Am Samstag, den 23. Januar 2016, fand in der Stuttgarter Liederhalle der sogenannte „Gender-Kongress“ der selbsternannten „Demo für Alle“ statt. Die Frontfrau des reaktionären Zusammenschlusses Hedwig von Beverfoerde lud Interessierte ein, sich von konservativen Wissenschaftlern oder solchen, die es gerne wären, über die Gefahr von Gleichberechtigung, geschlechtersensibler Sprache und Aufklärung über sexuelle Vielfalt einlullen zu lassen.
Das Aktionsbündnis gegen die „Demo für Alle“, in dem auch das AABS Mitglied ist, mobilisierte ab 9 Uhr zu Gegenprotesten vor dem Haupteingang der Liederhalle. Das Bündnis hat sich zum Ziel gesetzt, über die Hetzer der „Demo für Alle“ und ihre Hintergründe aufzuklären, um den größt möglichen Protest gegen die Rechten auf die Straße zu tragen, damit der homophoben, frauenfeindlichen und erzkonservativen Bewegung etwas entgegengesetzt werden kann. Auch wenn die Rechten am Samstag nicht zu tausenden durch Stuttgart zogen, gab es im Bündnis Einigkeit darüber, mit den Protesten vor der Liederhalle Flagge zu zeigen und den Rechten keinen öffentlichen Raum zu bieten, wo sie widerspruchslos ihre rückwärtsgewandte Politik verbreiten können. Aus diesem Grund beteiligten sich etwa 250 AntifaschistInnen aller Bündniskräfte an den Protesten.
Die Allianz aus AfD, selbsternannten „besorgten Eltern“, Initiativen zum „Familienschutz“ und anderen Reaktionären, die im allgemeinen keine Berührungsängste mit Faschisten haben, ist konkreter Ausdruck des gesamtgesellschaftlichen Rechtsruckes in Baden-Württemberg. Im Zuge der Landtagswahlen erhoffen sie sich Zuspruch und Unterstützung insbesondere aus der CDU, um ihre reaktionären Forderungen anschlussfähig darzustellen und parlamentarisch durchsetzbar zu machen. Dabei mischt die AfD überall an vorderster Stelle mit, um sich ebenfalls für die Landtagswahlen in eine bessere Position zu bringen und ihre Mitglieder mobilisierungsfähig zu halten. An dem pseudo-wissenschaftlichen „Gender-Kongress“ nahmen über den Tag verteilt geschätzte 750 Personen teil.
Die Gegenkundgebung startete zu der Zeit, in der die meisten Besucher zum „Symposium“ wollten. Während am Infotisch des Bündnisses Mobilisierungsmaterial gegen die nächste „Demo für Alle“ am 28. Februar und weiteres antifaschistisches Infomaterial von PassantInnen begutachtet wurde, zogen AktivistInnen vor den Eingang zum Mozartsaal der Liederhalle, in dem das „Symposium“ stattfand. Viele verschiedene Transparente, die die Themen der Rechten aufgriffen, machten zudem auf unser Anliegen aufmerksam. Obwohl die Kälte eisig war, herrschte stets gute Stimmung bei den AntifaschistInnen. Das „Bündnis für Vielfalt“war ebenfalls mit einem Infotisch auf dem Platz vor der Liederhalle.
Wohl weil sich die Ordnungshüter beim „Alternativen Dreikönigstreffen“ der AfD am 6. Januar in Cannstatt (Bericht) mit den antifaschistischen Protesten gründlich verschätzt hatten und es somit möglich war, den Ablauf dieses AfD-Treffens relativ stark zu beeinträchtigen, sollten effektive Proteste an der Liederhalle von vornherein unterbunden werden. Daher war der Eingang der Liederhalle mit Hamburger Gittern abgesperrt und die Polizeikräfte legten ein sichtlich gereiztes Auftreten an den Tag. Es gab einige Platzverweise und Personalienfeststellungen; ansonsten ließen wir uns nicht provozieren und uns nicht bei unserem Protest einschüchtern. Insgesamt waren am vergangenen Samstag über 400 Polizisten im Einsatz, inklusive einer Reiterstaffel.
Trotz dem widrigen Wetter und der Uhrzeit waren wir viele; aber noch zu wenige, um den rechten Kongress zu verhindern. Wir müssen weiter daran arbeiten, über die Gefahr von Rechts aufzuklären und mehr Leute davon überzeugen, dass man vor allem aktiv auf der Straße dem Rechtsruck etwas entgegensetzen kann. Prinzipiell entscheiden wir selbst, mit welchen Mitteln wir gegen die Rechten vorgehen. Dabei müssen wir den Selbstschutz berücksichtigen und das Maß unserer Aktivitäten an die Gegebenheiten und Umstände anpassen. Das bedeutete konkret, dass es aufgrund der Kräftekonstellationen am letzten Samstag ein unmögliches Unterfangen gewesen wäre, den rechten Kongress praktisch zu verhindern.
Dennoch konnten wir mit den Protesten einiges erreichen: Nahezu alle Besucher des Kongresses mussten sich Parolen anhören, kamen oft erst gar nicht an die Gitter, um in die Halle zu gelangen und mussten in einer Art Spießrutenlauf einen anderen Eingang suchen. Darüber hinaus konnten wir viele PassantInnen mit Flyern und Reden darauf hinweisen, was in der Liederhalle für ein reaktionäres Treiben stattfindet und wie wichtig es ist, am 28. Februar gegen die „Demo für Alle“ auf die Straße zu gehen.
Am letzten Samstag wurde deutlich gemacht, dass die „Demo für Alle“ in Stuttgart keine Veranstaltung, egal wie vermeintlich wissenschaftlich, egal wo und wie, ohne unseren Protest veranstalten kann und wir sind uns sicher, dass sich die nächste „Demo für Alle“ mit noch größeren und breiteren Protesten als die letzten Male in Stuttgart konfrontiert sehen muss.
Es gibt kein Recht auf rechte Propaganda!
Kommt zu den Protesten gegen die nächste „Demo für Alle“ am Sonntag, den 28. Februar 2016 in Stuttgart.
Keine Ruhe den rechten Hetzern! Für ein solidarisches Miteinander!
Haltet euch auf dem Laufenden – informiert euch im Internet,
denn gerade im Wahlkampf lassen die Rechten kaum eine Möglichkeit aus, in die Öffentlichkeit zu treten.
Infos:
Blog des Antifaschistischen Aktionsbündnisses Stuttgart und Region (AABS)
Seite des Aktionsbündnisses gegen die „Demo für Alle“ auf Facebook.