Berlin/Dresden. Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) hat eine gewisse Blauäugigkeit der Politik in der Flüchtlingskrise eingeräumt. „Wir sind in den vergangenen Monaten zu idealistisch an die Flüchtlingskrise herangegangen“, sagte der Regierungschef der Zeitung „Die Welt“ mit Blick auf die massenhaften Übergriffe auf Frauen in Köln in der Silvesternacht. „Wir haben von hervorragend ausgebildeten Flüchtlingen gesprochen, die unser Land weiterbringen werden. Wir haben allen Flüchtlingen unterstellt, sie würden nach ihren Leidenswegen so froh sein, hier in Frieden leben zu dürfen, dass sie niemanden etwas Böses antun. Köln hat uns ein Menschenbild gezeigt, das wir bisher ignoriert haben.“ Die Linke im Landtag kritisierte Tillich scharf. Insbesondere die vielen Willkommensinitiativen hätten ein sehr realistisches Bild der Menschen, die gekommen seien, erklärte Fraktionschef Rico Gebhardt.
Führende CDU-Politiker haben unterdessen die Kritiker des Flüchtlingskurses von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zurechtgewiesen. Unionsfraktionschef Volker Kauder und CDU-Vize Julia Klöckner griffen die Initiatoren einer Unterschriftenaktion in der Fraktion gestern in Sitzungen der CDU-Führungsgremien scharf an. Kauder nannte es nach Informationen aus Teilnehmerkreisen „eigenartig“, dass sich Abgeordnete in einem Brief an die Kanzlerin wendeten, obwohl sie immer wieder Gelegenheit hätten, Merkel in der Fraktionssitzung persönlich anzusprechen.