Nach der Antifa-Demo in Freiburg
Ratsfraktionen streiten wegen Polizeieinsatz
Die Grünen und die Unabhängigen Listen kritisieren heftig den Polizeieinsatz bei der Antifa-Demo am Samstag, die CDU-Fraktion dagegen lobt die Einsatzkräfte. Polizeichef Heiner Amann bezeichnet das Eingreifen als angemessen.
Heiner Amann, Leitender Polizeidirektor und Chef der Freiburger Polizei, hat das Vorgehen der Polizeieinheiten am Samstag in Oberlinden verteidigt: Mit einem massiven Einsatz hatten die Einsatzkräfte verhindert, dass sich die Demo in Bewegung setzen konnte, weil sich, so Amann am Montag gegenüber der Badischen Zeitung, rund 150 Demonstrierende vermummt hätten. Auch habe es schon im Vorfeld klare Signale gegeben, dass Straftaten wie Sachbeschädigungen geplant worden seien, so der Polizeichef.
Grünen-Stadtrat drohen Ermittlungen
Heftige Kritik an der Polizei und ihrem Eingreifen kam bereits am Samstag von den grünen Gemeinderäten Maria Viethen und Gerhard Frey. Frey selbst versuchte in vorderster Front, aber ohne Erfolg zu schlichten und ging im Gerangel mit der Polizei zu Boden. Frey sprach vom provokantem Auftreten der Polizisten – was Amann dementiert. Die Vorwürfe würden aber anhand der von der Polizei vor Ort gedrehten Videos überprüft. Die Polizei untersucht aber auch, ob gegen Frey wegen Behinderung einer Amtshandlung ermittelt wird.
Amann: "Zwei Stunden über Konsequenzen informiert"
In der Sache gibt es sich der Polizeichef unbeirrt: "Es hatte vorher klare Ansagen gegeben, dass eine Vermummung bei dieser Demonstration nicht toleriert wird", so der Polizeichef, der am Samstag selbst für den Einsatz verantwortlich war. Dass die Polizei übertrieben hart reagiert habe, hält Amann "für einen ausgemachten Blödsinn, auf alemannisch gesagt". Die Polizei könne keine Gesetzesverstöße tolerieren. Das Vorgehen der Polizei sei auch eine Reaktion auf zwei zurück liegende Demonstrationen gewesen: Dabei wurden im Juni bei einer sogenannten Schattenparker-Parade bei einem Gerangel auf dem Münsterplatz drei Polizeibeamten von Demonstranten verletzt. Bei einer Antikapitalismus-Demo im Juli wurden Schaufenster eingeworfen und Autos beschädigt. Damals habe die Polizei "personell einen geringeren Ansatz" gewählt.
Am vergangenen Samstag hätten zunächst zehn Beamte der Anti-Konflikt-Teams der Polizei auf die Demonstranten eingewirkt, dann habe Harry Hochuli, Einsatzleiter und Chef der Freiburg-Nord, in Lautsprecherdurchsagen den Demonstrierenden gut zugeredet. "Wir haben über zwei Stunden hinweg über Folgen und Konsequenzen informiert – auch die vor Ort anwesenden Stadtratsmitglieder", so Amann. Dann seien auch gezielt leere Flaschen und größere Böller auf Polizisten geworfen worden.
Die Polizei habe dann die aus ihrer Sicht unfriedlichen von den friedlichen Teilnehmern trennen wollen. Dies geschah über ein sogenannte Einkesselung. Von insgesamt 374 Demoteilnehmern stellte die Polizei in einer über die Stunden dauernden Prozedur die Personalien fest. 250 Menschen wurde ein Platzverweis für die Innenstadt erteilt. 40 Demonstrierende wurden vorübergehend festgenommen – ihnen werden Verstoße gegen das Vermummungsverbot vorgeworfen, einigen aber auch Beleidigung, versuchte Körperverletzung, versuchte Gefangenenbefreiung oder die Weigerung, die Personalien anzugeben. 50 bis 70 der Demonstranten, die kontrolliert wurden, kamen aus Frankreich oder Österreich. Auch ein maltesischer Staatsbürger war mit dabei.
Grünen-Stadtrat Frey: "Null-Toleranz-Aktion"
"Der Anlass hat eine solche Art von Einsatz nicht gerechtfertigt", sagte Grünen-Stadtrat Gerhard Frey. Seine Fraktionen wollen sich in dieser Woche mit Juristen über den Polizeieinsatz beraten. Es seien zudem weit, weit weniger als 150 vermummte Demonstranten gewesen, so Frey. Er vermutet, der Polizeieinsatz sei von vorneherein so geplant gewesen – Polizeichef Amann habe ein Exempel statuieren wollen. Der großen Mehrheit der Demonstranten sei es nicht um Krawall mit der Polizei gegangen. Frey bemängelt auch, dass die Polizei auf sein Vorab gemachtes Angebot, bei Konflikten zu vermitteln, nicht eingegangen sei. Sein Fazit: "Das war eine Null-Toleranz-Aktion".
Auch die Fraktion der Unabhängigen Listen hat entschieden gegen den Polizeieinsatz protestiert. Ein Polizeikessel mit stundenlangem Festhalten, Erfassen der Personalien und Abfilmen der Personen sei nicht mit dem angeblichen Verstoß Einzelner gegen das Vermummungsverbot zu rechtfertigen, so Fraktionschef Michael Moos.
CDU: Grüne erwähnen gewalttätigeDemonstranten mit keinem Wort
Ganz anders sieht es die CDU-Fraktion: Sie lobt ausdrücklich die Polizei und kritisiert scharf die grünen Stadträte und deren Fraktionsvorsitzende Maria Viethen: "Durch das von Frau Viethen geäußerte Verständnis für vermummte Demonstranten stellen die Grünen den Boden unserer gemeinsamen Politik in diesem Bereich in Frage", so Fraktionschef Wendelin Graf von Kageneck. Die Grünen verlören kein Wort über gewaltbereite Demonstranten, die mit Bierflaschen und Feuerwerkskörpern Polizistinnen und Polizisten attackiert hätten.
Der Leiter der Landespolizeidirektion Bernhard Rotzinger sprach Polizeichef Amann seinen Dank für den "erfolgreich verlaufenen Polizeieinsatz" aus. Die hohe Zahl von 40 Festnahmen zeige, dass nicht alle Teilnehmer eine friedliche Versammlung ohne Waffen und ohne Vermummung im Sinn hatten, wie sie das Grundgesetz fordere. Befremden äußerte Rotzinger über die Stellungnahme von Maria Viethen, wonach es albern sei, wegen ein paar Vermummter den ganzen Zug blockieren.