698/15