Ermittlungen nach „KZ-Rede“ von Pirinçci bei Pegida-Demo

Erstveröffentlicht: 
21.10.2015

Deutsch-türkischer Autor sorgt für Empörung / Tillich: „Unerträgliche Hetze“

 

Dresden. Die verbalen Entgleisungen des deutsch-türkischen Autors und Rechtspopulisten Akif Pirinçci bei der Pegida-Kundgebung am Montag in Dresden schlagen hohe Wellen und ziehen Konsequenzen nach sich. „Wir ermitteln wegen des Verdachts der Volksverhetzung“, sagte Oberstaatsanwalt Lorenz Haase gestern in Dresden. Für den umstrittenen Buchautor hat der Auftritt auch berufliche Folgen. Die Verlagsgruppe Random House teilte gestern mit, dass sie Pirinçcis Katzenbücher („Felidae“) aus dem Programm nehmen wird.

 

Ausschlaggebend für die Ermittlungen sei die Anzeige einer Privatperson, so Haase. „Wir prüfen die strafrechtliche Relevanz.“ Konkret gehe es um den Satz: „Es gäbe natürlich andere Alternativen, aber die KZs sind ja leider derzeit außer Betrieb.“ Pirinçci hatte ihn am Montag nicht auf Flüchtlinge bezogen. Vielmehr versuchte er damit, deutsche Politiker zu verunglimpfen, die – so seine Wortwahl – „zunehmend als Gauleiter gegen das eigene Volk“ agierten.

 

Die Politik reagiert empört auf die Hass-Rede. Bei der Kundgebung habe man erneut „unerträgliche Hetze“ erlebt, sagte Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU). „Wer hetzt, kann sich nicht auf freie Meinungsäußerung berufen. Er hat die Grenze der Meinungsfreiheit längst überschritten.“ Gleichzeitig begrüßte Tillich, dass die Staatsanwaltschaft Ermittlungen eingeleitet hat. Die Protagonisten von Pegida garnierten ihre Reden mit „Kampfbegriffen der NSDAP in der Weimarer Republik“, sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel. Ebenfalls mit Blick auf die„KZ-Rede“ sagte Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD), bei Pegida seien Neonazis am Werk, „was soll das sonst sein?“. Auch das Internationale Auschwitz Komitee verurteilte den Pirinçci-Auftritt als „ein widerliches Signal der Schamlosigkeit“. Die Instrumentalisierung des Begriffes „KZ“ lasse die Überlebenden deutscher Konzentrationslager, die KZs am eigenen Leib erfahren hätten, fassungslos und verstört zurück, teilte das Komitee mit.

 

Pegida-Chef Bachmann entschuldigte sich für den hetzerischen Auftritt Pirinçcis. Bei Facebook schrieb er gestern von einem „gravierenden Fehler“. Pirinçci habe am Montagabend vor der Semperoper eine nicht abgesprochene Rede gehalten.

 

Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Volker Beck hat unterdessen Strafanzeige gegen Pirinçci und Bachmann gestellt. Der Vorwurf laute auf Volksverhetzung im Zusammenhang mit der von Pirinçci gehaltenen „KZ-Rede“, sagte Beck. Die Anzeige sei in Bonn erstattet worden, dem Wohnort Pirinçcis. Schon vor einer Woche hatte eine Galgen-Attrappe eines Pegida-Anhängers an die Adresse von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sowie SPD-Chef Gabriel für bundesweite Empörung gesorgt.

 

Insgesamt aber verliefen die Kund­gebung zum ersten Jahrestag von Pegida sowie auch die Gegenproteste friedlicher als im Vorfeld befürchtet worden war. Nach Informationen der Leipziger Volkszeitung waren insgesamt über 45 000 Demonstranten auf den Straßen, 23 000 bei Pegida und 22 000 bei den Gegendemonstrationen. Mit einem Großauf­gebot von 1900 Beamten konnte die Polizei beide Lager weitgehend trennen. Im Vorfeld waren Ermittler davon ausgegangen, dass sich rund 2500 Gewaltbereite in beiden Lagern befänden. Am Rande der Kundgebung kam es immer wieder zu kleinen bis mittelschweren Auseinandersetzungen. Die Polizei ermittelt in mehreren Fällen wegen Landfriedensbruchs, Körperverletzung und Sachbeschädigung. Ein Team der Deutschen Welle wurde von Pegida-Anhängern ausländerfeindlich beschimpft und geschlagen.