(HH) Abschiebe-Drama um den kleinen Resul (7)

Traurig und verzweifelt stehen der kleine Resul (7) und sein Vater Adem (50) gestern vor dem Gebäude der Bundespolizei am Hamburger Flughafen.Foto: Hamburger Morgenpost/ Schimkus
Erstveröffentlicht: 
04.12.2014

Von Ankea Janssen und Volker Schimkus

Er zittert vor Kälte, aber vor allem vor Angst: Am Mittwoch wurde der kleine Resul (7) mit seinen Eltern aus Deutschland abgeschoben – zurück in den Kosovo. Etwa 30 Demonstranten hatten versucht, den Transport zum Flugzeug zu verhindern, vergebens. Die Polizei beendete den Protest mit einem Pfefferspray-Einsatz.

 

Seine Augen sind weit aufgerissen, der Blick verstört: Der kleine Resul scheint nicht zu verstehen, was gerade um ihn herum passiert.

Er weiß nicht, warum mitten in der Nacht Polizisten gekommen sind, um ihn und seine Eltern in Dresden in ein Polizeiauto zu setzen und zum Hamburger Flughafen zu bringen. Sicherlich fragt er sich, was aus seinem Bruder und seiner Schwester wird.

Sie sind nicht bei ihm, sondern immer noch in Dresden. Sie kommen nicht mit.

 

Etwa 30 Demonstranten versuchen, den Transport der Familie zum Flugzeug zu verhindern. Eigentlich waren sie wegen eines anderen Abschiebefalls vor Ort, werden zufällig auf Resul und seinen Vater aufmerksam, die gerade hinter dem Gebäude der Bundespolizei am Flughafen ankommen.

Spontan blockieren die Protestler den Eingang. „Ich will nur ausreisen, wenn meine Familie komplett ist“, fordert Adem G.

Sein 17-jähriger Sohn und seine 21-jährige Tochter haben keinen Abschiebe-Bescheid bekommen, sind noch immer in Dresden. Außerdem mache er sich Sorgen um seine Frau, wisse nicht, wo sie gerade ist. „Sie ist krank“, sagt Adem.

Ein Polizist gibt die Auskunft, sie sitze mit einem Arzt im Polizei-Gebäude – wahrscheinlich, um ihre Reisefähigkeit zu attestieren.

 

Während Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina kürzlich von der Bundesregierung zu „sicheren Herkunftsländern“ erklärt wurden, in die Menschen schneller abgeschoben werden können, zählt der Kosovo nicht dazu.

Trotzdem hat juristisch alles seine Richtigkeit: die Bundesregierung hat ein Rücknahmeabkommen mit der von Serbien abgespaltenen Republik Kosovo abgeschlossen.

 

Zaklin Nastic (34) von der Linken betreut zurzeit eine Familie aus dem Kosovo: „Die Lebensbedingungen sind schrecklich, die Wirtschaft funktioniert nicht, die Arbeitslosigkeit ist unglaublich hoch“, sagt sie zur MOPO.

„Ich kann nachvollziehen – egal zu welcher Bevölkerungsgruppe man gehört – das man eine andere, vor allem bessere Zukunft für seine Kinder haben möchte.“

Auch Adem G. und seine Frau wollten ihren Kindern eine bessere Perspektive schaffen – jetzt ist sie vollkommen ungewiss.

Polizisten sorgten schließlich gestern unter Einsatz von Pfefferspray dafür, dass der kleine Resul und sein Vater nicht das Flugzeug verpassten. Sie räumten den Parkplatz vor der Bundespolizei, nahmen eine Person, die sich versuchte vor den silbernen VW-Bus zu setzen, kurzfristig fest.

 

Eine der letzten Erinnerungen des kleinen Resuls an Deutschland wird womöglich sein, wie Polizisten am Hamburger Flughafen Menschen über die Straße ziehen, die versuchen, seine Abschiebung zu verhindern. Das und der Klang der verzweifelten Rufe der Demonstranten: „Kein Mensch ist illegal!“