Seit gut einem Jahr kampieren sudanesische Flüchtlinge auf einem Teil des Weißekreuzplatzes in der Oststadt, um auf vermeintlichen Ungerechtigkeiten des deutschen Asylrechts hinweisen. Bislang wurden sie geduldet, doch zum Jahrestag der Errichtung der Zeltstadt droht die Stimmung rund um das Areal zu kippen.
Hannover. Seit nunmehr gut einem Jahr kampieren sudanesische Flüchtlinge auf einem Teil des Weißekreuzplatzes in der Oststadt. Mit der Aktion wollen sie auf ihre Situation und die vermeintlichen Ungerechtigkeiten des deutschen Asylrechts hinweisen. Bislang haben die Anwohner die dauerhafte Protestaktion geduldet. Doch pünktlich zum Jahrestag der Errichtung der Zeltstadt droht die Stimmung rund um das Areal zu kippen. Insbesondere aus Sicht der dort ansässigen Gastronomen dürfe die Platzbesetzung bald ein Ende finden. „Sie haben ihre Anliegen vorgebracht und von hier aus viele Aktionen gestartet - jetzt muss es aber auch mal gut sein“, sagt ein Gastwirt, der seinen Namen aus Angst vor Repressalien nicht in der Zeitung lesen möchte.
Die Kritik an dem Zeltlager der Sudanesen richtet sich gegen unterschiedliche Punkte. Weil im Camp regelmäßig kostenloses Essen verteilt wird, fühlten sich auch viele Obdachlose und Leute aus dem Trinkermilieu zum Weißekreuzplatz hingezogen. „Die schlafen dann in den Eingängen der Läden und verrichten dort zum Teil auch ihr Geschäft“, sagt ein Betroffener. Bemängelt wird auch der Zustand des von den Flüchtlingen besetzten Areal des Weißekreuzplatzes. „Der ist von der Stadt vor noch nicht allzu langer Zeit für viel Geld hübsch gemacht worden, und jetzt wächst auf dem Zeltplatz so gut wie kein Gras mehr“, sagt ein Gastronom. Beschwerden gibt es zudem über den Gestank der Dixi-Toilette, die die Stadt für die Flüchtlinge aufgestellt hat. Darüber hinaus nehmen einige der Anwohner den Sudanesen ihr politisches Anliegen inzwischen nicht mehr ab. „Alle haben von den Behörden Unterkünfte zugeteilt bekommen, in denen sie leben können. Stattdessen treffen sie sich hier, haben die neusten Markenklamotten an, telefonieren mit Handys und surfen auf Tablets“, sagt ein Gastwirt.
Doch auch die sudanesischen Flüchtlinge sind derzeit unzufrieden mit ihrer Situation auf dem Weißekreuzplatz. In einer Stellungnahme zum Jahrestag der Besetzung des Areals, die der HAZ vorliegt, werfen sie den Politikern Ignoranz vor. „Oberbürgermeister Stefan Schostok, Doris Schröder-Köpf, Filiz Polat von den Grünen, sie alle kennen unsere Forderungen, aber sie haben nichts gemacht“, heißt es in dem Schreiben. Die Flüchtlinge kündigen an, weiter auf dem unteren Teil des Weißekreuzplatzes ausharren zu wollen. Den Jahrestag der Errichtung des Zeltlagers wollen sie im Juni mit einem großen Fest begehen, dessen Programm derzeit noch zusammengestellt wird.
Die Polizei als zuständige Versammlungsbehörde hat den Protest der Sudanesen unbegrenzt und unter gewissen Auflagen genehmigt. So lange die Flüchtlinge nicht gegen die Auflagen verstoßen, sieht die Behörde keinen Grund, gegen das Zeltlager vorzugehen. Auch Bezirksbürgermeister Michael Sandow (SPD) sieht keinen Grund, warum der Protest nicht fortgesetzt werden sollte. „Sie haben mit ihren Aktionen bereits eine Menge erreicht“, sagt er. So seien beispielsweise auch aufgrund der Proteste in der Stadt Willkommensnetzwerke für Flüchtlinge aufgebaut worden. Deswegen spricht er sich für eine Fortführung des Protestes aus. „Das Versammlungsrecht ist ein Grundrecht, und das darf nicht angetastet werden“, sagt Sandow.