Fremdenhass in Italien: Nigerianer auf offener Straße zu Tode geprügelt

Erstveröffentlicht: 
07.07.2016

In Italien ist ein nigerianischer Flüchtling auf offener Straße erschlagen worden. Tatverdächtig ist ein Fußballultra, der aus rassistischen Motiven gehandelt haben soll.

 

Fermo ist eine kleine Stadt in der italienischen Region Marken. Es gibt eine Universität, zahlreiche Kirchen, die Adria ist nur sechs Kilometer entfernt. Knapp 38.000 Einwohner leben hier, 3600 davon sind Zuwanderer.

Am Dienstagabend ging Emmanuel Chidi Namdi hier mit seiner Frau Chinyery spazieren. Auf der Via XX Settembre, unweit des erzbischöflichen Seminars, wo die beiden Asylsuchenden aus Nigeria untergebracht waren.

Details sind unklar

Fans der örtlichen Fußballmannschaft hätten sich dem Paar genähert und angefangen zu pöbeln, berichtet die Zeitung "La Repubblica". Zwei junge Männer hätten die 24-jährige Chinyery beleidigt und eine "afrikanische Äffin" genannt. Namdi habe sich vor seine Frau gestellt und eine Erklärung gefordert. Daraufhin hätten die Männer den 36-Jährigen so brutal verprügelt, dass er kurz darauf im Krankenhaus verstarb.

Die Details der Tat sind noch unklar, die Angreifer sollen Namdi aber noch getreten und geschlagen haben, als dieser schon auf dem Boden lag. Der Nigerianer erlitt Gehirnblutungen und fiel ins Koma. Am Mittwochnachmittag stellten die Ärzte seinen Tod fest. Auch Chinyery Namdi wurde geschlagen, sie erlitt leichte Verletzungen.

Tatverdächtig ist ein 35-jähriger Einheimischer. Der Mann ist polizeibekannt wegen verschiedener Gewaltdelikte, ihm wurde bereits ein Stadionverbot erteilt. Die Zeitung "Il resto del Carlino" referierte seine Version des Geschehens: Demnach habe das nigerianische Paar "auf verdächtige Weise" parkende Autos inspiziert, er habe sie dafür getadelt und sei daraufhin von Namdi und seiner Frau angegangen worden. Sein erster Faustschlag sei in Notwehr erfolgt. Der Tatverdächtige muss sich jetzt wegen Körperverletzung mit Todesfolge vor Gericht verantworten.

Emmanuel Chidi Namdi und seine Frau waren vor der Terrororganisation Boko Haram aus ihrem Heimatland geflohen. Bei einem Anschlag auf eine Kirche sollen laut "Repubblica" beide Eltern des Paares umgekommen sein.

Im September erreichten Namdi und Chinyery nach ihrer Flucht über Libyen und Palermo die Stadt Fermo, wo sie bei der katholischen Kirche unterkamen. Auf der Flucht soll Chinyery eine Fehlgeburt erlitten haben. Am 6. Januar hatte das Paar in Fermo in der Kirche San Marco alle Paludi geheiratet.

Bestürzte Politiker

Die Präsidentin der Abgeordnetenkammer, Laura Boldrini, zeigte sich bestürzt, dass ausgerechnet in ihrer Heimatregion ein solches Verbrechen möglich sei: "Ein Mann, der sein Land verlassen hat, um der Gewalt der Terroristen von Boko Haram zu entkommen, hat sein Leben hier bei uns verloren, in Italien, durch rassistischen und fremdenfeindlichen Hass", sagte sie und forderte die Sicherheitsbehörden auf, rigoros gegen Gewalttäter vorzugehen.

Auch Bürgermeister Paolo Calcinaro zeigte sich schockiert von dem "schleichenden Rassismus": "Ich habe das Gefühl, in einem Albtraum zu sein", sagte er. Seine Stadt wolle für Migranten offen und aufgeschlossen sein.

"Das war eine eiskalte Provokation, vom gleichen Kaliber wie die Bomben, die unlängst vor Kirchen abgelegt wurden", sagte der örtliche Caritas-Vertreter Monsignore Vinicio Albanesi - und spielte damit auf Anschläge der vergangenen Monate in Fermo an. Dabei hatten Unbekannte vier Sprengsätze vor Kirchen deponiert. Albanesi kündigte an, in einem Prozess gegen die mutmaßlichen Schläger als Nebenkläger aufzutreten.

Italiens Premier Matteo Renzi telefonierte mit Albanesi, kondolierte und versprach ihm seine Unterstützung. Innenminister Angelino Alfano werde im Laufe des Tages in Fermo eintreffen.