Die sieben Pegida-Kundgebungen in Villingen-Schwenningen haben die rechten Szene im Schwarzwald-Baar-Kreis gestärkt. Zugleich wächst der Widerstand der Antifa. Die aufgeheizte Atmosphäre hat bereits zu Gewalttaten geführt.
Jürgen Schützinger (62), langjähriger NPD-Landesvorsitzender und seit
drei Jahrzehnten Stadt- und Kreisrat in Villingen-Schwenningen, ist –
vor Zeugen – von drei Vermummten angegriffen und geschlagen worden, als
er asylfeindliche Flugblätter verteilte. Er hat Anzeige gegen Unbekannt
wegen Körperverletzung und "schweren Raubes" (wegen des Diebstahls der
Rest-Flugblätter) erstattet.
Einen weiteren Angriff gab es auf das Haus einer rechten Aktivistin im
Zollernalbkreis. Die Täter beschädigten Türen und Fenster und
beschmierten das Garagentor mit Antifa-Zeichen. Schaden: 2500 Euro. Bei
der Suche nach den Verursachern tappt die Polizei hier wie dort im
Dunkeln, ebenso im Fall des Übergriffs auf einen Pegida-Sympathisanten
mit Israel-Flagge vor der letzten Villinger Kundgebung.
Gegen "diese antideutschen Gewalttaten" haben Mitglieder der als
rechtsextrem bekannten "Freien Kräfte", die neuerdings auch unter dem
Namen "Der dritte Weg" auftreten, bereits zweimal ihre "volkstreuen
Kameraden" kurzfristig zu Demonstrationen in der Villinger Innenstadt
aufgerufen. Daran nahmen jeweils 20 bis 30 Mitglieder teil.
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Erst vor wenigen Tagen hat sich auf der Burgruine Waldau bei Königsfeld,
wo einst die Nazis einen Gottesdienst feierten, eine neue Bewegung
gegründet: das "Freikorps Villingen-Bodensee".
Der Name verrät die Gesinnung: Als Freikorps versteht man
paramilitärische Einheiten, der vornehmlich Ausgestoßene angehören,
unter anderem auch Straffällige. Die Gründungsfeier begingen die
Anhänger, wie sie auf Facebook per Foto demonstrieren, mit einer
schwarz-weiß-roten Reichsflagge.
Ihren ersten Auftritt hatten sie jüngst bei der Pegida-Demonstration in
Stuttgart, die maßgeblich von der "SBH-Gida", dem Ableger aus der Region
Schwarzwald-Baar-Heuberg, organisiert wurde. Zentrale Figur dieser
Gruppierung, die sich islamkritisch nennt, aber mehr und mehr zum
Sammelbecken rechter Bewegungen wird, ist Sabina Grellmann.
Mit Journalisten spricht die 28 Jahre alte Blondine aus Schwenningen,
die als Sachbearbeiterin in der Logistikbranche tätig ist, nicht. Nur
einer Lokalzeitung hat sie seltene Einblicke gewährt. Sie sei kein
Parteimitglied der NPD, sagte sie, räumte aber ein, dass "eine geringe
Anzahl" von Menschen aus ihrem Umfeld der NPD angehören. Die tummelten
sich unübersehbar bei den bisherigen Pegida-Kundgebungen auf dem
Villinger Münsterplatz – zum Beispiel ein junger Mann mit dem Tattoo
eines Wehrmachtssoldaten am Hals. Oder "Ordner", die eindeutig der
rechten Szene zuzuordnen waren. Oder Mitglieder der "Pforzheimer
Berserker", die aus einschlägigen Kreisen bekannt sind.
Nichts spricht dafür, dass sich die Atmosphäre beruhigt in
Villingen-Schwenningen. Schützinger tritt bei der Landtagswahl als
NPD-Kandidat an. Die SBH-Gida hat für den 7. Juni ihre achte Kundgebung
mit, so wörtlich, "einem beschaulichen Spaziergang durch die historische
Villinger Innenstadt" angekündigt.
Und die Antifa, die mehrfach ihre Gewaltbereitschaft angedeutet hat,
lässt keinen Zweifel daran, dass sie "Menschen, die zusammen mit
Faschisten und der NPD marschieren auch in Zukunft nicht die Straße
überlassen" wird.
Sabrina Grellmann kann das nicht beeindrucken. Was sie mehrfach
ankündigte, klang wie eine Drohung und sollte es wohl auch sein: "Wir
sind wie Fußpilz – wir kommen immer wieder."