Dokumentarfilm über 4 Tage rechtsradikalen, braunen Terror mit staatlicher Billigung
„Wo wart ihr in Rostock, wo seid ihr jetzt, es wird weiter/wieder gehetzt“
Zwischen dem 22. und dem 26. August 1992 attackierte ein rechter deutscher Mob ein mehrheitlich von Vietnamesen bewohntes Haus in Rostock-Lichtenhagen. Dieses tagelange Pogrom wurde von einer applaudierenden Menge, Nachbar_innen und Anwohner_innen, begleitet, die sich in einer volksfestähnlichen Stimmung befand.
Dies waren die heftigsten rassistischen Ausschreitungen in der deutschen Nachkriegsgeschichte und zugleich ein Ausdruck der Stimmung in Deutschland nach der Wiedervereinigung 1989.
Auch die Zentrale Aufnahmestelle für Asylbewerber_innen (ZAst) für Mecklenburg - Vorpommern befand sich in diesem elfgeschossigen, freistehenden Plattenbau, der wegen der Sonnenblumen auf der Fassade „Sonnenblumenhaus“ genannt wird.
Die Kapazität der ZAst betrug seinerzeit 250 bis 300 Betten. In den Monaten vor den Ausschreitungen trafen täglich 50 bis 80 Asylbewerber ein. Da sich die Aufnahme nicht schnell genug vollzog, (Bearbeitungszeit von mehreren Tagen pro Antrag) campierten bis zu 300 Personen, vorwiegend Roma aus Rumänien, in den Grünanlagen südlich der ZAst. Um diese Zustände nicht zu legalisieren, weigerte sich die Stadt jedoch, geeignete Vorkehrungen zu treffen, etwa mobile Toiletten aufzustellen.
Die daraus resultierenden Probleme (u. a. der von Anwohner_innen beschriebene und von einem Teil der Presse besonders hervorgehobene Geruch von Urin und Müll) wurden aber nicht den ursächlichen Wohnverhältnissen, sondern der „unsauberen Roma - Kultur“ zugeschrieben.
Vier Tage tobte der Mob, Wohnungen wurden angezündet während sich Menschen im Haus befanden. Scheiben wurden eingeschlagen und -geworfen, Mobiliar wurde zerstört. Nachbar_innen und Anwohner_innen klatschten Beifall, die Polizei kapitulierte und zog sich zurück. Sie ließ den braunen Mob gewähren und die Hausbewohner_innen und Mitarbeiter_innen der ZAst im Stich.
Am 2. Tag der Auseinandersetzungen wurden 130 Personen vorläufig festgenommen oder in Gewahrsam genommen. Über 60 der Festgenommenen waren linksgerichtete „Jugendliche“, die eine Solidaritätsdemonstration für die Bedrohten durchführen wollten. Während die Polizei die rechten Horden weitgehend ungehindert agieren ließ, wurden die Menschen die von den Nazis an Leib und Leben bedroht wurden von den Beamten nicht geschützt. Diejenigen, die ihnen zur Hilfe eilten, wurden anschließend kriminalisiert.
Die Videoproduktion „The Truth lies in Rostock" entstand 1993 unter maßgeblicher Beteiligung von Menschen, die sich zum Zeitpunkt der Geschehnisse im attackierten Wohnheim befanden. Deshalb zeichnet sich die Produktion nicht nur durch einen authentischen Charakter aus, sondern versteht sich auch Jahre danach als schonungslose Kritik an einer Grundstimmung in der bundesrepublikanischen Gesellschaft, die Pogrome gegen Migrante_innen oder einfach nur „anders aussehende Menschen" überhaupt erst möglich macht.
Es handelt sich um eine Montage von Videomaterial, gedreht aus den angegriffenen Häusern heraus, Interviews mit Antifaschist_innen, den vietnamesischen Vertragsarbeiter_innen, der Polizei, mit Bürokrat_innen, Neonazis und Anwohner_innen. Eine Dokumentation über das heimliche Einverständnis von Politik, Polizei und Nazidenken sowie über die weit verbreitete Angst vor allem Fremden.
Beim Filmabend werden Augen- und Zeitzeugen zu Wort kommen und in der Diskussion auch auf die heutige Situation (z.B. in Duisburg – Rheinhausen rund um die Häuser In den Peschen 3, in Duisburg -Neumühl, Essen – Frintrop und sonstwo) eingehen.
Das ist nun über 20 Jahre her, doch hat sich seit dem das beispielhafte "Engagement" von Staat und Polizei gegen rechte Gewalt geändert?
The Truth lies in Rostock - Filmvorführung und Diskussion mit Zeitzeugen
Wann: Sonntag, 08.12.2013
Zeit: 18.00 Uhr vegane VoKü, 19.00 Uhr Beginn,
Wo: Kitev Turm, Hauptbahnhof 46045 Oberhausen,
Willi – Brandt – Platz 1 (zwischen Haupteingang und Radstation)