Pegida-Chef Bachmann vor Gericht: Anwältin fordert Einstellung des Verfahrens

Erstveröffentlicht: 
19.04.2016

Das Dresdner Amtsgericht erlebte am Dienstag großen Zulauf für den Prozess gegen Pegida-Chef Lutz Bachmann. Der mehrfach Vorbestrafte muss sich wegen Volksverhetzung verantworten. Seine Anwältin forderte die Einstellung des Verfahrens.

 

Dresden. Wie erwartet erlebt das Dresdner Amtsgericht am Dienstag einen großen Zulauf für den Prozess gegen Pegida-Chef Lutz Bachmann. Der mehrfach Vorbestrafte muss sich ab 10 Uhr wegen Volksverhetzung verantworten. Im Amtsgericht ist jeder verfügbare Zuschauerplatz besetzt.

 

Der 43-Jährige selbst äußerte sich nicht vor Gericht. Für Bachmann sprach seine Anwältin und forderte eine Einstellung des Verfahrens. Sie machte geltend, dass Bachmann die Posts im September 2014 nicht selbst geschrieben habe. Zudem habe die Staatsanwaltschaft es versäumt, bei Facebook entsprechende Nachweise für die Urheberschaft der Posts zu erbringen.

 

Die Anwältin führte außerdem an, dass ein von der Verteidigung gefordertes Rechtsgutachten zum Vorwurf der Volksverhetzung nicht angenommen worden sei. Auf dieser Grundlage sei ein faires Verfahren nicht möglich, erklärte sie.

 

Anderthalb Stunden nach Beginn wurde der Prozess für eine Pause unterbrochen. Zuvor wurde ein Video von einer Pegida-Kundgebung im Februar gezeigt, auf der Bachmann Bezug zu den auf Facebook veröffentlichten Posts nimmt. 

 

Bachmann erscheint mit Zensurbrille


Bereits am frühen Morgen warteten die ersten mutmaßlichen Bachmann-Unterstützer auf Einlass, um sich einen der begehrten Plätze im Verhandlungssaal zu sichern. Auch Gepida und die Satirepartei „Die Partei“ sind vor Ort. Der Angeklagte selbst erscheint mit seiner Ehefrau gegen 9 Uhr, ausgestattet mit einer Zensurbrille, die wie ein schwarzer Balken vor den Augen sitzt und einer Zahnbürste. Das Ehepaar nimmt ein Bad in der kleinen Menge, Angela Merkel und die Gegendemonstranten ernten Schimpfworte.

 

Etwa 20 Minuten vor Verhandlungsbeginn verschwindet Lutz Bachmann mit seiner Anwältin im Amtsgericht. Etwa 70 seiner Anhänger harren vor dem Gebäude aus und skandieren Pegida-Parolen. Gut 50 Meter entfernt stehen weiterhin Gegendemonstranten von Gepida und der „Partei“. Letztere machen mit Sprechchören a la „Bier trinkt das Volk“ auf sich aufmerksam. 

 

Anklage wegen Volksverhetzung


„Viehzeug“, „Gelumpe“, „Dreckspack“. Wegen dieser menschenverachtenden Titulierung von Ausländern steht Bachmann, Mitgründer und Kopf des fremden- und islamfeindlichen Pegida-Bündnisses, vor Gericht. Die sechseitige Anklage der Staatsanwaltschaft lautet auf Volksverhetzung. Im Falle einer Verurteilung drohen dem 43-Jährigen eine Geldstrafe oder bis zu fünf Jahre Gefängnis. Dem Gesetz zufolge macht sich strafbar, wer in einer Art zu Hass „gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe“ anstachelt, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören. Oder wer eine Schrift öffentlich macht, die die Menschenwürde dieser Gruppe „dadurch angreift, dass diese beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet“ wird.

 

Die angeklagten Äußerungen sollen aus Facebook-Kommentaren Bachmanns vom September 2014 stammen. Aus einer Zeit also, als es die „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (Pegida) noch nicht gab und von Bachmann in den Medien noch keine Rede war. Als die Postings und noch dazu ein „Hitler-Selfie“ mit Scheitel und Oberlippenbärtchen im Januar 2015 bekanntwurden, gingen mit Bachmann schon bis zu 25.000 Menschen montags in Dresden gegen die angebliche Islamisierung auf die Straße. Die Aufnahme der Ermittlungen wegen Volksverhetzung wenig später führten dann zu einem kurzfristigen Rückzug Bachmanns aus dem sogenannten Orga-Team, seine Rückkehr kurz darauf zur Spaltung der Pegida. Seither hat sich das Bündnis deutlich nach rechts bewegt und radikalisiert. Zuletzt liefen noch etwa 3000 selbst ernannte „Patrioten“ montagabends in Dresden mit.

 

Der Weg Bachmanns vor seinen Richter Hans Hlavka ging um einige Ecken: Ursprünglich wurde er vor dem Schöffengericht des Amtsgerichts Dresden angeklagt. „Wegen der besonderen Bedeutung des Falls, nicht wegen des zu erwartenden Strafrahmens“, sagt Oberstaatsanwalt Lorenz Haase. Das Schöffengericht wollte den Fall dann an das Landgericht abgeben, das oberhalb des Amtsgerichts angesiedelt ist. Dort sah man sich jedoch nicht zuständig und wies das Verfahren dem Strafrichter am Amtsgericht zu. Dieser nur mit einem Richter besetze Spruchköper unterhalb des Schöffengerichts behandele in der Regel Strafsachen, bei denen mit Geld- oder Freiheitsstrafen von bis zu vier Jahren zu rechnen ist, erklärt Haase.

 

Es ist nicht das erste Mal, dass der gelernte Koch vor einem Richter steht. Sein Vorstrafenregister reicht von Delikten wie Diebstahl, Einbruch und Körperverletzung bis Drogenhandel. Einer Haftstrafe entzog er sich Ende der 90er-Jahre durch eine Flucht nach Südafrika, von wo aus er jedoch nach zwei Jahren nach Deutschland abgeschoben wurde. Über ein Jahr saß der Mann - der null Toleranz gegenüber straffälligen Ausländern predigt - dann im Gefängnis. Dass ihm das wieder blüht, schließt Bachmann aus. Bei Facebook kommentierte er jüngst einen Bericht über einen Freispruch des britischen Rechtspopulisten und Pegida-UK-Gründers Tommy Robinson mit den Worten: „Glückwunsch Tommy! Dienstag 19.04.16 bin ich dann an der Reihe und nichts anderes als ein Freispruch ist auch da Pflicht!“

 

Martin Fischer/sl (mit dpa)