Zu Kundgebungen gegen Hetze und Fremdenfeindlichkeit kamen am Samstag rund 450 Menschen in Öhringen zusammen. Wenige Meter davon entfernt versammelten sich rund 100 Gegner der deutschen Asylpolitik.
Die Glocken der St. Josephs- und der Stiftskirche erklingen am zweiten Adventssamstag um 15 Uhr: Sie läuten das ökumenische Friedensgebet ein, eine von drei Veranstaltungen, mit denen Menschen jeden Alters in der Großen Kreisstadt ein Zeichen gegen Fremdenfeindlichkeit und für Menschlichkeit setzen. 450 Öhringer und Bürger aus der Region finden sich nach Angaben der Polizei beim Parkhaus Alte Turnhalle ein, um einer zeitgleich stattfindenden Kundgebung von 100 Asylpolitik-Gegnern auf dem nur durch die Hunnenstraße getrennten Parkplatz Alte Turnhalle mit Worten Paroli zu bieten.
Rund 100 Einsatzkräfte aus dem Bereich des Polizeipräsidiums Heilbronn, von der Bereitschaftspolizei Bruchsal und dem Antikonfliktteam sind vor Ort, um dafür zu sorgen, dass alles friedlich verläuft. Bereits um 13.30 Uhr haben sich am Bahnhof unter dem Motto „Kein Platz für Rassismus und rechte Hetze in Öhringen“, zu dem Linke, Grüne, Gewerkschaften und antifaschistische Gruppierungen aufgerufen hatten, rund 150 Protestierende zusammengefunden, die später über den Innenstadtring zur Alten Turnhalle ziehen. Die sieben Redner, unter ihnen Florian Lany, Sprecher der Grünen Jugend Hohenlohe, und Salvatore Belucci, Sprecher der Organisierten Linken Heilbronn, erhalten immer wieder Beifall. „Man muss Courage haben, sein Gesicht zeigen und deutlich machen, dass die Mehrheit der Bevölkerung gegen rechte Gewalt ist“, erklärt Thomas Kache aus Güglingen am Rand der Demo. „Ich bin bereit, für das Asylrecht auf die Straße zu gehen.“ Mit rechten Parolen machen die Gegner der Asylpolitik seit Wochen auf sich aufmerksam.
Ängste
Auch an diesem Samstag kommen gut 100 Teilnehmer zur Kundgebung vor der Alten Turnhalle. Gitter und Polizisten versperren den Zugang zur Hunnenstraße. „Wir sind keine Rechten“, versichert ein Mann aus Talheim (55). Zuvor erklärt sein Bekannter aus dem Kreis Ludwigsburg, ihm gehe es um den Erhalt der deutschen Kultur, der deutschen Sprache, des Grundgesetzes. „Wir wollen keine No-go-Areas, wir wollen keine Parallelkultur.“ In der Nähe stehen zwei Männer mit Sonnenbrillen. Was sie herzieht? „Die Regierung handelt völkerrechtswidrig. Wir mischen uns in Kriege ein ohne UN-Mandat.“ Mehr wollen sie nicht sagen. So wie die meisten nichts sagen, sondern lieber den Rednern zuhören wollen. Die unternehmen einen Parforceritt durch die Asylpolitik: Sie sagen Nein zur „massenhaften Zuwanderung“, fordern mehr Soldaten, um die Grenzen zu sichern; sie sprechen nebenbei von Krankheiten, die Flüchtlinge „reinbringen“; sie möchten schnelle Abschiebungen. „Dann machen sich die anderen erst gar nicht auf den Weg.“
Zeichen gegen Rassismus
Es sind Äußerungen wie diese, die die Gegendemonstranten auf die Beine bringen. „Gerade in einer Zeit, in der rechte Hetze in Deutschland zunimmt, finde ich es wichtig, ein Zeichen zu setzen gegen Rassismus“, begründet eine 24 Jahre alte Studentin aus Heilbronn, warum sie – nicht zum ersten Mal – an diesem Samstag nach Öhringen gekommen ist. Auch Johannes Tiesler will „ein Zeichen setzen gegen den rechten Rand“. Jeder, der aus einem Kriegsgebiet vertrieben werde, habe ein Recht, aufgenommen zu werden, meint der 62-jährige Öhringer.