Zunehmend Ärger mit Reichsbürgern in Halle und Stendal

Erstveröffentlicht: 
05.08.2016

Zugegeben, Steuern zahlen kann nerven. Auch über andere Gebühren wie den Rundfunkbeitrag ärgern sich viele. Aber so ist das in einem Sozialstaat, dafür gibt es klare Gesetze. Was aber, wenn man diese Gesetze nicht anerkennt oder noch einen Schritt weitergedreht, nicht einmal daran glaubt, dass die Bundesrepublik Deutschland existiert. Die sogenannten Reichsbürger sind genau dieser Meinung. Jetzt gibt es für Sachsen-Anhalt erstmals konkrete Zahlen.

 

Peter Fitzek, König von Wittenberg, ist der wohl bekannteste Vertreter der Reichsbürger. In Wittenberg gründete er seinen eigenen Staat, genannt "Königreich Deutschland". Mit eigener Bank, eigener Versicherung, eigenen Dokumenten. In der Folge geriet er mehrfach in Konflikt mit dem Gesetz - wegen ungenehmigter Versicherungs- und Bankgeschäfte, vorsätzlichen Fahrens ohne Führerschein und Urkundenunterdrückung. 

 

Kleine Anfrage löste Recherche aus

 

Peter Fitzek ist kein Einzelfall, weil es aber keine gesetzliche Befugnis gibt, die Zugehörigkeit zu den Reichsbürgern zu erfassen, gab es bis jetzt auch keine genauen Zahlen. Die Linken-Abgeordnete Henriette Quade wollte es jedoch genauer wissen und stellte eine Kleine Anfrage an die Landesregierung. Das Innenministerium antwortete. Dr. Hilmar Steffen, Referatsleiter beim Verfassungsschutz in Sachsen-Anhalt fasst zusammen: "Oftmals sind es Reichsbürger, die durch Nichtzahlen von Steuern und Bußgeldern auffällig werden. Durch Urkundenfälschung, indem sie unzulässige Kfz-Kennzeichen verwenden oder Ausweise herstellen und benutzen, die keine Gültigkeit in der Bundesrepublik haben." 

 

Halle, Stendal und Salzlandkreis stechen hervor


Die Anzahl der Fälle hat laut Steffen deutlich zugenommen. Hundertfach mussten sich die Behörden in Sachsen-Anhalt in den vergangenen Jahren mit solchen Reichsbürgern herumschlagen. Allein in Halle gab es rund 200 Fälle, aber auch Stendal mit 77 und der Salzlandkreis mit 52 Fällen stechen ins Auge. 

 

Kommunen damit oft überfordert


In Thüringen sieht es übrigens ähnlich aus. Auf Nachfrage von MDR AKTUELL sagte Ministeriumssprecher Oliver Löhr, man ginge von der gleichen Größenordnung aus, konkrete Zahlen gebe es jedoch nicht. Viele Kommunen und Behörden sind mit den Reichsbürgern zunehmend überfordert. Neben Briefen, Widersprüchen und Verweigerungen fahren die Reichsbürger auch schon mal härtere Geschütze auf. Sachbearbeiter und Richter werden zum Beispiel verbal attackiert oder in ihr Büro eingeschlossen.

 

Und Dr. Hilmar Steffen vom Verfassungsschutz Sachsen-Anhalt sieht noch etwas anderes mit Sorge: "Besonders aufmerksam beobachten muss man die Waffenfunde bei Durchsuchungen. Das schreckt schon auf." Steffen fordert deshalb die Kommunen und Behörden dazu auf, konsequent gegen die Verstöße vorzugehen. Die gesetzlichen Grundlagen dafür wären ausreichend.