Aufruf zum Widerstand gegen den Nato Gipfel in Strasbourg und Baden Baden am 3. und 4. April.
Das am 3. und 4. April die NATO ihren Sechzigsten in Strasbourg und Baden-Baden feiert, dürfte mittlerweile bekannt sein. Das wir Anfang April keine Kriege beenden oder verhindern und die Welt nicht vom Kopf auf die Füße stellen, klingt nicht pessimistisch. Das dieses Jubiläumstreffen die größte militärische Machtdemonstration unseres jungen Lebens darstellt vielleicht schon.
Krieg gegen ...
Wird der Iran keine Atombombe mehr bauen, wird in Afghanistan das Opium knapp, enden die Gemetzel im Sudan, im Kongo, in Sri Lanka mit einem Sieg der Menschlichkeit und reichen sich Nachbarn die Hände und jagen ihre Kriegsherren zu ihren jeweiligen Teufeln, wenn der Großteil des Who is Who der militärischen Weltpolitik zusammenkommt um zu feiern? Wohl kaum, vielmehr werden selbst die trockensten Bissen militärischer Weltführung mit französischem Champagner herunter gezwungen und in seligsten Räuschen eigene Konjunkturpakete für die darbende Weltwirtschaft gesponnen.
Hinter verschlossenen Türen wird bei Treffen wie diesen auf militärischer (Kriegs-) Ebene Politik gemacht. Und jede(r), ob nun dafür oder dagegen, äußert sich politisch und begehrt gehört zu werden.
Und während drinnen geherzt, gefeiert und gelacht wird, schlagen sie uns draußen die Schädel ein, sperren uns in Käfige und kraulen schnauzbärtigen Gewerkschaftern die Bierbäuche während auf dem Revier im Arsch irgendeines jungen Mädchens nach Feuerzeugen gesucht wird.
Krieg gegen uns!
Gibt es für ein militärisches Bündnis weit jenseits nationalstaatlicher Grenzen ein schöneres Symbol, als die aus mannigfachen Gründen dagegen Protestierenden von der Europabrücke zwischen Kehl und Strasbourg in den Rhein stoßen zu lassen? Zeugt es vom freiheitlich demokratischem Grundverständnis der NATO, für ihren Geburtstag Orte auszuwählen, die so günstig gelegen sind, dass auch einer Vielzahl von Protestierenden die Anreise ermöglicht wird?
Beim G8 in Heiligendamm hatten sich die Manifestationen unserer Abneigung in einer wasserumspülten Festung in der mecklenburgischen Wüste verbarrikadiert. Nun flanieren sie mitten durch unsere Städte.
Die Durchsetzung dieses Gipfels war und ist nie anders geplant gewesen als ein kriegerischer Akt im Inneren. In diesem werden die Protestierenden als aussichtslos verbohrte Gewalttäter mit Gewalt denjenigen als Abschreckung vorgeführt werden, die hinter zugeklappten Fensterläden den vielleicht aufregendsten Herzschlag ihres Lebens spüren. In dem Moment nämlich, in dem Livebilder im Fernseher für eine Sekunde das eigene Haus, den wohl gepflegten Vorgarten und das noch rasch polierte Auto in der Einfahrt zeigen, während die Gipfelgäste vor den verschlossenen Fensterläden durchfahren.
Diesmal, wie so oft, wird sich der Protest kein politisches Gehör verschaffen können. Denn das NATO Treffen ist kein politischer Akt, sondern ein militärischer.
Krieg gegen mich!
Es wird in dieser Machtdemonstration keine Rolle spielen, ob ich mich als AnarchistIn, KommunistIn, AntifaschistIn, SozialdemokratIn usw. verstehe, ob ich Pflastersteine, Trommeln oder eine Bratwurst in den Händen halte. Man wird mich gedemütigt vorführen und ein bleiernes Schweigen über meine Worte legen. Ich soll alleingelassen zwischen den Blöcken der unterschiedlichen Interessengruppen auf den Aktionen umherirren, bis mich ein Greiftrupp herausangelt. Man wird den Stein in meiner Hand zeigen und nicht das Blut in meinem Gesicht. Ich werde mir einzugestehen haben, dass immer ich gemeint bin, wenn man von Autonomen, Gewaltbereiten, Gewerkschaftern, Friedlichen oder einfach von Demonstranten spricht. Und ich werde mir einzugestehen haben, dass unser, also mein Protest auch diesmal wieder nichts gebracht hat. Aber ich werde nicht protestieren. Ich werde mich wehren.
Wir müssen uns wehren!
Lasst eure Parteiabzeichen zu Hause, diesmal wenigstens. Helft mir, wenn ich naß und kalt bin, ich helfe euch, wenn man euch angreift. Gebt euch nicht zufrieden, wenn das letzte Wort gesprochen, sondern erst, wenn auch der/die Letzte wieder frei ist. Weicht ihren Schlägen aus und nicht vor ihrer Gewalt zurück. Halten wir zusammen, dann halten wir sie auf.
In Strasbourg und Baden Baden ist kein politischer Sieg zu erringen, kein Signal gegen Krieg und Gewalt auszusenden. Es wird darum gehen, der militärischen Ebene, auf der man uns begegnet, zu widerstehen und überhaupt erst einmal eine Situation zu schaffen, in der Politik erzwungen wird!