Rigaer Straße sorgt für Wirbel

Erstveröffentlicht: 
15.03.2015

Linksextremismus: Härteres Vorgehen der Justiz gefordert

Ohne linksalternative Hausprojekte wäre Berlin ärmer. Doch manche dieser Zentren machen seit einiger Zeit mit Straftaten von sich reden, die deutlich über das Besetzen von ungenutztem Wohnraum hinausgehen. Bezirks- und Landespolitiker fordern ein entschiedeneres Vorgehen.

 

Relevante Gegenstände

 

Im Fokus der Senatsinnenverwaltung stehen derzeit die Hausprojekte „Rigaer Straße 94“ in Friedrichshain und in der Köpenicker Straße 137 in Mitte. Deren Umfeld „wird von Teilen der linksextremistischen Szene als ‚autonomer Freiraum’ betrachtet, in dem rechtsstaatlichen Normen die Geltung abgesprochen wird“, so Innenstaatssekretär Bernd Krömer (CDU) in seiner Antwort auf eine Anfrage der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus. „Ihre gewaltsame ‚Verteidigung‘ gegen ‚Eindringlinge‘ gilt ihnen als legitim.“ Dazu würden neben der Polizei und Eigentümern auch Neumieter sowie Touristen zählen. Selbst Einrichtungen des Quartiersmanagements gerieten in den Fokus der Szene. Unter anderem seien 45 Polizisten verletzt worden, als sie nach einer Demonstration im Januar 2012 im Innenhof der Rigaer Straße 94 mit Reizgas besprüht und mit einer Eisenstange traktiert worden waren. Im August 2013 wurden dort laut Krömer 94 „sprengstoff- und waffenrechtlich relevante Gegenstände aufgefunden“. Hintergrund des Einsatzes waren Ermittlungen wegen Anschlägen auf das Jobcenter und wegen eines Angriffs mit Brandsätzen auf Polizisten am Kottbusser Tor. Krömer: „Es muss davon ausgegangen werden, dass es sich bei der Rigaer Straße 94 um einen Tat- und Rückzugsort von und nach begangenen Straftaten handelt.“ Im Falle der „Köpi 137“ sei hingegen einzig wegen des Verdachts der Beleidigung von Polizisten ermittelt worden.
Gute Arbeit. „Man darf nicht nur Probleme feststellen, man muss auch mit dem gesamten Repressionsapparat dagegen vorgehen“, fordert der Abgeordnete Tom Schreiber (SPD). Zwar seien zahlreiche linksextremistische Straftäter ermittelt worden, doch in den seltensten Fälle komme es zu einer Verurteilung. Schreiber sieht vor allem Versäumnisse auf Seiten der Justiz. „Abhilfe könnten Aus- und Weiterbildungsangebote zum politischen Extremismus schaffen“, sagt er. Das Bezirksamt habe die Dinge viel zu lange treiben lassen und trage seinen Teil der Verantwortung. Das Land Berlin müsse die Versäumnisse kompensieren. Peter Beckers (SPD), der für öffentliche Ordnung zuständige Stadtrat in Friedrichshain-Kreuzberg, sieht den Ball im Feld des Senats. „In der Rigaer Straße ist vor allem gute Polizeiarbeit gefragt, da kann das Ordnungsamt nichts ausrichten“, sagt er. Innensenator Frank Henkel (CDU) habe allerdings kein Konzept. Beckers: „Es gibt im Land Berlin keine Strategien, wie man gegen Kriminalitätshochburgen vorgeht. Auch beim Görlitzer Park hat sich Henkel erst bewegt, als die Missstände offenkundig waren.“ Weder Verfassungsschutz noch Landeskriminalamt hätten bei einer gemeinsamen Besprechung sagen können, was in der Rigaer Straße passieren soll.

 

Schnelle Antwort

 

In Friedrichshain könnte sich die Stimmung demnächst weiter aufheizen. Im vergangenen Dezember wurde das Haus an der Rigaer Straße 94 an eine Investmentgesellschaft verkauft. „Aggressionen gegen unser Haus wirken sich nicht nur als Angriff auf unsere Strukturen aus, sondern sind im Kontext von kapitalistischen Aufwertungsbestrebungen zu sehen und müssen gegebenenfalls schnell beantwortet werden“, teilte das Bündnis „Rigaer 94 verteidigen“ im Internet mit.

 

Nils Michaelis