300. Verhandlungstag NSU-Prozess kostete bislang 45 Millionen Euro

Erstveröffentlicht: 
20.07.2016

Im derzeit größten Strafprozess der Bundesrepublik steht der 300. Verhandlungstag bevor. Das Ende rückt wohl näher. Trotz weitreichender Terminplanung des Gerichts bis September 2017 dürfte ein Urteil gegen Beate Zschäpe eher Anfang kommenden Jahres fallen.

 

München. Im Terrorprozess gegen den „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) findet an diesem Mittwoch der 300. Verhandlungstag statt. Die Gesamtkosten des Verfahrens belaufen sich nach Schätzung einer Sprecherin des Münchner Oberlandesgerichts (OLG) auf bisher 45 Millionen Euro. Als Zeuge hat das Gericht für Mittwoch erneut einen früheren Anführer der rechtsradikalen Organisation „Blood & Honour“ geladen.

 

Zwar geht die Terminplanung des Gerichts bis September 2017, doch schon Anfang des kommenden Jahres könnte ein Urteil verkündet werden. Die OLG-Sprecherin sagte, die Beweisaufnahme sei inzwischen „sehr weit fortgeschritten“. Das sei etwa daran zu erkennen, dass das Gericht in letzter Zeit viele Beweisanträge ablehnte, weil „die Aspekte schon abschließend erörtert sind“. Viele Zeugen seien schon vernommen worden und würden jetzt erneut geladen, um Details zu klären. Das ist auch am Mittwoch der Fall. Der frühere „Blood & Honour“-Anführer hat bisher bestritten, zusätzlich als V-Mann tätig gewesen zu sein. 

 

Beweisaufnahme vor Abschluss


Mehrere Prozessbeteiligte hatten in den letzten Monaten vermutet, bis zum Beginn der Sommerpause im August könne die Beweisaufnahme überwiegend abgeschlossen sein. Anschließend wären die Plädoyers an der Reihe. Die könnten nach Einschätzung der OLG-Sprecherin mehrere Wochen bis mehrere Monate dauern. Es komme darauf an, ob die Nebenkläger einzeln plädieren oder sich in Gruppen zusammenfinden.

 

Unklar ist derzeit allerdings, wie sich die Hauptangeklagte Beate Zschäpe zu den Hunderten Fragen verhalten will, die ihr die Nebenkläger gestellt haben. Ihr Anwalt Hermann Borchert hatte offengelassen, ob sie alle Fragen beantworten wird. Gleichzeitig wies er darauf hin, es werde „Monate“ dauern, alle Antworten zusammenzustellen.

 

Zschäpe ist die Hauptangeklagte im NSU-Prozess. Sie ist als mutmaßliche Mittäterin bei den Verbrechen der rechtsextremen Terrorzelle angeklagt. Dazu gehören zehn überwiegend rassistisch motivierte Morde, zwei Sprengstoffanschläge und zahlreiche Banküberfälle.