Nach den Morddrohungen gegen fünf Neonazi-Gegner aus dem Raum Nürnberg und den Anzeigen gegen Unbekannt tappt die Polizei noch im Dunkeln. Die Betroffenen hatten Todesanzeigen erhalten - ausgestellt auf ihren Namen.
Von: Thies Marsen und Jan Müller-Raith
"Als Journalisten, die über die Neonazi-Szene schreiben, sind wir es gewohnt regelmäßig beschimpft und bedroht zu werden". Die Betroffenen reagieren scheinbar gelassen auf die Todesdrohungen aus der rechten Szene. Einschüchtern lassen wollen sie sich nicht. Daher haben die Sozialwissenschaftlerin Birgit Mair, die regelmäßig in Schulen über Neonazis aufklärt, der verdi-Gewerkschaftssekretär Ulli Schneeweiß, der freie Journalist Jonas Miller, der unter anderem für "Die Zeit" und den Bayerischen Rundfunk arbeitet, der Nürnberger Linken-Stadtrat Titus Schüller sowie der Geschäftsführer der Nürnberg SPD, Rüdiger Löster gemeinsam Strafanzeige erstattet. Außerdem veröffentlichten sie eine gemeinsame Erklärung.
"Die aktuelle Attacke wird als das begriffen werden, was sie ist: Ein Angriff auf Wissenschaftler, Gewerkschafter und Journalisten, die für eine freie, tolerante und gerechte Gesellschaft kämpfen und zugleich ein Angriff auf alle, die sich gegen Nazis engagieren."
Rüdiger Löster aus einer gemeinsamen Mitteilung der vier Betroffenen
In der Mitteilung heißt es weiter: "Fast schon selbstredend ist daher für alle Betroffenen auch, dass sie in ihrem Engagement gegen Rassisten und Nazis keineswegs nachlassen werden." Die fünf betonen, dass sie sich von den Neonazis nicht einschüchtern lassen. Sie vermuten, dass die Täter entweder aus dem Umfeld der Neonazipartei "Der Dritte Weg" kommen, deren Anhänger erst vor knapp zwei Wochen in Wunsiedel aufmarschierten, oder aus dem Spektrum der Partei "Die Rechte", die jüngst Ziel von Großrazzien in Bamberg, Erlangen und Nürnberg wurde, weil Mitglieder offenbar Anschläge auf Flüchtlinge und Antifaschisten planten.
Im laufenden Jahr haben verschiedene rechtsextreme und rechte Gruppierungen wie Pegida, Nügida, die AfD und die Partei "Die Rechte" allein in der Stadt Nürnberg durchschnittlich alle zwei Wochen Kundgebungen und Aufmärsche veranstaltet. Initiativen gegen Rechts protestierten jeweils mit Gegenveranstaltungen. Birgit Mair, selbst Initiatorin zahlreicher Gegenveranstaltungen, sagte dem Bayerischen Rundfunk, sie beobachte "die größte Aufmarschserie überhaupt seit Kriegsende". Sie glaubt, die Neonazis hätten nicht damit gerechnet, "dass es so viel Gegenproteste geben wird".
Polizei tappt im Dunkeln
Die Staatsschutz-Abteilung der Fürther Kriminalpolizei ermittelt nun gegen Unbekannt. Der Tatvorwurf lautet Bedrohung und Beleidigung, sagte Polizeisprecher Peter Schnellinger der Bayerischen Rundfunk. "Wir gehen davon aus, dass es sich bei den Urhebern um rechtsextreme Kreise handelt", so Schnellinger. Bei der Suche nach den Absendern der Todesdrohungen hat die Polizei bisher aber noch keine konkreten Hinweise auf den oder die Täter. Die Ermittlungen stünden noch ganz am Anfang, sagte ein Polizeisprecher. Klar sei nur, dass die Mails mit den Todesdrohungen von einem Computer-Server im asiatischen Raum abgesetzt wurden. "Unsere Fachleute versuchen nun, über den Serverbetreiber Schritt für Schritt weiterzukommen". Solche Ermittlungen gestalteten sich aber oft schwierig.