Wertheim - Stimmen für ein angstfreies Miteinander

Erstveröffentlicht: 
03.02.2016

Die Demonstration am Sonntag zeigte, Teile der Wertheimer Bevölkerung sind verunsichert, was ihre Sicherheit betrifft. Dazu besteht kein Grund, versichert Polizeirevierleiter Olaf Bamberger.

 

Der Schwerpunkt in der Wertheimer Polizeiarbeit liegt seit September beim Thema Flüchtlinge (wir berichteten). Den Gemeinderäten beantwortete der Wertheimer Revierleiter Olaf Bamberger am Montag deren drängendste Fragen. Sein Fazit: "In Wertheim lässt es sich nach wie vor sicher und gut leben. Wir sollten sie Situation nicht dramatischer darstellen, als sie ist. Wir sollten sie aber auch nicht verniedlichen."

 

Auch Mirco Göbel stand als Leiter der Erstaufnahme (EA) Rede und Antwort. Er berichtete, dass die Zahl der Flüchtlinge in der Wertheimer EA mit 312 Personen - davon 116 Männer, 63 Frauen und 133 Kinder - einen Rekordtiefstand erreicht habe. "Die Lage ist entspannt", sagt er. Schockiert zeigte sich Göbel angesichts des "Anschlags" mit einer Rauchgranate. Die Demonstration am Sonntagmorgen bezeichnete er dagegen als "angemessen". Ob man inhaltlich übereinstimme, sei eine andere Sache. Gleichzeitig verwies er auf die Bemühungen, die im Stadtteil Reinhardshof bereits angestoßen worden seien: Angebote wie das Gesprächscafé, die Bürgersprechstunde, die Möglichkeit, kurzfristig um eine Stadtteilbeiratssitzung einzuberufen, und auf Gespräche mit Einzelnen. Er selbst sehe mit großer Sorge auf die Abspaltung der Russlanddeutschen und rief dazu auf, alle Wertheimer mit einzubeziehen. "Wer aktiv Flüchtlingshilfe betreibt, sorgt für ein angstfreies Miteinander", betonte er.

 

Ein Nachspiel wird die Demonstration in einem Treffen zwischen Oberbürgermeister Stefan Miculicz, den Veranstaltern der Demo, Polizei und Stadtteilbeirat Reinhard shof und Mirco Göbel haben. Ziel sei es, sich über Ängste und Sorgen auszutauschen, sagte der OB.

 

Gemeinderäte fragen – Olaf Bamberger und Mirco Göbel antworten
  • Welche Erkenntnisse werden aus dem Tumult vor Weihnachten gezogen? Bamberger: Der Ablauf des Einsatzes ist Gegenstand einer Nachbereitung, an der an diesem Mittwoch die Polizei Wertheim und das Polizeipräsidium Unterfranken, Vertreter der EA und ein Sicherheitsberater teilnehmen.
  • Wie groß ist das Problem des Alkoholmissbrauchs bei Flüchtlingen? Bamberger: Seit dem Spätherbst hat Alkohol eine Rolle gespielt und vermehrt zu Einsätzen geführt. Allerdings waren Teile der Vorkommnisse konkret mit einzelnen Bevölkerungsgruppen verknüpft. Jetzt hat sich die Lage etwas beruhigt.
  • Wie kann die EA-Leitung Alkoholmissbrauch verhindern? Göbel: Alkohol wird vor allem von Nordafrikanern konsumiert. Wir haben es hier in vielen Fällen mit einem Krankheitsbild zu tun. Selbstverständlich ist Alkohol in der EA verboten, trotzdem wurde er auf das Gelände geschmuggelt. Diese Sicherheitslücken haben wir geschlossen.
  • Wie groß ist die Überstundenbelastung? Bamberger: Ich kann im Moment keine Aufstellung zur aktuellen Überstunden präsentieren. Aber die Situation ist im Griff.
  • Welche Informationen über Vorkommnisse in der EA werden an die Presse weitergegeben? Bamberger: Wir geben unsere Berichte an die Pressestelle des Polizeipräsidiums weiter, die dann entscheidet, was relevant ist. Göbel: Natürlich wird nicht über jede Bagatelle berichtet, ansonsten informieren wir auf der Lea-Facebook-Seite nahezu in Echtzeit.
  • Weshalb wird über den Anschlag mit der Rauchpatrone erst in der Dienstagsausgabe der Zeitungen berichtet? Bamberger: Pressemitteilungen, die eine Straftat betreffen, werden in Absprache mit der Staatsanwaltschaft veröffentlicht. Das war erst am Montag möglich.
  • Wie schnell ist die Polizei vor Ort? Bamberger: Man kann keine Einsatzzeiten in Minuten und Sekunden nennen, aber wir sind immer schnell oben.
  • Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit dem Sicherheitsdienst? Bamberger: In Ordnung. Es gibt einige Sprachprobleme, da manche Mitarbeiter kein Deutsch sprechen. Mittlerweile werden Einsatzmeldungen nur noch von den Schichtleitern abgesetzt. Zur Qualifikation kann ich nichts sagen.
  • Welchen Einfluss haben Salafisten in der EA? Göbel: Wir pflegen engen Kontakt zum Landesamt für Verfassungsschutz. Es ist nicht auszuschließen, dass wir Personen mit diesem Background haben, aber bisher haben wir noch keine Erfahrungen gemacht. Auch Neurekrutierungen sind nicht aufgefallen. In Zeiten, in denen die EA vollbelegt war, hat sich sogar eine Art Regulativ unter den Flüchtlingen gebildet, das kriminellen Kräften entgegengewirkt hat. kag