Ulm: Historiker fordert Umbenennung des Elsäßer-Weg

Erstveröffentlicht: 
11.08.2009

Elsäßer-Weg ein Fall für den Ältestenrat

Der stellvertretende FWG-Fraktionsvorsitzende Gerhard Bühler plädiert dafür, den Otto-Elsäßer-Weg umzubenennen – „wenn das mit der NS-Vergangenheit zutrifft“. Er fordert, alle kritischen Fälle zu prüfen.

Rudi Kübler

Otto Eläßer war von 1951 bis zu seinem Tod 1962 Stadtrat, zeitweise auch Vorsitzender der FWG-Fraktion – und damit einer der Vorgänger von Gerhard Bühler. Der 61-Jährige hat Elsäßer persönlich nicht kennen gelernt; „ich habe erst jetzt von dessen NS-Vergangenheit erfahren“, sagt Bühler. Der Ulmer Medizinhistoriker Dr. Walter Wuttke hatte ihn auf Elsäßers unrühmliche Rolle während des Nationalsozialismus aufmerksam gemacht. Zum einen sei der Ankauf jüdischer Anwesen für die Stadt Ulm über dessen Schreibtisch gegangen, zum anderen sei Elsäßer, der Stadtkämmerer und Stellvertreter von OB Friedrich Foerster war, für die Zwangsarbeiter am Roten Berg verantwortlich gewesen. Laut Wuttke habe sich der spätere FWG-Vorsitzende an zwangsweise erfolgten Abtreibungen mitschuldig gemacht – in dem Sinne, dass er die räumlichen Voraussetzungen geschaffen habe.

Bühler hat sich daraufhin mit den Fraktionskollegen besprochen und das Gespräch mit Prof. Michael Wettengel vom Stadtarchiv Ulm gesucht. Sein Resumee: Er wolle niemanden verurteilen, „wenn das aber alles zutrifft, dann muss der Weg umbenannt werden“. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt hält der stellvertretende FWG-Fraktionsvorsitzende den Antrag der SPD-Fraktion für „so falsch nicht, kritische Fälle bei Straßenbenennungen zu prüfen“ (wir berichteten). Er geht davon aus, dass das Thema Anfang September im Ältestenrat der Stadt behandelt wird.

Bühler war 1978, als der Gemeinderat sich mit den Straßennamen für das Neubaugebiet Roter Berg befasste, noch nicht in diesem Gremium. Im Söflinger Westen sollten Kommunalpolitiker geehrt werden, die sich um den Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg verdient gemacht haben. „Wichtig war wohl, dass alle Parteien zum Zuge kamen“, hat Bühler mittlerweile in Erfahrung gebracht. Franz Wiedemeier für die CDU, Johannes Weißer für die SPD, Hermann Wild für die FDP und eben Otto Elsäßer für die FWG. So der Vorschlag, der dann auch durchgewunken wurde.

Was Dr. Frank Raberg selbst im Nachhinein nicht verstehen kann. Der Historiker und Politologe, der viel über die Ulmer NS-Zeit und die Ulmer Nachkriegs-Geschichte geforscht hat und der derzeit das „Biografische Lexikon Ulm/Neu-Ulm 1802 bis zur Gegenwart“ verfasst, spricht sich für eine rasche Umbenennung aus. „Schlimm genug, dass es überhaupt zu dieser Benennung kam.“ Über Otto Elsäßer findet sich im Biografie-Lexikon, das Ende 2009 erscheint, unter anderem folgender Eintrag: „Wenn Elsäßer auch persönliche Schärfe abzugehen schien, so ließ er als nationalsozialistischer Amtsträger doch nie den geringsten Zweifel an seiner unbedingten Linientreue und erwies sich als exzellenter Exekutor ganz im Sinne des NS-Systems. Nach Lage der Akten tat sich Elsäßer besonders bei der Vertreibung der Ulmer Juden und durch die Beschlagnahme von Privathäusern hervor.“