Polizei will bei ihren Einsätzen Privatsphäre

Erstveröffentlicht: 
25.07.2014

Hamburgs Behörden gehen gegen Internetdokumentation von Demonstrationen vor

 

Die Hamburger Polizei wird bei der Arbeit nicht gerne fotografiert. Am Mittwoch durchsuchte sie bei einem Linke- und ver.di-Aktivisten die Wohnung. Als Betreiber des Internetaccounts »Demofotografie HH« soll dieser bei Facebook und Twitter Aufnahmen von Demonstrationen und Aktionen verbreitet haben, die auch Polizisten zeigen. Das sei ein Verstoß gegen das »Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie«, heißt es im jW vorliegenden Durchsuchungsbeschluß. Es wurde wegen »Verbreitung/Öffentlicher Zurschaustellung von Bildnissen gemäß § 33 i.V.m. §§ 22, 23 KunstUrhG« ermittelt. Die örtliche Linksjugend solid sieht das als Vorwand und befürchtet eine Einschränkung der Möglichkeiten, Polizeieinsätze bei Versammlungen und Demonstrationen zu dokumentieren.

In einer Verfügung der Hamburger Behörden wird dem Aktivisten auferlegt, eine Vielzahl von Fotos innerhalb von drei Tagen von der Webseite zu entfernen und die Bilder nicht weiter zu verbreiten. Diese stellten einen Verstoß gegen die Persönlichkeitsrechte der fotografierten Beamten dar. »Hinzu kommt, daß mit der Möglichkeit, für Jedermann einsehbare – auch beleidigende und verleumderische – Kommentare zu den eingestellten Fotos zu verfassen und zu veröffentlichen, ein digitaler Pranger geschaffen wurde, der die Rechte der Betroffenen massiv verletzt.« Es handele sich nicht um Bildnisse aus dem Bereich des Zeitgeschehens, so die Behauptung der Polizei.

Die Linksjugend-Landessprecherin Leonie Meliones betonte am Mittwoch nachmittag in einer ersten Stellungnahme, unabhängig von der rechtlichen Frage, welche Bilder Zeitgeschehen abbildeten und welche nicht, sei es »skandalös, eine Hausdurchsuchung durchzuführen« und damit einen erheblichen Eingriff in die Privatsphäre staatlich anzuordnen, »obwohl alle nötigen ›Beweise‹ online einsehbar und eindeutig zuzuordnen sind«. Offenbar schätze die Polizei der Hansestadt ihr eigenes Verhalten auf Demonstrationen so ein, daß sie dieses ungern in der Öffentlichkeit dokumentiert sehe. »Wir dagegen halten eine Kontrolle der Polizei für unumgänglich«, erklärte Meliones. Die Erfahrungen mit »›Gefahrengebieten‹, rassistischen Kontrollen von Flüchtlingen und der zur Normalität gehörenden Polizeigewalt auf Demonstrationen« mache diese notwendig.

Die linke Jugendorganisation forderte die sofortige Einstellung des Verfahrens und die Rückgabe aller beschlagnahmten Gegenstände. Die öffentliche Dokumentation von Polizeieinsätzen auf Versammlungen dürfe nicht unter Berufung auf das Kunsturhebergesetz kriminalisiert werden. »Die Pressefreiheit darf nicht ausgehebelt werden, indem linke Presseaktivität Repression und Einschüchterung zur Folge hat«, so Meliones.