Völkische Ostern

Erstveröffentlicht: 
22.04.2014

Wie jedes Jahr haben sich am Osterwochenende Rechtsextremisten aus ganz Deutschland in der Lüneburger Heide getroffen. Doch dieses Mal waren deutlich weniger Teilnehmer erschienen.

 

Gegen die Ostertagung des völkisch-antisemitischen „Bundes für Gotterkenntnis (Ludendorff)“ (BfG) demonstrierten Karfreitag und Samstag jeweils rund 100 Menschen in Dorfmark bei Bad Fallingbostel (Heidekreis). An dem viertägigen Treffen der als „Ludendorffer“ bekannten Rechten nahmen nur rund 70 Personen teil. Die „Ludendorffer“ orientieren sich an den als „Philosophie“ angepriesenen Werken von Mathilde Ludendorff (1877-1966). In ihrem Kampf gegen die „überstaatlichen Mächte“ standen Mathilde und ihr Mann Erich Ludendorff (1865-1937) dem nationalsozialistischen Antisemitismus in nichts nach. Neben den Juden zählten die Ludendorffs vor allem die katholische Kirche, Jesuiten und Freimaurer zu den „Feinden Deutschlands“. Ab 1937 wurde die „Deutsche Gotterkenntnis“ des völkischen Ideologen-Ehepaars als dritte Konfession im NS-Staat geduldet.

 

In Dorfmark wurde es am Freitag bunt. Etwa 100 Menschen folgten einem Aufruf des „Bündnisses gegen Ludendorffer“, an dem sich Parteien, Gewerkschaften und zivilgesellschaftliche Gruppen beteiligen. Wegen des Feiertages fiel die Mahnwache vor dem weiträumig abgesperrten Tagungshotel „Deutsches Haus“ leise aus. Am Samstag zogen ebenfalls gut 100 „Ludendorff“-Gegner bei einem Demonstrationszug durch den Ort. Mit Spruchchören forderten sie ein Ende der Treffen in Dorfmark, die in diesem Jahr zum 42. Mal stattfanden. Weil Unbekannte in der Nacht versuchten, ein Protestplakat gegen die „Ludendorffer“ von einem Haus zu entfernen, ermittelt nun die Polizei. Zuvor war bereits ein ähnliches Banner gestohlen worden.

 

Proteste schrecken „Ludendorffer“ ab


Zumindest ein Blick auf die Teilnehmerzahlen bei den völkischen Ostertagungen kann die Gegendemonstranten hoffen lassen. Nicht nur die Mahnwachen und Protestzüge durch den Ort schrecken offenbar die „Ludendorffer“ ab. Auch interne Querelen sorgen dafür, dass die Zahl der rechten Besucher abnimmt. Während der Verfassungsschutz im Jahr 2003 bis zu 300 Rechtsextremisten beobachtete, dürften in diesem Jahr lediglich rund 50 Erwachsene sowie 20 Kinder und Jugendliche nach Dorfmark gekommen sein. Verteilt auf die zahlreichen Hotels und Pensionen in dem Heideort fielen die „Ludendorffer“ nur auf, als sie in größeren Gruppen durch die Straßen zogen. Frauen verbargen vor Gegendemonstranten und Journalisten ihre Gesichter unter Kopftüchern. Nur wenige liefen in völkisch anmutender Tracht durch den Ort. Die jungen Männer waren meist adrett gekleidet, einer trug einen Pullover der Marke „Thor Steinar“.

 

Die BfG-Tagung im „Deutschen Haus“ begann am Karfreitag mit der Vorstellung des neuen Vorstandes. Auf einer Versammlung im Oktober hatten nur rund zwei Dutzend Mitglieder des „Bundes für Gotterkenntnis“ zwei neue stellvertretende Vorsitzende gewählt. Die beiden bisherigen Vereinsvize, zwei Niedersachsen, waren im Laufe des vergangenen Jahres zurückgetreten. Nur die Vorsitzende Gudrun Klink (Jg. 1962) aus dem württembergischen Ingelfingen (Hohenlohekreis) ist weiterhin in ihrem Amt. Mehrere „Ludendorffer“-Familien aus Niedersachsen blieben dem Treffen ganz fern. Auch der ehemalige BfG-Funktionär Gerhard Fuchs kam nicht.

 

Wegen antisemitischer Ansichten vom Schuldienst suspendiert

Nach Dorfmark gefahren war allerdings das neue Vorstandsmitglied Hans-Jürgen Roloff (Jg. 1941) aus dem sachsen-anhaltischen Tangerhütte (Kreis Stendal). Wie der MDR vergangene Woche berichtete, war Roloff jüngst aufgrund seiner Aktivitäten in der rechten Szene aus dem Vorstand eines gemeinnützigen Tierheim-Vereins ausgetreten. Trotz der sinkenden Teilnehmerzahl bei der BfG-Ostertagung reisten aus allen Teilen Deutschlands Besucher nach Dorfmark. Mindestens ein Gast kam sogar aus Frankreich. Wieder mit von der Partie waren auch Mitglieder der Familie Preisinger aus dem schleswig-holsteinischen Bühnsdorf (Kreis Segeberg). Der ehemalige Berufsschullehrer Nordfried Preisinger (Jg. 1943) ist Funktionär im BfG-nahen „Arbeitskreis für Lebenskunde“, der sich um die Jugendarbeit der „Ludendorffer“ kümmert.

 

Veranstaltungen zu kulturellen und politischen Themen bestimmten das Programm der BfG-Tagung. So waren zu Agnes Miegel („mehr als ‚Mutter Ostpreußens’“), Johann Gottlieb Fichte („Vaterlandsliebe aus Philosophie“) und Friedrich Schiller Vorträge angekündigt. Die Titel weiterer Referate ließen die Ausrichtung bereits erahnen: „Von der Nachhaltigkeit der Geschichtslegenden und der Bequemlichkeit, sich in ihnen einzurichten“, „Behauptungen und Tatsachen zum Thema Menschenrassen“, „Gender Mainstreaming: Was würde Mathilde Ludendorff dazu sagen?“. Ein Jugendlicher berichtete zudem über sein Austauschjahr in Russland.

 

Vor dem „Deutschen Haus“ wollte am Samstag der „Ludendorffer“ Harm Menkens seine Pamphlete an Gegendemonstranten verteilen. „Der verschwiegene Widerstand gegen die Nazi-Diktatur“ lautet der Titel eines seiner Heftchen, das Menkens provozierend in die Menge der aufgebrachten Demonstranten warf, ehe die Polizei einschritt. Der Betreiber des „Lühe-Verlags“ in Süderbrarup (Kreis Schleswig-Flensburg) und ehemalige Seefahrtoberlehrer Menkens war wegen seiner antisemitischen Ansichten 1986 vom Schuldienst suspendiert worden. Im „Lühe-Verlag“ vertreibt er jetzt antisemitische Schriften. In einer „Bewerbung um das Amt des Bundespräsidenten/Reichspräsidenten“ bezeichnete der Verleger 2010 den „Geltungsbereich des Grundgesetzes“ als seit 20 Jahren „erloschen“. Nicht müde wurde Menkens, gegenüber Journalisten zu betonen, dass die „Ludendorff“-Anhänger selbst Antifaschisten seien, nur die Medien ein falsches Bild von ihnen zeichneten.