Rechtsextreme feiern im Grazer Congress - Eine Information zu den Veranstalter_innen des sog. Akademikerballs in Graz 2016

Arminia Graz: Ein Hort des deutschen Fühlens

 Am 23. Jänner 2016 findet in Graz erneut der sog. „Akademikerball“ statt, die Veranstaltung der deutschnationalen Burschenschaften im Grazer Congress.

Als „honorige Leute“ bezeichnete Thomas Rajakovics, Sprecher von Bürgermeister Siegfried Nagl, die Veranstalter_innen, den GKR, den „Grazer Korporationsring“, zu dem sich mehrere Burschenschaften und Corps zusammenschließen. Tatsächlich handelt es sich jedoch um ein Gesellschaftsereignis der rechtsextremen Szene.


Erstmals verzichtete der GKR heuer darauf, auf der offiziellen Webseite die einzelnen Mitgliedsbünde des Ballkomitees bekanntzugeben oder wie in den letzten Jahren die Unterstützung des Balls durch die „Freiheitlichen Akademikerverbände“(FAV) öffentlich zu machen. Offenbar ist inzwischen die Angst zu groß, dass Kritiker_innen konkrete Details zur Ideologie der veranstaltenden Verbindungen äußern könnten.

 

Rechtsaußen – noch innerhalb des rechten Lagers: Grazer Burschenschaften

 

Die Geschichte der studentischen Korporationen ist untrennbar mit der Entwicklung des legalen und illegalen Rechtsextremismus verbunden. Ausschluss von Frauen*, Elitebewusstsein, eine strikte Hierarchie, die Anerziehung autoritärer Denk- und Handlungsmuster sowie ein völkisches und antisemitisches Weltbild sind seit dem 19. Jahrhundert zentral für das burschenschaftliche Selbstverständnis und drängen bis heute die liberalen Ideen völlig an den Rand.


Von den Grazer Verbindungen, die in den letzten Jahren den „Akademikerball“ organisierten, waren die Allemania, Germania, Arminia, Carniola, Frankonia und Cheruskia Mitgliedsbünde der „Burschenschaftlichen Gemeinschaft“ (BG).1 Die BG repräsentiert innerhalb des burschenschaftlichen Dachverbandes das rechtsaußen Spektrum und sieht sich selbst als Hüterin der völkischen Werte. In allen Konflikten der letzten Jahre mit liberaleren Verbindungen, vor allem aus Deutschland, vertrat die BG die rechtsextremen Standpunkte.

2012 veröffentlichte die BG die „Denkschrift aus den Reihen der Burschenschaftlichen Gemeinschaft“. Diese Schrift offenbart ein rechtsextremes bis neonazistisches Weltbild. Die Autoren behaupten darin, Unterschiede in Bezug auf Intelligenz und Charakter gebe es nicht nur zwischen Männern und Frauen, sondern auch zwischen sog. „Rassen“.


Den Zustand der deutschsprachigen Staaten beschreibt die Schrift der BG so: „Das deutsche Volk ist auf der Straße zum Volkstod schon ein beträchtliches Stück vorangeschritten. Gegen den drohenden Tod unseres deutschen Volkes hilft nur eine Neuerweckung der geistigen Kräfte und das Wiederaufdecken unserer Wesensart sowie eine Rückbesinnung auf die unserem Volk wesenseigenen Wert- und Kulturvorstellungen. Neben der Verringerung der Volkskraft durch fehlenden Nachwuchs und Überfremdung, durch Befürwortung der Abtreibung und durch Zerstörung der Familie, erlebt das deutsche Volk heute auch den Versuch des geistigen Völkermordes durch bewusste Zersetzung des Volksbewusstseins. Wir Burschenschafter tragen mit Verantwortung, die geistige und biologische Substanz des deutschen Volkes zu erhalten.“


Mitverantwortlich für diese „Zersetzung“ seien die „alliierten Kriegsgegner“ und ihre „ deutsche[n] Helfershelfer“, die „ihre vormalige Kriegspropaganda zur Umerziehung des deutschen Volkes umwandelten“. Die BG-Mitglieder protestieren gegen „Intoleranz“ gegenüber „althergebrachten Bezeichnungen“ wie „Neger, Zigeuner, Krüppel, Schwachsinnig“ und mahnen das Festhalten am „volkstumbezogenen Vaterlandsbegriff“ ein. 2


Diese Positionen tragen somit alle Burschenschaften mit, die der BG angehören. Denn wie die Autoren der „Denkschrift“ im Vorwort formulieren, handelt es sich dabei um eine „programmatische Schrift zum Selbstverständnis der Burschenschaftlichen Gemeinschaft“, die den Mitgliedsbünden „als Grundlage für die Unterrichtung der eigenen Mitglieder“ dienen soll.3


Burschenschaftliche Aktivitäten

 

Die burschenschaftlichen Buden waren in den letzten Jahren in Graz Schauplatz von Vorträgen mit Politiker_innen der neonazistischen NPD und anderer rechtsextremer Veranstaltungen. Die traditionell im Ballkomitee vertretene Burschenschaft „Arminia“ veröffentlicht auf ihrer Webseite ein Lied mit den Zeilen: „Herr Bruder traut zur Rechten, so reiche mir die Hand, und deute mir die Farben, an Deinem Burschenband./ So höre denn, ans Sterben, mahnt Dich der schwarze Rand. Du sollst den Tod nicht scheuen, fürs deutsche Vaterland!“ 2015 beteiligten sich die Grazer Burschenschafter an den Demonstrationen gegen die Geflüchteten: oder wie die Arminia formulierte, gegen „den Wahnsinn der Masseneinwanderung“.


Aber auch zu den hiesigen Neonazis gab es Verbindungen: Als sich 2012 mehrere Neonazis und Rechtsextreme für den brutalen Überfall auf eine Geburtstagsgesellschaft in einem Grazer Unilokal verantworten mussten, wurden der Grazer Burschenschafter Christian Juritz und der ex-Burschenschafter Richard Pfingstl dafür verurteilt.


Burschenschafter und „Freiheitliche Akademiker“


Eine enge Verbindung gibt es zwischen den Grazer Verbindungen und den „Freiheitlichen Akademikerverbänden“ (FAV), die u.a. die Zeitung „Aula“ herausgeben. Die „Aula“ ist eine zentrale Publikation des rechtsextremen Lagers mit zunehmend neonazistischen Tendenzen. Zahlreiche Autor_innen der „Aula“ gehören den Burschenschaften an. Die personellen Überschneidungen wurden etwa beim Festkommers der Burschenschaften im Juni 2015 in Graz deutlich, als die Festrede von Axel Kassegger gehalten wurde, der nicht nur Mitglied der Germania ist, sondern auch Vorstandsmitglied der FAV.


Die FAV treten daher seit Jahren als Unterstützer_innen des Grazer Akademikerballs auf. Welche Ideologie die FAV und die Autor_innen aus dem Burschenschaftsmilieu vertreten, zeigen die Inhalte der „Aula“:


Die „Aula“ veröffentlicht offen antisemitische und aggressiv rassistische Beiträge, aber auch geschichtsrevisionistische Propaganda und NS-Nostalgie sowie Artikel, in denen gegen „Rassenmischung“, Menschenrechte und Demokratie polemisiert wurde. Wiederholte beschimpfte die „Aula“ KZ-Überlebende als „Landplage“, zuletzt in der Ausgabe 7/8/2015.


Zitate aus der „Aula“:


„Deutschland hingegen als das geopolitische Herz Europas mit einer weitgehend gehirngewaschenen Bevölkerung … mit Medien, Bankhäusern, Politik und Verwaltung fest in zionistischen Händen, könnte bei zionistischen Plänen eine Rolle spielen. Schon versucht die zionistische Seite, letzte Widerstandsnester in Europa zu beseitigen… Sollte dieses gespenstische …Vorhaben eines Judenstaates in Deutschland Wirklichkeit werden, wären die Deutschen die Palästinenser.“ (5/2010)


„Nach einigen Stunden Klamauk verschwand dann der nette Neger mit der Kokosnuss.“ (über einen Schulworkshop von Fred Ohenhen; 6/2010)


„Dass ein Asiat kein Arier ist, sieht jeder ohne Nachweis. Für die DB steht daher ein solcher nicht zur Debatte. Vielmehr geht es um das Prinzip der deutschen Abstammung. Kann die DB glaubwürdig gegen Umvolkung und Überfremdung auftreten, wenn sie allen Ausländern freien Eintritt einräumt?” (8/2011)


„Diesem levitischem Zug zur Disziplinierung und Gewalttätigkeit verdanken Israel und die Juden ihre Weltstellung.[…] Der unbändige Wille zur Weltherrschaft durch Umsturz bestehender Ordnung brachte zwei soziale Phänomene hervor. Zum einen den engen Zusammenschluss der Juden untereinander. Zum anderen die zunehmende Entfremdung zwischen den Juden und ihren Wirtsvölkern […]Ist die jüdische Weltherrschaft nur noch eine Frage der Zeit? […] Lässt sich der Antichrist noch aufhalten?“ (3/2014)


„Die Tatsache, dass ein erheblicher Teil der befreiten Häftlinge aus Mauthausen den Menschen zur Landplage gereichte, gilt für die Justiz als erwiesen und wird heute nur noch von KZ-Fetischisten bestritten. […]Raubend und plündernd, mordend und schändend plagten die Kriminellen das unter der ‚Befreiung‘ leidende Land.“ (7/82015)


Ein angebliches Zitat von Walter Rathenau über die „herrliche blonde Rasse“ wurde so kommentiert: „Rathenau war als Jude weder blond, noch gehörte er zu dieser ‚herrlichen‘ Rasse!“ (7/8 2015)


„Wehren wir uns gegen die eurasisch-negroide Umvolkung deutschen Landes und ganz Europas!“ (12/2015)


„Aula“-Autor_innen bezeichneten die Flüchtlingsbewegung als Teil eines umfassenden Plans zur Abschaffung Europas, Deutschlands oder des „weißen Mannes“ (Richard Melisch), hinter dem „Freimaurer“ oder „Juden“ stünden. Melisch etwa machte eine als jüdisch identifizierte „heimatlose[n] Weltmacht“ als Verursacherin aus, die die „Weltherrschaft“ anstrebe. In der „Aula“ 12/2015 stellte Friedrich Romig die Flüchtlingsbewegung als Teil einer Destabilisierungspolitik dar, die dem „‘Generalstabsplan des Antichrist‘“ folge, hinter dem die Juden/Jüdinnen stünden. ‚Die Judaisierung der Welt‘.

 

Burschenschafter, die von „Volkszersetzung“ phantasieren und Begriffen wie „Neger, schwachsinnig, Krüppel“ nachtrauern, für die Überlebende von Mauthausen eine „Landplage“ sind und die die antisemitische Propagandalüge von der „jüdischen Weltherrschaft“ wiederaufleben lassen – „honorige Leute“ also, die mensch gefälligst in Ruhe im Congress tanzen lassen solle…

 

 - https://recherchegraz.noblogs.org/ -


1 http://www.burschenschaftliche-gemeinschaft.de/kontakt/bg-mitgliedsbuende.html

2 Alle Zitate aus: BG (Hg.), Denkschrift aus den Reihen der Burschenschaftlichen Gemeinschaft in DB und DBÖ, Wien 2012.

3 Vorwort zu: BG (Hg.), Denkschrift aus den Reihen der Burschenschaftlichen Gemeinschaft in DB und DBÖ, Wien 2012.