Bleicherstraße: Aus Alt mach Neu?

Erstveröffentlicht: 
10.08.2014

Die MieterInnen in der Bleicherstraße 26 beklagen sich über den schlechten Zustand des Hauses. Der Eigentümer will erst sanieren, wenn ein geplanter Erweiterungsbau entsteht.

 

Schlechter Brandschutz, marode Balkone, fehlerhafte Elektrik, die Mängelliste der MieterInnen in der Bleicherstraße 26 auf St. Pauli ist lang. Für manche ist ein normaler Alltag aufgrund des schlechten Gebäudezustandes kaum noch möglich. „Wenn ich staubsaugen will, müssen alle anderen Geräte in der Wohnung ausgeschaltet sein, sonst gibt es einen Kurzschluss“, sagt ein Bewohner. Andere MieterInnen haben Probleme ihre Wohnungen überhaupt zu erreichen: Obwohl gehbehinderte Menschen im Haus leben, ist der Aufzug seit sieben Jahren defekt, der Schacht inzwischen sogar zugemauert. Beschwerden über den Zustand des Hauses gibt es seit Jahren.

 

Negativbeispiel Esso-Häuser

Auf Druck der MieterInnen hat auch die Bauprüfabteilung des Bezirksamts das Gebäude bereits begutachtet und den Einbau von Feuerschutztüren und eine Instandsetzung der Balkone verordnet. Mit Ausnahme dieser notdürftigen Reparaturen gibt es jedoch bisher noch keine weiteren Maßnahmen von Seiten des Eigentümers. „Es müsste eigentlich grundsaniert werden“, sagt ein Bewohner. „Aber seit 7 Jahren werde ich vertröstet“, erzählt er weiter. Eine andere Bewohnerin ergänzt kopfschüttelnd: „Was passiert, wenn man ein Gebäude so vernachlässigt, sieht man ja gerade nebenan bei den Esso-Häusern.“ Diese mussten aufgrund des schlechten Zustandes im Dezember evakuiert werden und sind inzwischen abgerissen worden.

 

Furcht vor Verdrängung

Der Eigentümer, Immobilienmakler Eckart von Seydlitz, hat für die Bleicherstraße 26 aber Zukunftspläne: Das Gebäude soll um eine Etage aufgestockt werden, damit hier studentisches Wohnen entstehen kann. Dies lehnt der zuständige Sanierungsbeirat Wohlwillstraße ab. Man befürchtet, dass die bisherigen MieterInnen verdrängt werden sollen und nach Aufstockung und Sanierung für die Wohnungen wesentlich höhere Mieten verlangt werden. Laut Dörthe Jahnke von der zuständigen Hausverwaltung A.S. ist die Aufstockung dabei wesentliche Voraussetzung für die Sanierung der übrigen Wohnungen, die ansonsten nicht wirtschaftlich sei. Die Baugenehmigung liegt nach einigen Verzögerungen jetzt vor, sodass spätestens im Frühjahr 2015 mit den Arbeiten begonnen werden soll. 18 Monate später soll alles fertig sein. „Wir hoffen entsprechend der Planungen ein neues Wohnklima zu schaffen“, sagt Jahnke. Einige der Mängel, wie der Zustand der Balkone, sind der Verwaltung bekannt und sollen im Zuge der Bauarbeiten behoben werden. Auch der Aufzug soll anschließend wieder in Betrieb genommen werden. Von anderen Mängeln, wie einer fehlerhaften Elektrik, wisse man jedoch nichts.

 

Hausverwaltung: “Sabotage der MieterInnen”

Die Hausverwaltung sieht zudem eine Teilschuld für den schlechten Zustand des Gebäudes bei den MieterInnen selbst: „Es vergeht leider keine Woche, in der nicht irgendwelche neuen Beschädigungen im Treppenhaus, an der Haustür oder an der Briefkastenanlage gemeldet werden. Hierdurch hat das Objekt wiederholt für Dritte offen gestanden und zu nicht gewünschten Übernachtungsgästen im Keller geführt“, sagt Jahnke. Hierzu wäre es sicher nicht gekommen, wenn die MieterInnen sorgsamer mit fremdem Eigentum umgehen würden. „Die Sabotage der MieterInnen hat leider aber nicht nachgelassen“, so Jahnke weiter.

Die BewohnerInnen haben sich ihrerseits inzwischen an den Verein Mieter helfen Mietern gewandt. Darauf reagierte die Hausverwaltung mit einem Schreiben an alle MieterInnen, in dem es heißt, man habe das Treffen mit dem Mieterverein mit Befremden zur Kenntnis genommen. Darauf angesprochen erklärt Jahnke: „Befremdlich ist nicht die Tatsache, dass ein Mieter sich Hilfe beim Mieterverein sucht, sondern dass der Mieterverein per Rundschreiben im Gebäude Mitglieder versucht zu werben. Hierzu zu einer Veranstaltung einlädt, wobei der Vermieter nicht einmal hinzu gebeten wird.“ Eine erste Klage war bereits erfolgreich: Die Wohnungen sind zum Teil kleiner als angegeben. Einer Klage auf Mietminderung wurde stattgegeben. Weitere MieterInnen wollen nun ebenfalls klagen. Am Zustand des Gebäudes ändert das aber nichts.