Schlagabtausch nach Kasek-Fauxpas

Erstveröffentlicht: 
25.11.2014

Grünen-Politiker wirft AfD Kampagne vor / Nahlob: "Alt-Parteien machen das Gleiche"

Von Andreas Tappert


Die Konfrontation zwischen dem Vorstandssprecher des Grünen-Stadtverbandes Jürgen Kasek und der Alternative für Deutschland (AfD) spitzt sich zu: Weil Kasek Anfang August eine unglücklich formulierte Kurznachricht getwittert hatte (die LVZ berichtete), nutzt die AfD den Fall jetzt für die politische Auseinandersetzung. Die "Alt-Parteien" würden ähnlich handeln, wenn die AfD einen Fehler begehe, heißt es dort.


Der 34-jährige Rechtsanwalt Kasek hatte am Morgen des 7. Oktobers im Getümmel des Landtagswahlkampfes vom Besuch eines Leipziger Friseurgeschäfts abgeraten, weil an diesem der AfD-Politiker Ralf Nahlob (33) beteiligt ist. Man wisse nie, "wo die Schere ansetzt", hatte der Grüne per Twitter verbreitet. "Das sollte ironisch und sarkastisch sein, ist aber völlig missverständlich gewesen", räumt Kasek heute ein. Niemand habe erkannt, dass mit seiner "Schere" die "Schere im Kopf" gemeint war, die die AfD nach Ansicht der Grünen hat. Weil ihn Freunde auf den Fauxpas aufmerksam machten, löschte Kasek schon 20 Minuten später die Nachricht, stellte richtig, dass dies "kein Boykottaufruf" gewesen ist - und entschuldigte sich. "Ich dachte, der Fall sei damit erledigt", so der Grüne.


Doch zu seiner Verblüffung wurde ein Exemplar seiner gelöschte Kurznachricht vom AfD abfotografiert und an zahlreiche Empfänger weitergeleitet; es wurde auch auf eine Facebook-Seite gestellt und mehrfach verlinkt. "Das alles geschah, obwohl längst klar war, dass der Tweet gelöscht ist und eine Entschuldigung vorliegt", betont Kasek. Tage später habe dann der AfD-Bundesvorstand mit zwei Presseerklärungen auf den Fall aufmerksam gemacht. Dabei sei die Äußerung des Grünen mit dem Nazi-Aufruf "Kauft nicht beim Juden" verglichen worden.


Dies änderte sich auch nicht, nachdem Kasek sich in einer Landgerichtsverhandlung bei AfD-Politiker Nahlob entschuldigt und das Gericht seine gelöschte Nachricht als "unzulässige Schmähkritik" eingestuft hatte: Die AfD verbreitete die Entscheidung mit einem Bild von Kaseks Originalnachricht und der Überschrift: "AfD-Politiker siegt vor Gericht gegen grünen Hetz-Politiker". Der Bündnisgrüne erhält bis heute anonyme und offene Drohanrufe sowie E-Mails, deren Inhalte in Gewaltaufrufen gegen ihn gipfeln.


"Kasek ist seit vielen Jahren in der Politik und genießt die Öffentlichkeit", sagt Nahlob. "Da muss er auch dazu stehen, was er sagt." Für den AfD-Mann steht fest, dass der Grüne die öffentliche Diskussion über diesen Fall "befeuert". "Wir haben ihm gleich zu Beginn eine Unterlassungserklärung zugeschickt, die er nicht unterzeichnet hat", so Nahlob. "Hätte er sie unterzeichnet, hätten wir einen Schlussstrich gezogen." Auch Kaseks Entschuldigung sei bei ihm erst vor Gericht und auch dort "nur halbherzig" angekommen. Nahlob: "Die Gegenseite hat ein Interesse daran, diesen Fall zu verwursten. Wir machen das Gleiche, was die Alt-Parteien gemacht hätten."


Inzwischen steht fest, dass die Aus- einandersetzung weitergeht. "Das Landgericht hat bei seiner Entscheidung völlig verkannt, dass die Äußerung meines Mandanten erst richtig öffentlich bekannt geworden ist, nachdem diese durch Herrn Nahlob und die AfD Sachsen offensichtlich selbst im Internet verbreitet und Gegenstand einer Pressemitteilung wurde", erklärte Kaseks Rechtsanwalt René Hobusch (37), der für die FDP im Stadtrat sitzt. Kaseks Nachricht sei daher als politische Äußerung einzustufen und nicht justiziabel. Hobusch hat deshalb Berufung beim Oberlandesgericht Dresden eingelegt.