400 Menschen demonstrierten gegen Verschärfung des Asylrechts

Erstveröffentlicht: 
11.10.2015

Das kommende Gesetzespaket zum Thema Asylrecht steht kurz vor seiner endgültigen Verabschiedung. Am Mittwoch soll es den Bundesrat passieren. Mehrere Parteien und Flüchtlingsverbände kritisieren den Vorschlag als zu ineffektiv und nicht zielführend, so auch 400 Menschen am Samstagnachmittag in der Leipziger Innenstadt. Begleitet wurde die Demonstration erstmalig von Gegendemonstranten aus dem LEGIDA-Umfeld.

 

Leipzig zeigte sich am Samstagnachmittag gespalten. Am Rande einer Demonstration mit circa 400 Teilnehmern fielen die Reaktionen unterschiedlich aus: Unterstützendes Daumen-Hoch, Kopfschütteln und gezeigter Stinkefinger bis hin zur trillerpfeifenden Gegendemonstrantin. Die Versammlung richtete sich gegen ein geplantes Gesetzespaket, das am Mittwoch durch den Bundesrat endgültig verabschiedet werden soll.

 

Beispielsweise wird darin neu geregelt, dass die gesetzliche Maximaldauer für die Unterbringung in Erstaufnahmeeinrichtungen von drei auf sechs Monate heraufgesetzt wird. Zu solchen Einrichtungen zählen unter anderem die Gemeinschaftsunterkünfte in der Ernst-Grube-Halle oder die Friederikenstraße in Dölitz.

 

Zudem sollen weitere Balkanstaaten als sichere Herkunftsländer deklariert werden. Dadurch erhofft man sich, bereits dort registrierte Flüchtlinge abschieben zu können und somit die Personen in die Verantwortung der Länder zu übergeben.

 

Flüchtlingsinitiativen sprechen in diesem Zusammenhang von einer Verschärfung des Asylrechts, so auch der Leipziger „Initiativkreis: Menschen.Würdig.“ „Wir halten das geplante Gesetz für menschenunwürdig und insbesondere vor dem Hintergrund der Geschehnisse des Sommers 2015 für einen politischen Skandal“, teilte im Vorfeld zur Demonstration Kim Schönberg von der Initiative mit.

 

In einer Pressemitteilung von Ende September kritisierte ebenfalls der Verein Rat für Migration das Paket aus einer anderen Perspektive. Es handelt sich dabei um einen Zusammenschluss von über 100 Migrationsforschern. „Einerseits soll die Aufnahme und Versorgung von Asylbewerbern entbürokratisiert werden“, hob Jochen Oltmer hervor, „andererseits sind Maßnahmen zur Kontrolle von Flüchtlingen vorgesehen, die für die Behörden in den Ländern und Kommunen eine stärkere Belastung und mehr Kosten bedeuten.“

 

„Wir hoffen, dass sie keinem Gesetz zustimmen, das nicht nur zivilgesellschaftliche, sondern auch ihre eigenen – vergangenen wie aktuellen – Forderungen und Erfolge aushöhlt“, appellierte Schönberg an SPD und Grüne. „Wir hoffen, dass sie, gerade wenn Menschenrechte auf dem Spiel stehen, sich klar zu diesen bekennen. Wir hoffen, dass sie statt geographische Grenzen nun politische Grenzen betonen.“

 

Schönberg zeigte sich glücklich über die rege Teilnahme. „Wir freuen uns, dass heute so viele Menschen mit uns zusammen ihren Widerstand gegen das geplante Gesetz klar und deutlich gemacht haben.“ Der Initiativkreis ging von 500 Teilnehmern am Nachmittag aus.

 

LEGIDA-Anhänger protestieren gegen Versammlung


Ganz ohne Widerspruch verlief die Veranstaltung allerdings nicht. Eine Gruppe von circa sechs Personen, die dem LEGIDA-Umfeld angehören, stellte sich demonstrativ an die Seite und begleitete die Versammlung. Eine Frau aus der Gruppe trillerte mit ihrer Pfeife – ein eher ungewöhnliches Demonstrationsmittel unter LEGIDA-Teilnehmern. Sie wolle sich auch einmal so dumm fühlen wie die Gegendemonstranten, die LEGIDA seit Monaten mit solchem Pfeifen belagern, teilte sie mehrmals im Streitgespräch mit Demonstranten lautstark mit.

 

Kurz vor einer Zwischenkundgebung am Neuen Rathaus kam es zu einem Gerangel zwischen einer Frau aus der LEGIDA-Gruppe, die versuchte, sich an die Demonstrationsspitze zu drängen. Es entwickelte sich ein Handgemenge, in dem man sich gegenseitig anging. Aus dem Handgemenge wurde nach bisherigen Informationen dann der Vorwurf, dass ein Demonstrationsteilnehmer die Frau in den Schwitzkasten genommen hätte. Was sich mit den Beobachtungen vor Ort nicht deckt. Mehrere Personalien von beiden Gruppen wurden durch Polizeibeamte aufgenommen.

 

Auf allzu viel Gegenliebe auch außerhalb der Demonstration traf der Gegenprotest nicht. Eine Passantin wünschte der pfeifenden Frau, sie möge im nächsten Leben Flüchtling sein – ein Perspektivwechsel, der so manchem LEGIDA-Teilnehmer vielleicht einmal gut tun würde.