Das Auffinden des getöteten Flüchtlings Kahlid B. und die anfängliche, falsche Einschätzung des Falles seitens der Dresdner Polizei heizt die Stimmung in Sachsen weiter an. Auch in Dresden kam es am gestrigen Abend zu Spontandemonstrationen: In Leipzig demonstrierten circa 700 Personen gegen Rassismus bei den Pegida- und Legida-Demonstrationen. Die Wut von einigen Demonstrationsteilnehmern entlud sich in Sachbeschädigungen an mehreren Gebäuden. Was anschließend ein teilweise fragwürdiges Vorgehen der Polizei rechtfertigen sollte. Ob diese dabei die Richtigen einkesselte, ist nach den L-IZ-Beobachtungen vor Ort äußerst fraglich.
Gegen 20:00 Uhr versammelten sich mehrere hundert Menschen an der 
Albertina. Ihr Wille wurde im Laufe des Abends durch die gerufenen 
Parolen klar: Gegen Rassismus und, als aktuellen Hauptvertreter dieser 
Erscheinung in Leipzig aus Sicht der Demonstranten, „Legida“. Somit 
liefen zunächst circa 500 Personen durch die Innenstadt von Leipzig: Am 
Bundesverwaltungsgericht vorbei, über den Martin-Luther-Ring zum 
Augustusplatz und über den Bayrischen Bahnhof. Mittlerweile angewachsen 
auf circa 700 Personen folgte man dann der Bernhard-Göring Straße, um 
unmittelbar auf das Amtsgericht zu treffen.
Einige wenige konnte ihrer Ohnmacht scheinbar nur noch Luft dadurch 
verschaffen, dass sie ein Polizeiauto mit Steinen angriffen, Mülltonnen 
auf die Straße zogen, diverse Sachbeschädigungen am Amtsgericht und auf 
dem Weg liegenden Banken verübten. Es waren diese Aktionen, die 
letztendlich für etwa 150 sehr wahrscheinlich andere Demonstranten 
unschöne Konsequenzen bis in die Nacht haben sollten. Und bereits auf 
der Demonstration selbst war es wegen der Gewalt zu Zwistigkeiten 
zwischen den Teilnehmern gekommen, viele hießen die Attacken auf die 
Gebäude und die Polizei nicht gut.
Von der Polizei selbst war lange größtenteils wenig bis gar nichts zu 
sehen. Erst über eine dreiviertel Stunde später waren erste Einheiten 
der Bereitschaftspolizei am Amtsgericht, worauf hin sich erste 
Auflösungserscheinungen der Demonstration bemerkbar machten. Nur ein 
Teil wich in Richtung August-Bebel-Straße aus und wurde schließlich 
durch wenige Einheiten in der Braustraße um 21:00 Uhr eingeschlossen. 
Eine erste Durchsage der Polizei, man suche Anmelder, sollte den eingeschlossen Rest der vormals rund 700 Demonstranten noch auf ein baldiges Ende hoffen lassen. Die Suche nach den Anmeldern stellte sich jedoch als eine Finte heraus: Einige Personen wurden ausgewählt und durch die Polizei auf einmal als Zeugen deklariert. Der Versammlung wurde im gleichen Atemzug Unfriedlichkeit attestiert, da bereits im Vorfeld Straftaten stattgefunden hatten. Ein Verweis auf die Aberkennung des Versammlungsrechts folgte gegenüber den 150 Personen im Kessel. Für die eingeschlossenen Personen sollte nun ein mehrstündiges Prozedere folgen, in der sie durchsucht, abfotografiert und ihre Handys konfisziert wurden.
Mehre anwesende Anwälte konnten nur durch hartnäckiges Insistieren zu ihren Mandanten durchdringen. Noch vor Ort bezeichnete ein Rechtsvertreter das Vorgehen der Handy-Beschlagnahmungen als unverhältnismäßig.
Die Maßnahmen für die Eingekesselten endeten schlussendlich gegen 2:30 Uhr am frühen Morgen. Einige Bewohner zeigten bis dahin ihre Unterstützung in Form lauter Musik, andere lieferten heißen Tee, Decken und Essen. Etwas, was in Anbetracht der Dauer und der eisigen Temperaturen, notwendig war. Die Beamten hingegen wurden durch angelieferte Essenspakete versorgt.
Seit heute Morgen nun überschlägt sich die sächsische Politik mit Statements, alle sind sich parteiübergreifend beim Thema „keine Gewalt“ offenkundig einig. Nur mancher scheint sich überhaupt nicht mehr zu fragen, was zu der auf immer mehr „Seiten“ dieses Konfliktes um Pegida und Legida auftretenden Ohnmacht geführt hat. Demonstranten, Gegendemonstranten, Flüchtlinge und auch die Polizeibeamten haben mehr verdient, als "eigentlich ist alles Bestens in Sachsen"-Sprüche der vergangenen Jahre bei der Anzahl von Lehrern, Polizeibeamten und Kitaerzieherinnen oder sinn- weil wirkungslose "Bürgerdialoge" ohne Konsequenzen. In einem Bundesland, wo selbst machtvolle Studentendemonstrationen gegen Kürzungsrunden in der Bildungslandschaft seit 2013 kein politisches Handeln mehr auslösen, die unzähligen Mahnungen bezüglich des Polizeirückbaus im Freistaat über Jahre ignoriert werden, bleibt irgendwann bei immer mehr Menschen vor allem Ohnmacht. Welche derzeit immer öfter in Wut kippt.
Dazu gleich mehr auf L-IZ.de
Zum Artikel vom 15. Januar 2015 auf L-IZ.de
Quer durch Zentrum und Südvorstadt: Randalieren, demonstrieren, kapitulieren
Der gestrige Abend aus Sicht der Polizei
Schwerer Landfriedensbruch aus Menschenmenge (Zeit: 15.01.2015, 20:15 Uhr)
Im Bereich Leipzig Zentrum formierten sich am Donnerstagabend mindestens
 600 Personen zu einem Aufzug. Dieser zog vom Landgericht in der 
Harkortstraße über das Standesamt, Thomaskirchhof, Markt bis zum 
Augustusplatz. Bis dahin war der Zug noch weiter angewachsen. Auf dem 
bisherigen Weg zeigte der Zug stark kriminelle Gewalt. Es wurden aus der
 Menschenmenge heraus zahlreiche Schaufensterscheiben und 
Glasschaukästen beschädigt. Teilnehmer des Aufzuges rissen mehrere 
Verkehrszeichen aus der Verankerung, warfen diese auf die Straße und 
zündeten Feuerwerkskörper. 
Als sich Polizeifahrzeuge näherten, wurden diese massiv von Vermummten 
mit Steinen beworfen. Verletzungen der Insassen nahmen die Steinwerfer 
offenbar in Kauf. Als sich der Zug weiter in Richtung Rossplatz bewegte,
 gingen nach Steinbewurf die Scheiben von einem Frisör-Geschäft am 
Dietrichring zu Bruch. Der Aufzug bewegte sich dann in Richtung 
Rossplatz zum Bayrischen Platz und weiter zum Amtsgericht in der 
Bernhard-Göring-Straße. Dort bewarfen die Teilnehmer Fenster des 
Gerichtes mit Steinen. 
Vierzig Scheiben waren danach zerstört. Der Aufzug verlagerte sich 
weiter in Richtung in die Karl-Liebknecht-Straße. Die Polizei setzte 
dort ca. 200 Personen fest. Drei Personen wurden festgenommen - von 
allen Weiteren die Personalien erhoben. Im Bereich des Simsonplatzes 
stellte die Polizei zahlreiche Farbschriftzüge („das war Mord“, „Stoppt 
PEGIDA, „ANTIFA“, „Stoppt Deportation“) fest. 
Drei Polizeifahrzeuge wurden stark beschädigt; eins davon völlig 
„entglast“. Das komplette Ausmaß der Schäden kann erst am Tag überblickt
 werden. Die Polizei ermittelt wegen schweren Landfriedensbruchs.
Nachtrag 16. Januar, 15:10 Uhr: Bei den vorläufigen 
Festgenommenen handelt es sich laut einer Korrekturmeldung der 
Polizeidirektion Leipzig nur um 2 und nicht um 3 Personen. Einen 26- 
jährigen Markkleeberger und einen 30 -jährigen Leipziger hätten demnach 
die Beamten am gestrigen Abend verhaftet.
