Stuttgart: Gedeon tritt jetzt doch aus AfD-Fraktion aus

Erstveröffentlicht: 
05.07.2016

Der Streit über Antisemitismus-Vorwürfe hat die AfD-Fraktion im Stuttgarter Landtag zerrissen. Auslöser war der Abgeordnete Gedeon. Nun will er die Spaltung verhindern.

 

Der umstrittene Abgeordnete Wolfgang Gedeon hat seinen Austritt aus der AfD-Fraktion im Stuttgarter Landtag erklärt. An ihm war zuvor die Fraktion zerbrochen. Fraktionschef Jörg Meuthen hatte die Fraktion mit zwölf weiteren Abgeordnete verlassen, weil bei der Abstimmung über einen Ausschluss Gedeons nicht die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit erreicht wurde. Gedeon sagte der dpa, er hoffe, dadurch die Spaltung seiner Fraktion noch zu verhindern. Meuthen und seine Unterstützer werfen Gedeon antisemitische Äußerungen vor.

 

Doch auch nach Gedeons Austrittserklärung bestand Meuthen auf der Trennung: "Der Fraktionsbruch ist rechtskräftig". An diesem Mittwoch sollen die Abgeordneten zusammenkommen, um über eine mögliche Neugründung der AfD-Fraktion zu tagen, kündigte Meuthen an. "Wenn nun mindestens fünf Abgeordnete überlaufen zu uns, dann kann die andere Gruppe nicht als Fraktion existieren. Dann gibt es eine neue AfD-Fraktion frei von Antisemitismus", sagte Meuthen. Insgesamt hat die Partei 23 Sitze im Stuttgarter Landtag.

 

Meuthen widersprach damit seiner Co-Vorsitzenden auf Bundesebene, Frauke Petry. Sie hatte in Stuttgart verkündet, mit dem Austritt Gedeons sei die Spaltung der AfD-Fraktion in Baden-Württemberg abgewendet. Zuvor hatte sie Gespräche "mit der gesamten Fraktion" angekündigt. Auf Facebook bat sie "alle Abgeordneten, Ruhe zu bewahren und nicht mit voreiligen Entscheidungen an die Öffentlichkeit zu treten". Nachdem sich Meuthen auf seiner Pressekonferenz am Nachmittag zunächst nicht zur Rolle Petrys in der Frage äußern wollte, kritisierte er sie am Abend doch. "Ich frage mich, wie Frau Petry reagieren würde, wenn ich in Sachsen so agieren würde wie sie hier", sagte Meuthen, der selber Bundessprecher der Partei ist. 

 

Nach Meuthens Angaben hatte der Bundesvorstand die Entscheidung der 13 Abgeordneten in einer Telefonkonferenz einstimmig unterstützt. Petry habe an der Telefonkonferenz des Bundesvorstands jedoch nicht teilgenommen.Die AfD-Spitze erkennt laut ihrer Erklärung künftig nur noch die von Meuthen angeführten Abgeordneten als AfD-Vertreter im Landtag an. 


Zwei-Drittel-Mehrheit für Gedeons Ausschluss kam nicht zustande

 

Meuthen hatte nach Antisemitismus-Vorwürfen gegen Gedeon dessen Ausschluss aus der Fraktion gefordert und mit seinem Rücktritt gedroht. Doch die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit für einen Ausschluss Gedeons kam nicht zustande. Nach einer Fraktionssitzung vor zwei Wochen hatte Gedeon lediglich erklärt, seine Mitgliedschaft in der Fraktion bis September ruhen zu lassen. Damals hieß es, man wolle den Fall in Ruhe weiter prüfen und mithilfe eines Gutachtens klären, ob die Äußerungen tatsächlich antisemitisch zu werten sind.

 

Gedeon hatte den Holocaust als "gewisse Schandtaten" bagatellisiert und Holocaust-Leugner als "Dissidenten" bezeichnet und so mit Menschen verglichen, die für ihr politisches Engagement in autoritären Regimes verfolgt werden.

 

Meuthen sagte, inzwischen hätten zwei von der AfD beauftragte wissenschaftliche Gutachten ergeben, dass Gedeons Äußerungen als antisemitisch zu werten seien. Daher sei er optimistisch gewesen, dass die Zwei-Drittel-Mehrheit für einen Ausschluss in der Fraktion nun zustande komme. Das sei zu seiner Verblüffung nicht der Fall gewesen, aber zu respektieren. Diejenigen, die für den Ausschluss Gedeons waren, hätten daraufhin beschlossen, die Fraktion zu verlassen. Antisemitismus könne und dürfe keinen Platz in der AfD haben.

 

Welche Abgeordneten im Landtag in Zukunft als Gruppierung auftreten würden und welche als AfD-Fraktion – die abtrünnigen oder die verbliebenen – sei im Moment noch unklar. Meuthen hatte gesagt, die Tür für die verbliebenen zehn Abgeordneten bleibe offen. Die Aufspaltung sei unerfreulich, aber ein Bereinigungsprozess, der nicht unüblich für eine junge Partei sei, sagte Meuthen. Er vergleiche die AfD gern mit den Grünen in den 1980er Jahren. Auch damals habe es Häutungsprozesse gegeben, und diese müssten auch sein.

Politiker aller Bundestagsparteien gaben sich wenig überrascht von der Aufspaltung. CDU-Generalsekretär Peter Tauber twitterte: "die Geister, die er rief...". SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann schrieb, "Rechtspopulisten demaskieren sich". Linken-Chef Bernd Riexinger warf Meuthen vor, Fahnenflucht zu begehen, übrig bleibe "ein brauner Haufen Elend".