Mehr heimliche Personenfahndung im Schengen-Raum

Überwachung Symbolbild
Erstveröffentlicht: 
14.10.2016

Die Zahl der im Schengen-Informationssystem zur verdeckten Fahndung ausgeschriebenen Personen ist von knapp 32.000 Personen im Mai 2013 auf fast 90.000 angestiegen. Kritiker sehen vor allem Geheimdienste dahinter.

 

Europäische Sicherheitsbehörden nutzen das Schengener Informationssystem (SIS) immer stärker zur heimlichen Beobachtung Verdächtiger. Waren im Mai 2013 in der neuen Generation SIS II der Datenbank noch 31.907 und Ende November vorigen Jahres 59.553 Personen zur verdeckten Fahndung ausgeschrieben, belief sich die Zahl am 1. Oktober schon auf 89.051. Dies entspricht einem Zuwachs um rund 33 Prozent allein innerhalb von knapp zehn Monaten.

 

Hunko: "Black Box"

 

Die aktuelle Menge, von der 6212 Gesuchte möglichst "unverzüglich" mit Dringlichkeit dingfest gemacht werden sollen, hat die Bundesregierung jetzt in einer Antwort auf eine Anfrage des Bundestagsabgeordneten Andrej Hunko und der Fraktion der Linken bekannt gegeben. Dieser beklagte gegenüber heise online, dass es sich bei dem Fahndungsinstrument, mit dem besonders schwere Eingriffe in die Grundrechte der Betroffenen verknüpft sein könnten, im Kern um eine Black Box handele.

 

"Es lässt sich nicht herausfinden, wie viele der Ausschreibungen von welchen Behörden erfolgen", erklärte der Volksvertreter. "Auch das Verhältnis von Strafverfolgung und Gefahrenabwehr ist unbekannt". Der Nutzen der Maßnahme sei generell nicht überprüfbar. Besonders gravierend sei, "dass auch Geheimdienste von der heimlichen Verfolgung Gebrauch machen können". Er vermute, dass die weitere starke Zunahme auf Überwachung durch diese Kreise zurückgehe.

 

Ausländische Kämpfer

 

Von offizieller Seite ist zu hören, dass der Anstieg auch mit dem Phänomen "ausländischer Kämpfer" zu tun habe, die sich als potenzielle Terroristen in der EU erst seit vergleichsweise kurzer Zeit als Problem entpuppt hätten. Laut Bundesregierung waren im einschlägigen "Auswerteschwerpunkt" der europäischen Polizeibehörde Europol aber mit Stand 1. September "nur" 5830 Personen gespeichert. Das ist nur ein kleiner Bruchteil der im Schengen-Raum verdeckt Gesuchten. Die Liste der im SIS II heimlich ausschreibenden Staaten führen Frankreich, Großbritannien, Spanien und Italien vor Deutschland an.

 

Immer wieder betont das federführende Bundesinnenministerium in der Antwort zudem, dass es nach wie vor keine offizielle Geheimdienstkooperation auf EU-Ebene unter der Regie Brüssels gebe. Eine "gemeinsame Bedrohungsanalyse" werde zumindest über das einschlägige europäische "Intelligence Analysis Centre" (EU IntCen) nicht durchgeführt, heißt es pauschal auf mehrere Fragen zu dem Thema ohne weiteren Kommentar. Details zu Datenbanken der neuen "Counter Terrorism Group" (CTG), einem "informeller Zusammenschluss von 30 europäischen Nachrichten- und Sicherheitsdiensten", hat die Regierung parallel als geheim eingestuft.