Anklage gegen prügelnden Polizisten in Chemnitz

Erstveröffentlicht: 
10.06.2015

Beschwerden über hartes Durchgreifen der Polizei bei Demonstrationen gab es in der Vergangenheit häufig. Zu einer Anklage kam es aber selten. In Chemnitz ist das jetzt anders. Ein Polizist wird beschuldigt, einen Jugendlichen ohne Grund geschlagen zu haben. Die Diskussion um Polizeigewalt beschäftigt diese Woche auch den sächsischen Landtag. Die Grünen fordern eine Kennzeichnungspflicht für Polizisten.

 

Gegen einen Polizisten, der im Februar in Chemnitz einen Demonstranten geschlagen haben soll, ist Anklage erhoben worden. Das hat eine Sprecherin der Behörde dem MDR bestätigt. Der 28-Jährige Bereitschaftspolizist aus Chemnitz wird beschuldigt, einen Jugendlichen auf einer Anti-Pegida-Demonstration ohne Grund mit der Faust geschlagen haben. Allerdings habe das Gericht noch nicht über die Eröffnung einer Hauptverhandlung entschieden. Offenbar hat der Polizist aber nicht zum ersten mal körperliche Gewalt angewendet. Er muss sich nach Angaben der Staatsanwaltschaft bereits am 1. Juli wegen eines anderen Vorfalls vor dem Amtsgericht Chemnitz verantworten. Der Vorwurf lautet auf Körperverletzung im Amt. Der Polizist soll bei einer Ausweiskontrolle übermäßig hart vorgegangen sein, als sich der Kontrollierte widersetzte.

 

Der Übergriff des Polizisten war durch ein Video im Internet öffentlich gemacht worden. Es zeigt, wie zwei Beamte in Schutzkleidung einen Teilnehmer der Pegida-Gegenkundgebung in Chemnitz abführen. Dabei versetzt einer der Polizisten dem Festgehaltenen unvermittelt einen Schlag mit der Faust in die Magengrube - das Opfer sackt zusammen.

 

Übergriffe der Polizei in der Kritik


In Sachsen gab es in letzter Zeit häufig Beschwerden über ein unnötig hartes Durchgreifen von Polizisten bei Demonstrationen - vor allem Zusammenhang mit Anti-Pegida-Demonstrationen in Dresden und Leipzig. Eine Anfrage der Linke-Landtagsfraktion an das Innenministerium ergab, dass im Vorjahr gegen 182 Polizisten im Freistaat Verfahren wegen des Verdachts auf Körperverletzung im Amt eingeleitet wurden. In keinem der Fälle sei eine Schuld festgestellt worden. Ein großer Teil der Verfahren wurde demnach schon vor einer Anklage eingestellt, ein Teil ist noch nicht abgeschlossen.

 

Diskussion um Kennzeichnungspflicht


Die Grünen fordern seit längerem eine Kennzeichnungspflicht für Polizisten in Sachsen. Ein entsprechender Gesetzentwurf soll am Donnerstag in den Landtag eingebracht werden. Die Polizei dürfe dem Bürger nicht als "anonyme Masse" gegenübertreten, so der Innenexperte der Grünen, Valentin Lippmann. Opfer von Polizeigewalt hätten es häufig schwer, gegen nicht identifizierbare Beamten vorzugehen. Sachsens CDU lehnt die Initiative weiterhin ab. Laut SPD ist noch in diesem Jahr eine Beschwerdestelle geplant.