„Deutsche wehrt euch!“ hat ein unbekannter Zeitgenosse mit einem schwarzen Edding-Stift auf braunem Pappkarton geschrieben und mit Kabelbinder an ein Königsbacher Ortsschild gebunden. Warum wehren? Und gegen wen? Das wurde erst klar, wenn man zur Geisterstunde in der Nacht auf Montag ein bisschen im westlichen Enzkreis umhergefahren ist. Die Antworten gibt der anonyme Schreiber auf Pappkartons an anderen Ortsschildern in Königsbach-Stein, Bilfingen, Ispringen, Ersingen und Eisingen.
Der wohl von zahlreichen Ängsten geplagte Schreiber meint, sich gegen „Multikulti“ wehren zu müssen. Das Wort steht – durchgestrichen – auf einem Pappkarton. „Gutmenschen nein danke!“ oder „Lieber Aldi als Ali!“ heißt es andernorts. Der Schreiber steht anscheinend auf platte Hetzparolen. Da Polizeistreifen noch in der Nacht die mit fremdenfeindlichen Äußerungen bestückten Kartonschilder abgehängt haben und diese sich leicht und rückstandslos entfernen ließen, wird jetzt nicht wegen Sachbeschädigung ermittelt. Auch die Aussagen auf den Papkartons, so eine Polizeisprecherin, hätten keine strafrechtliche Relevanz.
In der Nacht auf den 20. Oktober 2015 hing schon einmal ein ähnliches Schild am Ortseingang von Ersingen. „Refugees go Home“ („Flüchtlinge geht heim“) stand dort. „In den Morgenstunden hat ein Mitarbeiter der Gemeinde das Schild gesehen und gleich entfernt“, sagte damals Bürgermeister Udo Kleiner. Ob es sich dabei um den gleichen besorgten Kartonbeschrifter wie im jüngsten Fall handelt, ist unklar.
Drei Wochen bevor das erste Pappschild dieser Art in Ersingen hing, hatten unbekannte Täter in Ludwigsburg, Bietigheim-Bissingen, Markgröningen, Schwieberdingen, Besigheim, Pleidelsheim, Kirchheim am Neckar sowie in Tamm und in Marbach am Neckar insgesamt 29 Ortsschilder mit gelber Folie überklebt. Darauf waren jeweils individuell die Ortsnamen in arabischen Schriftzeichen sowie ein Klammervermerk „ehemals...“ aufgedruckt, die mit der Ergänzung „refugees welcome“ versehen waren. Die Aufkleber wurden kriminaltechnisch untersucht.
Die Tat dürfte damals von mehreren und mobilen Tätern geplant und ausgeführt worden sein. Die gelbe, klebrige Metallfolie war nur sehr schwer und aufwändig zu entfernen. Die arabischen Schriftzeichen hatten wohl nicht Täter mit Arabischkenntnissen geschrieben, sie wurden wahrscheinlich mit Hilfe einer Übersetzungshilfe am Computer generiert und ausgedruckt.