Am Ende ging es ganz schnell. Ohne jegliche Diskussion und ohne Gegenstimme hat der Bad Säckinger Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung die für den Bau einer Notunterkunft an der Dürerstraße erforderliche Änderung des Bebauungsplans auf den Weg gebracht. Ob sie letztlich Bestand haben wird, werden die Gerichte entscheiden. Anlieger haben angekündigt, den Bau der Notunterkunft in ihrer Nachbarschaft auf dem Rechtsweg verhindern zu wollen.
Voll war es wieder auf den Zuhörerplätzen in der Mensa des 
Scheffelgymnasiums. Die allermeisten der Besucher waren Bewohner der 
Dürerstraße, zu deren Sprecher sich zunächst Bruno Hünenberger machte. 
Er und auch Günter-Ernst Hellwig nutzten die Fragemöglichkeit für Bürger
 redlich aus, um letztlich mehr als eine halbe Stunde lang in Fragen 
gepackt die eigene Position zur geplanten Notunterkunft in ihrer 
Nachbarschaft deutlich zu machen. "Die Stadt hat die Anlieger bei der 
eigentümlichen Standortwahl vollkommen außen vor gelassen", kritisierte 
Hünenberger etwa und beklagte, dass die 250 Unterschriften gegen den 
Standort niemanden zu interessieren scheinen. Er sprach von einem 
"seltsamen und völlig überraschenden Sinneswandel" des Gemeinderats, der
 doch zuvor ein Grundstück am Murger Weg in Obersäckingen als geeignet 
für eine Notunterkunft angesehen hatte. "Sind da Wiederholungstäter am 
Werk?", fragte Hünenberger, den Verdacht äußernd, dass der Standort 
Murger Weg – wie zuvor ein Standort für die Containersiedlung für 
Asylbewerber – auf Initiative aus Obersäckingen verworfen wurde. Den 
jetzt geplanten Standort für die Obdachlosen- und Asylbewerberunterkunft
 mit bis zu 30 Plätzen bezeichnete Hünenberger als "unglaublich eng", 
"Schattenloch" und "mieses Grundstück". Und weiter an die Adresse des 
Gemeinderats: "Wenn Sie den Standort Dürerstraße ablehnen, tun Sie etwas
 für die Obdachlosen."
				
				
"Wir erwarten, dass der Gemeinderat unsere Interessen wahrnimmt", war 
Günter-Ernst Hellwig nicht minder deutlich. Er fragte, ob der 
Gemeinderat einen Plan B in der Tasche habe. Offenbar geht Hellwig davon
 aus, dass die Anlieger einen Rechtsstreit mit der Stadt wegen der 
Notunterkunft gewinnen werden: "Ich fände es schade, wenn die 
Erweiterung der Beck-Arkaden durch das Verhalten des Gemeinderats 
verzögert würde."
Wie berichtet, muss die Stadt eine neue Notunterkunft für Obdachlose und
 Asylbewerber bauen, weil die bisherige Unterkunft der Erweiterung der 
Beck-Arkaden in der Innenstadt weichen muss.
Bürgermeister Alexander Guhl zeigte sich in seinen Antworten recht 
wortkarg. Dies wohl auch mit Blick auf die bevorstehende rechtliche 
Auseinandersetzung. Vehement verwahrte er sich gegen den erzeugten 
Eindruck, der Gemeinderat setze Einzelinteressen vor das Allgemeinwohl. 
Wegen der angekündigten rechtlichen Auseinandersetzung sei die 
Genehmigungsbehörde für den noch zu stellenden Bauantrag nicht mehr das 
eigene Baurechtsamt im Rathaus, sondern jenes im Landratsamt.
Damit der Bauantrag gestellt werden kann, müssen die bauleitplanerischen
 Voraussetzungen erfüllt sein. Dafür tat der Gemeinderat in seiner 
jüngsten Sitzung gleich mehrere Schritte auf einmal. Um möglichst wenig 
Zeit zu verlieren, soll der Bebauungsplan im sogenannten beschleunigten 
Verfahren durchgezogen werden. Parallel zum Aufstellungsbeschluss für 
die Änderung des Bebauungsplans Dürerstraße stimmte er auch gleich dem 
Planentwurf zu und schickte diesen in die Offenlage.
Der Bebauungsplan sieht auf dem Grundstück, das vom Waldfriedhof 
abgetrennt werden muss, den Bau einer Notunterkunft in Modulbauweise mit
 bis zu 30 Plätzen vor. Vorgesehen, so sagte es Peter Weiß vom 
städtischen Bauamt, sei eine Bauweise mit maximal zwei Vollgeschossen; 
das Haus solle ein Flachdach erhalten.
