Nichts neues aus Sachsen

We will rise

Auch die letzte Woche war in Sachsen wieder geprägt von zahlreichen rassistischen Mobilisierungen, die sich entweder gegen die Aufnahme weiterer asylsuchender Menschen oder aber eine befürchtete “Islamisierung des Abendlandes” richteten. An den montäglichen Spaziergängen beteiligten sich auch in der vergangenen Woche wieder mehrere tausend Menschen. Während sich bei den selbst ernannten “Patriotischen Europäern” um Lutz Bachmann wie schon in der Woche zuvor mehr als 6.000 Menschen auf dem Dresdner Altmarkt versammelten, blieben die PEGIDA-Ableger in Leipzig und Aue deutlich hinter den Zahlen aus Dresden zurück. Nach der Auftaktkundgebung von LEGIDA legte die Zahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf dem anschließenden Marsch durch die Messestadt auf insgesamt 800 Personen zu. Zeitgleich hatten rund 1.000 Menschen auf der Gegenseite mit eigenen Kundgebungen und Demonstrationen gegen den auf dem Augustusplatz gestarteten Aufmarsch protestiert.

 

An der ersten Veranstaltung von PEGIDA-Chemnitz-Erzgebirge nahmen am 9. März nach Angaben der Polizei knapp 750 Menschen teil. Unweit der Demonstration hatte die Polizei nach Störversuchen etwa 40 zumeist junge Menschen gekesselt und die Personalien aufgenommen.

 

In Dresden waren am vergangenen Montag parallel zu PEGIDA mehrere hundert Menschen einem Aufruf der Initiative in Erinnerung an den Mitte Januar ermordeten Asylsuchenden Khaled Idris Bahray gefolgt und vom Bahnhof Dresden Mitte bis zum Theaterplatz gezogen. In Redebeiträgen riefen sie die Bevölkerung dazu auf, sich im Alltag gegen Rassismus und für die Rechte von geflüchteten Menschen einzusetzen. Die Ereignisse der letzten Wochen hätten ihrer Ansicht nach deutlich gemacht, dass Menschen, “die ihre Stimme gehen Rassismus und gesellschaftliche Diskriminierung erheben, mit Gewalt bedroht werden”. Kurz nach dem Ende der Demonstration hatten sich etwa 200 Menschen zum mittlerweile schon 6. Postplatzkonzert eingefunden. (Fotos). Neben einem Redebeitrag des Islamwissenschaftlers Tobias Morike zum Begriff “Bio-Deutsch” sorgten diesmal die Jindrich Staidel Combo, Airwolf und der Dresdner Gnadenchor für musikalische Unterhaltung.

 

Unter dem Motto “Gegen Masseneinwanderung und Gewalt auf unseren Straßen” hatte am Donnerstagabend eine neu ins Leben gerufene Bürgerbewegung zu einer Veranstaltung auf dem Markplatz von Dippoldiswalde eingeladen. Rund 1.000 Menschen folgten schließlich dem vor allem über soziale Netzwerke verbreiteten Aufruf zu einem Abendspaziergang durch die 20 Kilometer südlich von Dresden gelegene Große Kreisstadt. Nach einer Vorstellung der Thesen von PEGIDA durch Mitveranstalter David Buchholz aus Schmiedeberg, zogen die Menschen anschließend schweigend eine kleine Runde durch die Stadt (Video). Der Aufzug endete schließlich nach etwa einer Stunde mit einem Redebeitrag durch einen Vertreter der Bürgerinitiative Wilsdruff, in dem er unter dem Applaus der Menge die sofortige Ausweisung aller nach Deutschland geflohenen jungen und gesunden Männer forderte. Bereits Ende Februar hatten sich im Dippoldiswalder Stadtteil Schmiedeberg 600 Menschen einer durch den Heidenauer NPD-Stadtrat Rico Rentzsch angemeldeten Demonstration angeschlossen und gegen eine Unterkunft für Asylsuchende protestiert.

 

Nach der mit “Sicherheitsbedenken” begründeten Absage einer Diskussionsveranstaltung zum Thema Asyl mit dem CDU-Bundestagsabgeordneten Klaus Brähmig im Freitaler Gasthof “Zum Goldenen Löwen”, versuchten am Freitag wie schon in der Vorwoche teilweise vermummte Nazis zu einer von geflüchteten Menschen bewohnten Unterkunft vorzudringen. Zuvor war am Gasthof eine Spontandemonstration mit 130 Teilnehmerinnen und Teilnehmern ohne Polizeibegleitung in Richtung des ehemaligen Hotels gestartet, da die eigentlich für den Tag vorgesehene Versammlung von den ursprünglichen Veranstaltern nach den Ereignissen in der Vorwoche abgesagt worden war. Am 6. März hatten Gruppen von Nazis aus einer Demonstration heraus die Polizei mit Feuerwerkskörpern beworfen und an mehreren Stellen versucht, zur Sammelunterkunft im Stadtteil Döhlen zu gelangen.

 

Am Samstag schließlich demonstrierten sowohl im ostsächsischen Bautzen, als auch in Flöha und Neustadt mehrere hundert Menschen gegen eine weitere Aufnahme von geflüchteten Menschen. Während die mit etwa 180 Teilnehmerinnen und Teilnehmern besuchte Veranstaltung in Flöha Medienberichten zufolge ohne besondere Vorkomnisse ablief, kam es am Rande einer von der Bautzner Stadträtin Daniela Stamm (Die Rechte) angemeldeten Demonstration immer wieder zu Übergriffen auf protestierende Menschen.

 

Dabei sollen nach Angaben des für die Gegenproteste verantwortlichen Bündnisses “Bautzen stellt sich quer” mehrfach Personen durch Nazigruppen angegriffen und teilweise verletzt worden sein, im Unterschied dazu hatte die mit 300 Einsatzkräften anwesende Polizei im Nachgang von einem “weitestgehend friedlichen und gewaltfreien” Verlauf der Veranstaltungen berichtet. In den Tagen zuvor hatten sich etliche aus dem Bürgerkrieg in Syrien geflüchtete Menschen zunächst geweigert, in eine neu in der Stadt eingerichtete Notunterkunft einzuziehen. Ein Sprecher begründete den wenig später beendeten Sitzstreik gegenüber der Sächsischen Zeitung damit, dass sie mit falschen Versprechungen nach Bautzen gekommen wären: “Hier ist es nicht besser als in den anderen Unterkünften. Wir wollen einfach nur wie Menschen behandelt werden und eine bessere Unterbringung bekommen.”

 

Auch für diese Woche sind wieder an zahlreichen Orten rassistische Proteste geplant. Während LEGIDA ihre Veranstaltung für eine Woche ausgesetzt hat, konnte in Dresden wieder mit rund 7.000 Menschen bei PEGIDA gerechnet werden. Zeitgleich zu der Veranstaltung in Dresden wollten sich in Chemnitz Anhängerinnen und Anhänger von CEGIDA am Schlossteich zum inzwischen schon 7. Abendspaziergang treffen.

 

Neben Mittwoch, an dem es in Frankenberg zu Protesten gegen “Asylmissbrauch” und die “Errichtung von Asylunterkünften” in der Stadt kommen sollte, findet am Samstag der 5. Spaziergang von HOYGIDA in Hoyerswerda statt, als Gastrednerin wird dort Tatjana Festerling erwartet.

 

Ebenfalls zu rassistischen Protesten war es am Donnerstag in Zschopau gekommen, dort sollten auf einer Einwohnerversammlung durch Oberbürgermeister Klaus Baumann (CDU) die Pläne zur Räumung des Jugendwohnheims des Berufsschulzentrums vorgestellt und diskutiert werden. In den Räumlichkeiten in der Johannisstraße sollen sehr zum Unwillen von Teilen der Bevölkerung schon heute 60 Asylsuchende untergebracht werden. Für den gleichen Tag hat das NPD-nahe Bündnis “Demokratischer Aufbruch Sächsische Schweiz” (DASS) zu einer Kundgebung mit anschließendem Spaziergang in Neustadt aufgerufen, an einer ersten Veranstaltung am vergangenen Donnerstagabend hatten sich etwa 150 Menschen beteiligt.