Der Umzug der rechten Burschen

Die Fahne hängt noch, innen wird schon ausgeräumt: Das Haus der Danubia an der Möhlstraße bekommt neue Besitzer.
Erstveröffentlicht: 
17.05.2016

Nach längerem Gezerre verlässt die Danubia ihr Domizil in Bogenhausen - und geht vielleicht nach Schwabing-Freimann

 

Von Sebastian Krass

 

Die alte, ausgebleichte Fahne der Burschenschaft hängt noch vor dem Haus, aber sonst ist nicht mehr viel zu sehen von den bisherigen Bewohnern des herrschaftlichen Anwesens an der Möhlstraße 21 in Bogenhausen. In der Einfahrt steht ein Container, übervoll mit Sperrmüll, und das Messingschild im Torpfosten, auf dem "Burschenschaft Danubia" und das Logo von Münchens umstrittenster Studentenverbindung standen, ist weg. In dem Gebäude werden demnächst neue Nutzer einziehen. Denn die Danubia, deren aktive Studentenschaft vom bayerischen Verfassungsschutz als rechtsextremistische Organisation geführt wird, hat ihren Sitz offenbar verkauft. Die Antifaschistische Informations-, Dokumentations- und Archivstelle (Aida) berichtet darüber in einem Artikel auf ihrer Internetseite, Mitglieder des Altherrenverbandes der Danubia bestätigen der SZ diese Information. Recht viel mehr wollen sie nicht dazu sagen. Für weiter gehende Fragen solle man sich an den Verbandsvorsitzenden Hans-Ulrich Kopp wenden. Der aber hat eine schriftliche SZ-Anfrage aus der vergangenen Woche unbeantwortet gelassen. Auch am Dienstag war er nicht zu erreichen.

 

Die zweigeschossige Villa stammt nach Angaben des Bayerischen Amtes für Denkmalpflege aus der Zeit um 1900. Während der Herrschaft der Nationalsozialisten wurde sie den jüdischstämmigen Eigentümern entrissen. Seit 1958 war das Haus Sitz der Danubia - und damit auch ein Treffpunkt der rechten Szene. Dort träten "seit Jahren auch Referenten aus dem rechtsextremistischen Spektrum auf", schreibt der Verfassungsschutz in seinem jüngsten Bericht vom April dieses Jahres. Der einstige RAF-Anwalt und spätere Holocaust-Leugner Horst Mahler war bei der Danubia ebenso zu Gast wie Jürgen Schwab, der einmal bei der NPD aktiv war und später dem inzwischen verbotenen Freien Netz Süd nahestand. 2001 fand bei der Danubia ein Neonazi Unterschlupf, der kurz zuvor einen Griechen halbtot geprügelt hatte. Die Danubia behauptete später, nichts gewusst zu haben von dem Verbrechen, das der Mann begangen hatte. Dass sich mit dem Haus etwas tut, konnte man in den vergangenen Wochen bereits dem Online-Auftritt der Danubia entnehmen. Dort hieß es: "Aufgrund anhaltender Unwägbarkeiten im Zusammenhang mit unserer Immobilie findet leider nur ein eingeschränktes Semesterprogramm statt."

 

Wer das Haus übernimmt und zu welchem Preis, ist bisher nicht bekannt. Im Grundbuch ist noch der "Möhlstraße 21 e.V." als Eigentümer genannt, der vorher "Verein Danubia e.V." hieß. Aida berichtet über ein Maklerinserat, in dem acht Millionen Euro aufgerufen gewesen seien. Auch wohin die Bewohner des Danubia-Hauses nun ziehen, ist derzeit nicht bekannt. Aus Altherrenkreisen war kürzlich zu hören, man wolle zunächst etwas anmieten. Die Internetseite der Danubia ist noch nicht aktualisiert.

 

Mittelfristig aber könnte die Burschenschaft in den Stadtbezirk Schwabing-Freimann ziehen. Zumindest hat sie sich offenbar ein Haus an der Potsdamer Straße zugelegt. Der Münchner Rechtsanwalt Michael Scheele bestätigte der SZ: "Ja, die Danubia hat das gekauft." Scheele bekam Anfang des Jahres Post vom Vorsitzenden des Bezirksausschusses (BA) Schwabing-Freimann, Werner Lederer-Piloty (SPD). Der erzählt, man habe damals Gerüchte gehört, dass das Anwesen mit der Adresse Potsdamer Straße 1a an "eine extrem rechte Burschenschaft" verkauft werden solle. Deshalb habe er Scheele angeschrieben, weil er den Anwalt für den Eigentümer hielt. Scheele habe ihm geantwortet, und man habe zu der Sache auch einmal telefoniert. Scheele, der in der jüngeren Vergangenheit unter anderem Corinna Drews und 1860-Investor Hasan Ismaik vertrat und mit Angela Wepper vor Gericht um ein Aktienpaket stritt, sagt nun aber, nicht er, sondern "eine Kapitalgesellschaft" habe die Immobilie an die Danubia verkauft. Ob und wie er mit dieser Gesellschaft verbunden sei, wollte Scheele nicht sagen.

 

Offen ist noch, wie es mit diesem Anwesen, das ebenfalls mehrere Millionen Euro wert sein dürfte, weitergeht. Theoretisch könnte die Danubia es vermieten oder weiter verkaufen. Deutlich wahrscheinlicher erscheint es, dass sie dort ihr neues Domizil einrichtet. Dieses ebenfalls denkmalgeschützte Anwesen wäre jedenfalls angemessen repräsentativ für eine Burschenschaft. Willkommen wäre diese im Viertel allerdings nicht. "Wir fürchten eine ernsthafte Störung unserer toleranten Schwabinger Stadtteilgesellschaft", sagt der Bezirksausschuss-Vorsitzende Lederer-Piloty. "Aber wir haben die Power, dagegen zu halten."