Winfried Stöcker: Euroimmun gibt kein Geld mehr für Lübecks Uni

Winfried Stöcker: Euroimmun gibt kein Geld mehr für Lübecks Uni
Erstveröffentlicht: 
09.03.2015

Die Stellungnahme auf der Firmen-Homepage gleicht einer Abrechnung. Darin erneuert Winfried Stöcker viele seiner Ansichten. Zudem will er die Uni nicht mehr fördern.

 

Das Tischtuch ist endgültig zerschnitten. Die „klare Ansage“, die Euroimmun-Chef Winfried Stöcker in seinem 14-seitigen Schreiben unter der Überschrift „Gesinnungsterror in Fragen zur Asylpolitik“ zieht und so auch tituliert, ist unmissverständlich: „Euroimmun wird der Universität freiwillig keine Mittel mehr zur Verfügung stellen, solange dieser Präsident im Amt ist. Er hat geschafft, was vor fünf Jahren der Landesregierung nicht gelungen ist — dass sich Lübecks international führendes Biotechnologie-Unternehmen Euroimmun einen neuen Standort für seine Expansion suchen wird und mehrere äußerst erfolgreiche und beispielhafte Kooperationsprojekte abgebrochen werden müssen.“

 

Vorausgegangen war nach LN-Informationen ein Krisentreffen im Uni-Präsidium vor gut zwei Wochen, das anscheinend keine weitere Zusammenarbeit mehr ermöglicht hat. Stöcker wirft in seinen Ausführungen, die er auf seine Firmen-Homepage gestellt hat und in denen er wieder kräftig gegen gesellschaftliche Entwicklungen austeilt, Prof. Hendrik Lehnert vor allem „Unfairness“ im öffentlichen Umgang mit seiner Person vor. „Vor lauter Angst, dass seine Universität, deren Präsident er vor Kurzem geworden ist, einen kleinen Kratzer abbekommen könnte, lässt er einen hochverdienten Wissenschaftler und internationalen Unternehmer, der so viel für die Lübecker Universität getan hat, wie kaum ein anderer, als es ihrer Universitätsmedizin an den Kragen gehen sollte, wie eine heiße Kartoffel fallen.“ Persönlich war Stöcker trotz mehrmaliger LN-Anfrage nicht zu sprechen. Damit spielt der Firmenchef aus Blankensee auf die Stellungnahme von Lehnert an, die dieser „nach dem missglückten Interview“ — so Stöckers Wortwahl — abgegeben hatte. Mit dem Resümee: „Toleranz, Weltoffenheit und ein klares Bekenntnis zu multikulturellem Denken und Handeln sind unveräußerliche Werte unserer Campus- Kultur. Von dem Gedankengut, das Prof. Winfried Stöcker in der Sächsischen Zeitung geäußert hat, distanzieren wir uns auf das Nachdrücklichste.“ (LN berichteten).

 

Lehnert, der momentan in Australien weilt, sagte: „Wir bedauern diesen Schritt, weil wir das Unternehmen Euroimmun sehr schätzen. Letztendlich liegt aber ein hoher Dissenz vor, so dass es folgerichtig ist. Wir stehen Seite an Seite mit unseren Studierenden.“ Bei diesen führte Stöckers geäußertes Weltbild schon dazu, dass sie kein Geld mehr von der Firma Euroimmun annehmen, obwohl diese in den vergangenen Jahren einige studentische Projekte unterstützt hatte.

 

Auf die aktuelle Entwicklung angesprochen, sagte gestern die Asta-Vorsitzende Birte Stoeter: „Wir treten entschlossen für die Werte unserer Universität ein und stehen dabei voll und ganz hinter unserem Präsidenten. Mit den Mitarbeitern der Firma Euroimmun haben wir ausschließlich positive Erfahrungen gemacht, und würden es daher bedauern, wenn die fachliche Zusammenarbeit als solche gänzlich eingestellt werden würde.“

 

Lübecks Wissenschaftsmanagerin Dr. Iris Klaßen bedauert die Zuspitzung des Konfliktes zwischen Uni und Euroimmun. „Das gute Miteinander aus den vergangenen Jahren ist leider komplett unter die Räder gekommen, was sehr schade für die Wissenschaftsstadt Lübeck ist“, so Klaßen.

 


 

Ein Interview anlässlich eines Benefizkonzertes

Das Interview von Winfried Stöcker in der Sächsischen Zeitung vom 18. Dezember 2014 zur Flüchtlingsthematik hatte auch auf dem Campus für Entsetzen gesorgt. Unter anderem sprach der Medizin-Absolvent der Uni darin von „reisefreudigen Afrikanern“, von „Negern“ und von „Türken, die sich in Deutschland festsetzen“ wollen. Die Universität distanzierte sich unmittelbar von dem Weltbild des langjährigen Hochschulförderers. Kurz vor Weihnachten ruderte Stöcker dann zurück: „Ich bitte die Öffentlichkeit wegen meiner nicht angebrachten Formulierungen um Entschuldigung.“ In einem Gespräch am 29. Januar mit Uni-Studierenden erneuerte er jedoch einige seiner Ansichten, was die Studenten zum Bruch veranlasste.