Kriminalbeamte beklagen, dass die vom BKA entwickelte Spähsoftware zur Quellen-TKÜ nur sehr eingeschränkt nutzbar ist. Die Kommunikation über gängige Messenger wie Whatsapp könne damit nicht abgehört werden.
Ermittler aus Bund und Ländern sind enttäuscht von der Einsatzfähigkeit des heftig umstrittenen neuen Bundestrojaners, den IT-Experten des Bundeskriminalamts (BKA) im Lauf von drei Jahren entwickelt haben. Dschihadisten, Rechtsextremisten oder andere Gefährder kommunizierten vor allem über Whatsapp oder andere Instant-Messenger, erklärte ein Beamter eines Landeskriminalamts (LKA) der Zeitung Die Welt. Derlei Chat-Programme könnten mit der speziell angefertigten Software aber gar nicht abgehört werden.
Dem Bericht nach ermöglicht das seit Kurzem freigegebene Spähprogramm mit seiner leidvollen Geschichte nur die sogenannte Quellen-Telekommunikationsüberwachung von Voice over IP (VoIP) über Skype auf Desktop-Rechnern mit Windows. Andere Betriebssysteme wie Apples Mac OS oder Linux blieben genauso außen vor wie Apps auf Smartphones oder Tablets. Die Schnüffelsoftware mag so auf die Bedürfnisse der Strafverfolger vor drei oder mehr Jahren eingehen, berücksichtigt die sich seitdem rasant fortentwickelte Welt der hauptsächlich mobilen digitalen Kommunikation mit Messengern auch wie Signal, Telegram oder Threema aber nicht.
"Steuergelder in Millionenhöhe verschwendet"
Aus Sicht der "Bedarfsträger" bei Polizei und Staatsschützern ist das Instrument so kaum brauchbar. Die Ermittler müssten beim begründeten Verdacht einer schweren Straftat und nach einer richterlichen Anordnung die Möglichkeit haben, "auf sämtliche Formen der digitalen Kommunikation zugreifen zu können", forderte André Schulz, Chef des Bunds deutscher Kriminalbeamter (BdK), gegenüber der Zeitung. Durch die politischen und rechtlichen Vorgaben sei die Polizei bei der Quellen-TKÜ generell zu "zeit- und kostenintensiven Bastellösungen" gezwungen, ärgert sich der Praktiker: "Wobei wir noch nicht mal wissen, ob diese vor dem Verfassungsgericht Bestand haben wird. So werden Steuergelder in Millionenhöhe verschwendet."
Das Bundesinnenministerium, das den Trojaner in Auftrag gegeben hatte, wollte nicht zu der Sache äußern. Man könne "keine detaillierten Informationen zu technischen Fähigkeiten und ermittlungstaktischen Verfahrensweisen der Sicherheitsbehörden geben", betonte eine Sprecherin des Ressorts gegenüber der Welt. Wie hoch die Anschaffungskosten für die Software waren, wollte das Ministerium auch nicht mitteilen. Noch "an die definierten Vorgaben" angepasst und überprüft werde derzeit eine kommerzielle Variante, die das Ressort beim FinFisher-Hersteller Gamma bestellt hat.
Verfassungsgericht urteilt bald
Prinzipiell soll der Bundestrojaner laufende Telekommunikation vor einer Ver- oder nach einer Entschlüsselung direkt auf dem Rechner oder einem anderen IT-Gerät eines Verdächtigen abgreifen können. Zur Gefahrenabwehr existieren dafür Rechtsgrundlagen für Quellen-TKÜ und heimliche Online-Durchsuchungen, insbesondere im BKA-Gesetz. Dagegen ist aber eine Verfassungsbeschwerde anhängig; Karlsruhe will das entsprechende Urteil am 20. April bekanntgeben. Völlig umstritten ist die Frage, ob Staatstrojaner auch zur Strafverfolgung eingesetzt werden dürfen. Das Innenministerium geht davon aus. Das Bundesjustizministerium prüft dagegen seit Langem, ob die Vorschriften präzisiert werden müssen. (axk)