Zentrum der Revisionisten

Erstveröffentlicht: 
26.06.2015

Die rechtsextreme „Gedächtnisstätte“ im thüringischen Guthmannshausen hat sich als zentraler Veranstaltungsort für Treffen von Geschichtsfälschern etabliert. Nachdem im vergangenen Jahr über 200 Rechtsextremisten in Guthmannshausen die offizielle Einweihung eines „Denkmals“ für die „deutschen Opfer“ des Zweiten Weltkriegs gefeiert hatten, standen und stehen in diesem Jahr wieder zahlreiche Veranstaltungen mit mehr und minder bekannten Geschichtsrevisionisten auf dem Programm des Vereins „Gedächtnisstätte“. Auch eine „Jubiläumsfeier“ der rechtsextremen Monatszeitschrift „Zuerst!“ soll bereits in der dem Verein seit 2011 zur Verfügung stehenden Immobilie über die Bühne gegangen sein, zudem ein Treffen der „Gesellschaft für freie Publizistik“.

 

In der ersten Jahrshälfte war bereits ein Vortrag des österreichischen Geschichtsfälschers Walter Marinovic, der in der Ankündigung als stellvertretender Chef des „Kulturwerks Österreich“ vorgestellt wird, vorgesehen. Ebenfalls für Veranstaltungen angekündigt waren Alfred E. Zips, Oberstleutnant a.D. und in rechtsextremen Kreisen als Referent umtriebig, Rolf Sauerzapf, Vorsitzender des „Allgemeinen Deutschen Kulturverbandes“ und Aktivist im „Verein für deutsche Kulturbeziehungen im Ausland“ (VDA), Roland Wuttke, Schriftleiter der Neonazi-Zeitschrift „Volk in Bewegung“, sowie der thüringische „Gebietsleiter“ des Holocaust-Leugner-Netzwerks „Europäische Aktion“ (EA), Axel Schlimper.

 

„Organisationsübergreifendes Netzwerk“ aufbauen

Über die von ihm ins Leben gerufene „Deutsche Schule“ im Gegensatz zur Frankfurter Schule der Kritischen Theorie sollte Andreas Wolfgang Sauer sprechen. Hintergrund ist die angebliche „Umerziehung“ durch die Kritische Theorie, die von Rechtsextremisten jüdischen und amerikanischen Kreisen zugeschrieben wird. Ein solcher Vortrag Sauers war bereits beim „Lesertreffen“ des Neonazi-Blattes „Recht und Wahrheit“ 2014 angekündigt. Am vergangenen Wochenende stand dann eine Sonnenwendfeier auf dem Programm, dazu ein Vortrag des Rechtsextremisten Pierre Krebs vom Kasseler „Thule-Seminar“. Wegen solcher Verbindungen des Vereins „Gedächtnisstätte“ spricht der niedersächsische Verfassungsschutz von Bemühungen, „ein organisationsübergreifendes Netzwerk aufzubauen“.

 

Mindestens ein Referent sprang in diesem Jahr bereits ab. Der Chefredakteur des russischen Propagandasenders „RT Deutsch“, Ivan Rodionov, war im Jahresprogramm angekündigt, um über den Ukraine-Konflikt zu sprechen. Rodionov, der auch die Video-Nachrichtenagentur „Ruptly“ in Berlin leitet, hatte in einem Zeitungsinterview den rechtsextremen französischen Front National, der vom Kreml einen Kredit in Millionenhöhe gewährt bekam, als „eher national-konservativ“, keinesfalls jedoch rechtsextrem bezeichnet.  Den Vortrag bei der „Gedächtnisstätte“ sagte Rodionov nach einer Anfrage des NDR ab.

 

„Liederabend“ mit Frank Rennicke

Nach einem „Trainings-Seminar Kommunikation“ von Wolfgang R. Grunwald im Juli soll dann am ersten Augustwochenende ein Sommerfest in Guthmannshausen stattfinden, zu dem ein „Liederabend“ mit NPD-Barde Frank Rennicke und ein Vortrag zur „Lage in Deutschland“ von „Gedächtnisstätte“-Vorstand Paul Latussek gehören. Parallel zu einem Referat von EA-Mann Schlimper sollen „Spiele für die Kleinen“ und „Wettkämpfe für die Jugendlichen“ angeboten werden.

 

Der Verfassungsschutz in Thüringen attestiert dem Verein, „geschichtsrevisionistisches Gedankengut in demokratische Bevölkerungskreise zu transportieren“ und warnt: „Unter dem Deckmantel des Gedenkens an die deutschen Opfer des Zweiten Weltkriegs agitiert der rechtsextremistische Verein gegen den demokratischen Verfassungsstaat.“ Die Vereinigung ist jedoch noch immer vom Finanzamt im nordrhein-westfälischen Herford als gemeinnützig anerkannt, wird somit indirekt vom Staat mitfinanziert.