In eigener Sache – Datenklau: Ausgespäht

Der Keylogger, bevor er untersucht wurde
Erstveröffentlicht: 
04.06.2016

Datenklau, Sicherheit, Vertrauen. Warum die taz die Keylogger-Affäre nicht auf sich beruhen lassen kann.

 

Der 18. Februar 2015 ist in die Geschichte der taz eingegangen. An diesem Tag wurde ein Mitarbeiter ertappt, der über Monate hinweg Daten seiner Kolleg_innen ausspioniert hatte. Das ist auf jeder Arbeitsstelle ein Vertrauensbruch. In einer Redaktion aber ganz besonders. Informationen sind für eine freie Presse lebenswichtig. Ohne sie könnten wir keine Artikel verfassen. Das ist nur möglich, wenn unsere Informant_innen und Gesprächspartner_innen darauf vertrauen können, dass diese Informationen geschützt sind. Es ist ein Gesetz des Journalismus, dass wir Quellen schützen. Das Redaktionsgeheimnis ist uns heilig.

Deshalb hatte die Keylogger-Affäre das Zeug, das Vertrauen in die taz zu erschüttern. Zu versuchen, sie aufzuklären, mit den Mitteln des Journalismus, ist ein Muss. Das kann uns keine Justiz abnehmen. Zu Beginn dieses Jahres haben zwei taz-Redakteure begonnen, den Fall so genau wie möglich zu rekonstruieren. Was ist passiert? Wer wurde ausspioniert und was sagen die Betroffenen? Wie ist die taz mit dem Fall umgegangen?

Nach dieser Recherche wissen wir mehr. Nichts deutet darauf hin, dass der Kollege für jemand anderen als für sich selbst spioniert hat. Das Motiv scheint ein persönliches zu sein. Die beiden Redakteure sind auf weitere direkt Betroffene gestoßen. Genau wie die bisher bekannten Ausgespähten haben vor allem sie ein Recht darauf, mehr über diese verstörende Geschichte zu erfahren. Chefredaktion und EDV-Abteilung haben allen angeboten, sich die von ihnen abgeschöpften Daten anzusehen.

Anders als im Februar 2015 haben wir uns entschieden, den Namen unseres früheren Kollegen zu nennen: Sebastian Heiser. Denn es gibt auch gegenüber jenen eine Aufklärungspflicht, mit denen er im Namen der taz zu tun hatte: Informant_innen, Gesprächspartner_innen, Leser_innen und Auszubildende. Wo genau er heute lebt, steht nicht im Bericht. Sein heutiges Leben wäre davon tangiert, uns jedoch geht es um die Vorgänge in der taz.

Heute fragen wir uns, ob wir aus dem Fall gelernt haben. Könnten wir so etwas nun verhindern? Aus dem Inneren ist jedes System angreifbar. Uns jetzt gegenseitig zu misstrauen, wäre der größere Schaden. Die Keylogger-Affäre hat viele tazler_innen und das Haus als Ganzes im Umgang mit ihren Daten sensibilisiert. Die taz steht gleichwohl vor der Herausforderung, den technischen Schutz kontinuierlich zu forcieren. Eine Festung ist aus der taz nicht geworden. Das widerspräche auch der Kultur des Hauses.