Weinheim. (aktualisiert) Der erste Tag des NPD-Bundesparteitages in Weinheim neigt sich dem Ende zu. Bis 22 Uhr läuft noch ein sehenswertes Programm im Festivalzelt von „Weinheim bleibt bunt“ in der Werderstraße.
19.55 Uhr Soundition“, 20.25 Uhr Big Band des Werner-Heisenberg-Gymnasiums mit Anke Helfrich, 20.50 Uhr Dr. Woggle and the Radio.
Um 19 Uhr hat die Polizei eine erste Zwischenbilanz veröffentlicht. Demnach wurden nach den Krawallen - vornehmlich an der Peterskirche - insgesamt 201 Personen in Gewahrsam genommen. 16 Polizeibeamte wurden verletzt, davon ein Beamter schwer. Er konnte nach Angaben von Oberbürgermeister Heiner Bernhard das Krankenhaus mittlerweile wieder verlassen.
Für Demonstrationsteilnehmer seien zwei Rettungswagen eingesetzt worden, so die Polizei weiter, einzelne Demonstrationsteilnehmer mit Augenreizungen hätten sich nicht vom Rettungsdienst behandeln lassen wollen. Über die Anzahl der Verletzten unter den Demo-Teilnehmer lagen der Polizei keine Erkenntnisse vor. Alle anderen Veranstaltungen seien friedlich verlaufen.
Die Zahl der Teilnehmer der Demo, die zwischen 13.50 und 15.10 Uhr friedlich durch die Weinheimer Innenstadt zog, korrigierte die Polizei noch einmal nach oben. Anfänglich seien es nur 500 gewesen, aber nach der Zwischenkundgebung am Marktplatz wären bis zu 2000 Menschen weiter durch die Stadt zur Peterskirche gezogen.
Ganz anders klingt das Fazit vom „Antifaschistischen Bündnis Block NPD“: Es schreibt in einer Pressemitteilung von „unverhältnismäßigen Angriffen“ der Polizei, wodurch 120 Demonstranten verletzt worden seien. Zwei Verletzte auf Seiten der Gegendemonstranten hätten zur weiteren Behandlung in Kliniken gebracht werden müssen; bei einer Demonstrantin bestehe der Verdacht auf einen Halswirbelbruch. Abschließend heißt es in der Erklärung: „Die Polizei hat am Samstag den Parteitag der NPD mit einem brachialen Einsatz durchgesetzt. Von Deeskalation oder der viel zitierten "Verhältnismäßigkeit der Mittel" kann keine Rede sein.“
Beim NPD-Bundesparteitag in der Stadthalle musste der Weinheimer Jan Jaeschke, der zugleich Kreisvorsitzender des rechtsextremen Partei ist, eine Niederlage einstecken. Obwohl er nun schon zum dritten Mal daran mitgewirkt hat, dass der Parteitag in Weinheim stattfinden kann, reichte es nicht zum Sprung in den Bundesvorstand. Zwei Sitze im Vorstand waren zu wählen. Wie Jaeschke auf seiner eigenen Facebookseite mitteilte, belegte er bei fünf Kandidaten nur den dritten Platz.
Bereits um 18 Uhr hatten Vertreter der Stadt Weinheim und die Sprecher des Bündnisses „Weinheim bleibt bunt“ (WBB) zu einer Pressekonferenz eingeladen. Uli Sckerl, Sprecher von WBB und Landtagsabgeordneter der Grünen, sprach von einem „Tag mit Licht und Schatten“. Als Erfolg wertete er das durchgehend gut besuchte Festival in der Werderstraße. Sckerl sprach von etwa 1000 Besuchern im Laufe des Tages. Damit habe Weinheim eindrucksvoll und friedlich den Protest gegen die NPD artikuliert und „das andere Weinheim“ gezeigt, das für Lebenslust, Toleranz und Offenheit stehe. Aber er räumte ein, dass man sich bei der Kundgebung am Morgen mehr Teilnehmer erhofft habe. Etwa 500 Menschen seien gekommen.
Scharf verurteilten Sckerl und Weinheims OB Bernhard die gewalttätigen Auseinandersetzungen an der Peterskirche: „Das ist nicht das bunte Weinheim.“ Bernhard dankte ausdrücklich der Polizei für ihren Einsatz.
Der OB machte auch noch einmal deutlich, dass es seiner Meinung nach richtig war, das „Bunte Festival“ auf die Beine zu stellen. Sonst wäre Weinheim heute nur mit Bilder von der NPD und von gewalttätigen Demonstranten in Erinnerung geblieben.
Der OB warb erneut dafür, die Satzung der Stadthalle und des Rolf-Engelbrecht-Hauses zu ändern, um NPD-Parteitage für die Zukunft auszuschließen. Dazu müssten freilich alle Parteiveranstaltungen aus den beiden größten Versammlungsstätten der Stadt grundsätzlich verbannt werden. 2014 war der OB mit dieser Idee im Gemeinderat gescheitert. Jetzt sieht er bessere Chancen, zumal er andeutete, dass man diese Regelung nach zwei Jahren ja wieder auf den Prüfstand stellen könnte. Die Hoffnung, die dahinter steckt, ist, dass das Bundesverfassungsgericht bis dahin die NPD generell verboten hat.
Für das Weinheimer Asyl-Netzwerk NAWI, das ebenfalls bei WBB aktiv ist, erklärte Dirk Ahlheim: Es sei toll, was die Ehrenamtlichen, aber auch zahlreiche Flüchtlinge beim Festival auf die Beine gestellt haben. Aber als Bürger dieser Stadt wolle er solche Szenen wie an der Peterskirche nicht mehr sehen. „Es kann nicht sein, dass sich die Menschen nicht mehr aus ihren Häusern trauen.“ pro (Samstag 19.45 Uhr)