4913 abgelehnte Asylbewerber: Ulbig will schneller abschieben

Erstveröffentlicht: 
29.09.2015

Sachsens Innenminister kündigt härteres Vorgehen gegen Westbalkan-Flüchtlinge an

 

Von Andreas Debski


Dresden. Sachsens Innenminister hat ein härteres Vorgehen gegen Flüchtlinge "ohne Bleibeperspektive" angekündigt. "Es muss eine klare Botschaft sein: Diejenigen aus dem Westbalkan haben keine Chance", machte Markus Ulbig (CDU) gestern unmissverständlich klar. "Wir können nicht für alle Menschen den Anspruch auf ein besseres Leben in Deutschland realisieren." Durch Informationen, die bereits in den Heimatländern auf dem Balkan beginnen, sollen potenzielle Flüchtlinge abgehalten werden, nach Deutschland zu kommen. "Arbeitsmigration geht nur noch, wenn sie aus einem sicheren Herkunftsland betrieben wird. Damit sollte niemand aus diesen Ländern mehr ein Interesse haben, hier Asyl zu suchen", erklärte der Innenminister die neuen Leitlinien, die unter anderem Arbeitsverträge als Voraussetzung festschreiben sollen.


812 Flüchtlinge in diesem Jahr abgeschoben

 
Mit der Einstufung von Albanien, Montenegro und dem Kosovo als sichere Herkunftsländer habe die Bundesregierung ein klares Zeichen gesetzt - das sich nun auch in den Abschiebungszahlen widerspiegeln soll. Im vergangenen Jahr wurden aus Sachsen 1037 Asylbewerber zwangsweise rückgeführt, wie es im Amtsdeutsch heißt. Bis Ende August sind es bislang 812. Daneben verließen 647 Flüchtlinge den Freistaat freiwillig, da ihr Asylantrag ohne Chance auf eine Bewilligung gewesen war. Ende August gab es in Sachsen 4913 ausreisepflichtige abgelehnte Asylbewerber. "Diese Zahlen sollen deutlich erhöht werden", gab Ulbig als Maßgabe vor.


So werde es nach dem organisato- rischen Umbau der Zentralen Ausländerbehörde auch ein Referat geben, das sich speziell mit Rückführungen - ob nun freiwillig nach einer Beratung oder per Zwang - beschäftigt. "Ziel ist, dass wir uns intensiver um diejenigen Menschen kümmern können, die Schutz brauchen und eine Bleibeperspektive haben." Konkret geht es insbesondere um syrische Kriegsflüchtlinge und deren Familien.


Das grundlegende Problem verortete Minister Ulbig allerdings abermals beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) - es dauere immer noch viel zu lange, bis über Asylanträge entschieden wird. Voraussetzung für eine Entspannung sei, dass die Verfahren "in einer entsprechenden Zeit abgeschlossen" und Asylbewerber bei einer Ablehnung damit schneller abgeschoben werden können, kritisierte der Innenminister das Bundesamt. Deshalb komme es zu einem Rückstau, der kaum noch zu bewältigen sei. "Wir arbeiten am Limit", gestand Ulbig gestern ein, "und wir werden die Aufgabe auf Dauer so nicht bewältigen können."


Seit Jahresbeginn sind in Sachsen 26000 Flüchtlinge angekommen, bis Ende Dezember werden es nach aktuellen Prognosen vermutlich 41000 sein. Interne Schätzungen gehen von bis zu 50000 Flüchtlingen aus, was einer Verdreifachung im Vergleich zu 2014 entsprechen würde. Gegenwärtig stehen 12500 Plätze in Erstaufnahmeeinrichtungen zur Verfügung. In dieser Woche soll eine weitere Unterkunft in Einsiedel (bei Chemnitz) eröffnet werden. Für die Kommunen heißt das: Sie müssen Tausende Asylbewerber zusätzlich aufnehmen, die "aus Kapazitätsgründen", so Ulbig, die Erstaufnahmeunterkünfte verlassen müssen. "Die Zahlen auf kommunaler Ebene werden sich ab dieser Woche deutlich erhöhen."


DRK-Chef: Einheimische attackieren Helfer

 
Der Sachsen-Chef des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), Rüdiger Unger, sprach gestern von einer "Riesenbelastung" der ehrenamtlichen Helfer in den Flüchtlingsunterkünften. "Wir sind seit Anfang Juli im Dauereinsatz", machte Unger klar. Pro Tag arbeiten sachsenweit 500 DRK-Mitarbeiter im Schichtdienst, die von täglich 350 freiwilligen Helfern - Studenten, Rentner, Vereine, Unternehmen - unterstützt werden. Bislang hat das DRK 280 Mitarbeiter neu eingestellt und etwa gleich viele Angestellte für Einsätze in Flüchtlingsquartieren umgesetzt. "Was uns Sorgen macht, sind die Verbalattacken gegen unsere Mitarbeiter im Umfeld von Erstaufnahmeeinrichtungen - sobald wir ankommen und Feldbetten abladen, sind wir Anfeindungen ausgesetzt", sagte Unger und fügte hinzu: "Wir haben kein Sicherheitsproblem in den Unterkünften, sondern in deren Umfeld, durch Einheimische."