Hitzige Debatte um Asylbewerberheim in Wiederitzscher Klinik – Polizeiposten geplant

Erstveröffentlicht: 
18.11.2014

Leipzig. Rund 350 Asylbewerber – und damit 150 weniger als ursprünglich vorgesehen – sollen im ehemaligen Wiederitzscher Bundeswehrkrankenhaus untergebracht werden. Das wurde am Montagabend bei einer Informationsveranstaltung im Haus Auensee bekannt. Das sächsische Innenministerium stellte dabei seine Pläne vor, dort ab Mai 2015 als Interim für rund zwei Jahre eine Erstaufnahmeeinrichtung zu schaffen. Diese sieht auch einen rund um die Uhr besetzten Polizeiposten vor. Aufgrund der Insolvenz des Eigentümers Golden Gate stocken jedoch die Verhandlungen.

 

Das Interesse war enorm, die Debatte teilweise hitzig: Knapp 1000 auch mit Reisebussen angereiste Anwohner und Interessierte kamen ins Haus Auensee. „Es ist noch kein Mietvertrag abgeschlossen“, sagte Michael Wilhelm, Staatssekretär im Innenministerium, zu Beginn – und erntete Applaus. Im Norden der Stadt herrscht Verunsicherung, ob die 1998 für rund 90 Millionen Euro errichtete und 2007 geschlossene Klinik für Flüchtlinge genutzt wird und welche Folgen damit verbunden sind. Gegen die Pläne hat sich bereits eine Bürgerinitiative formiert.

Klinik könnte später für Bereitschaftspolizei genutzt werden

 

Leipzigs Polizeipräsident Bernd Merbitz appellierte in einer leidenschaftlichen Rede an die Anwohner, die Flüchtlinge „nicht alleine zu lassen“. „Ich kenne Ihre Sorgen und Nöte. Gemeinsam werden wir diese Situation meistern“, sagte er. Die Polizeidirektion plant, rund um die Uhr vor Ort präsent zu sein. In einem bereits konzipierten Polizeiposten sollen insgesamt neun Beamte im Drei-Schicht-System für Sicherheit sorgen. „Die sind zum Schutz der Asylbewerber da – aber auch für Sie“, betonte Merbitz.

Der ursprünglichen Planung zufolge sollten 500 Plätze für Asylbewerber geschaffen werden. Nach einer Begehung durch Vertreter von Landeskriminalamt, Bundespolizei, Landesdirektion und den möglichen Betreiber am Montag vergangener Woche musste diese Prognose jedoch nach unten korrigiert werden. „Es war die allgemeine Meinung, dass maximal 350 Plätze überhaupt vertretbar sind“, erklärte Wilhelm. Im Anschluss gibt es bereits vage Pläne, die Klinik als Standort für die Bereitschaftspolizei zu nutzen.

Kritik: Kein Vertreter der Stadt Leipzig anwesend

 

Der Freistaat plant neben dem bestehenden Erstaufnahmelager in Chemnitz zwei weitere Einrichtungen in Dresden und in der Max-Liebermann-Straße in Leipzig-Gohlis. Bis der für 700 Flüchtlinge ausgelegte Neubau fertig ist, wird eine Übergangslösung benötigt. Das Innenministerium hält die einstige Bundeswehrklinik hierfür „ideal geeignet“. Wilhelm betonte, dass das Gebäude nicht dauerhaft genutzt werden soll. „Wir gehen davon aus, dass wir bis Mitte 2017 dort einen Notbehelf schaffen.“

Eigentümer Golden Gate drängt bislang auf einen Verkauf, den sich das Land jedoch nicht leisten kann und will. Kolportierte sechs Millionen Euro bezahlte das auf Krankenhäuser spezialisierte Immobilien-Unternehmen bei der Übernahme 2009. Das Innenministerium forciert stattdessen eine Mietlösung. Ein Bauantrag liegt der Stadt bislang noch nicht vor.

Dass bei der Info-Veranstaltung kein Vertreter der Kommune Rede und Antwort stand, stieß bei Teilnehmern auf Kritik. Die Stadt habe ihre "Teilnahme mehrmals angeboten", reagierte die Kommune am Dienstag per Twitter. Jedoch habe der Freistaat angeblich "keine Notwendigkeit" hierfür gesehen. Innenministeriums-Sprecher Martin Strunden widersprach dieser Darstellung via Twitter: Die Landesdirektion habe die Stadt für mögliche Nachfragen sehr wohl eingeladen, eine aktive Rolle sei jedoch nicht vorgesehen gewesen. "Dafür stellen wir nicht extra Behördenleiter ab", sagte Stadtsprecher Matthias Hasberg gegenüber LVZ-Online. "Zudem sind wir auch nur in planungsrechtlichen Fragen involviert."

 

Container als Alternative geprüft

 

Wann es weitere Gespräche geben wird, ist derzeit ebenso unklar wie der genaue Zeitplan bis zu einer möglichen Nutzung des Gebäudes. Sollten die Verhandlungen platzen, bliebe als Alternative wohl nur eine Containerlösung. Dies sei in der Max-Liebermann-Straße, wo bereits Abrissmaßnahmen laufen, bereits geprüft aber wieder verworfen worden, berichtete Wilhelm. „Das würde die Baumaßnahme dort erheblich beeinträchtigen und verlängern.“

Obwohl es in der knapp dreistündigen Diskussion auch zahlreiche Zwischenrufe gab, ging es meist sachlich zu. Merbitz bedankte sich ausdrücklich bei der Bürgerinitiative Wiederitzsch, dass die Debatte bislang nicht emotional aufgeladen wurde. „Ganz besonders freut es mich, dass es zu keinen extremistischen und fremdenfeindlichen Äußerungen gekommen ist. Das wünsche ich mir auch weiter so“, sagte der Polizeipräsident.