GEW Sachsen: Rund 1000 neue Lehrer notwendig / Millionen-Prognose sorgt für weitere Warnungen
Von Marina Kormbaki, Winfried Mahr und Jürgen Kochinke
 Berlin/Dresden. Die Lehrergewerkschaft Erziehung und 
Wissenschaft (GEW) rechnet mit enormen Herausforderungen für Schulen und
 Kitas angesichts des Flüchtlingszustroms. Die GEW geht für die nächsten
 zwölf Monate von bundesweit rund 300000 zusätzlichen Schülern aus, die 
allein oder mit Eltern geflüchtet sind. "Um diesen ein gutes 
Schulangebot zu machen, sind rund 25000 Lehrkräfte zusätzlich 
notwendig", sagte die GEW-Vorsitzende Marlis Tepe dem RedaktionsNetzwerk
 Deutschland, dem auch diese Zeitung angehört. 
 In den Kitas erwartet die GEW bis zu 100000 zusätzliche Kinder. An 
Schulen würden jedoch nicht nur mehr Lehrer benötigt, sondern auch 
Schulpsychologen und -sozialarbeiter, sagte Tepe weiter. Zudem müssten 
viele Lehrer zusätzlich im Unterrichten von Deutsch als Zweitsprache 
geschult werden, hier gebe es bisher einen großen Mangel. 
Sachsens GEW-Landeschefin Uschi Kruse rechnet zum nächsten 
Schuljahreswechsel mit einem doppelt so hohen Bedarf an neuen Lehrern, 
nachdem der Freistaat zu Beginn des laufenden Schuljahres bereits rund 
500 Pädagogen zusätzlich eingestellt hatte. "Wenn die Prognosen bei der 
Flüchtlingszahl sich bewahrheiten, werden wir für das nächste Schuljahr 
in Sachsen an die 1000 Lehrerstellen zusätzlich benötigen", sagte sie. 
Ein ähnliches Bild ergibt sich für Thüringen, das zu Beginn des 
Schuljahres ebenfalls 500 neue Lehrer eingestellt hatte, so viel wie 
noch nie seit 1991. Dennoch kritisiert die GEW Thüringen diese Zahl als 
zu gering. Findet die Verteilung von Flüchtlingskindern - wie derzeit 
geplant - nach dem Königssteiner-Schlüssel statt, erhält Thüringen einen
 Anteil von 2,7 Prozent der Flüchtlingskinder. Rein rechnerisch ergibt 
sich daraus eine Forderung nach 680 Lehrkräften zusätzlich. 
Angesichts neuer Spekulationen über bis zu 1,5 Millionen Asylbewerber in
 diesem Jahr verschärfen unterdessen Politiker von Union und SPD ihre 
Warnungen vor einer Überforderung Deutschlands. Im letzten Quartal sei 
mit der Ankunft von bis zu 920000 Flüchtlingen zu rechnen, berichtete 
die "Bild"-Zeitung gestern unter Berufung auf eine interne Prognose 
nicht näher benannter Behörden. Das Bundesinnenministerium nannte die 
Zahlen zweifelhaft. Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) sieht bei 
der Aufnahme von Flüchtlingen die "Grenze des Machbaren" erreicht. 
Solche Zugänge über längere Zeit seien für Deutschland insgesamt und für
 Sachsen nicht zu bewältigen, sagte er. Laut Ulbig will Sachsen bis Ende
 der Woche die Plätze in der Erstaufnahme von derzeit etwa 12500 auf 
14000 aufstocken. Allein am letzten Wochenende kamen knapp 2000 
Flüchtlinge nach Sachsen.
 Alarm schlug auch der sächsische CDU-Innenpolitiker Christian Hartmann.
 "Die Zahl von 1,5 Millionen Flüchtlingen, die momentan im Umlauf ist, 
stellt eine völlig neue Dimension dar", sagte er. Sollte sich das 
bewahrheiten, müsste Sachsen rund 75000 Asylbewerber aufnehmen, allein 
in den nächsten drei Monaten mehr als in den zurückliegenden neun 
Monaten zusammen.
